21.11.2024
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Landesarbeitsgericht Hamm Urteil14.08.2017

Waschpulver und Babynahrung statt Bargeld im Geldkoffer: Verdachts­kün­digung einer Bankan­ge­stellten unwirksamTäterschaft anderer Personen kann nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden

Das Landes­arbeits­gericht Hamm hat entschieden, dass die Kündigung einer Bankan­ge­stellten, der vom Arbeitgeber vorgeworfen wurde, das Bargeld aus einem gelieferten Geldkoffer entwendet zu haben, unwirksam ist. Eine Verdachts­kün­digung kommt zum Schutze des Arbeitnehmers nur unter engen Voraussetzungen in Betracht. Diese waren im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die am 28. Mai 2015 in einer Filiale der Herner Sparkasse als Kassiererin eingesetzte Sparkas­sen­an­ge­stellte hatte gegen 9.40 Uhr von einem Geldtrans­port­dienst einen verplombten Geldkoffer der Bundesbank angenommen. Darin sollte sich ein Geldbetrag in Höhe von 115.000 Euro ausschließlich in 50-Euro-Scheinen befinden. Diesen hatte die Angestellte am Vortag selbst angefordert. Nachdem der Koffer rund 20 Minuten im nur teilweise einsehbaren Kassenbereich – dort hielt sich die Angestellte zur fraglichen Zeit allein auf – gestanden hatte, öffnete sie diesen unter Verletzung des von der Sparkasse vorgegebenen Vier-Augen-Prinzips allein. Sodann rief sie einen Kollegen hinzu, der im Koffer je eine Packung Waschpulver und Babynahrung, aber kein Bargeld erblickte. Mit eben dieser Füllung will die Angestellte den Koffer nach dem Aufbrechen der Plombe bei der Erstöffnung vorgefunden haben. Nach eigenen Aufklä­rungs­be­mü­hungen sowie Ermitt­lungs­maß­nahmen der Polizei und der Staats­an­walt­schaft kündigte die Sparkasse der Angestellten am 19. April 2016 fristlos. Sie begründet die Kündigung im Wesentlichen damit, dass gegen die Mitarbeiterin der dringende Verdacht einer Straftat zu ihrem Nachteil bestehe. Dafür sprächen zahlreiche Indizien, insbesondere auffällige finanzielle Transaktionen, welche die Mitarbeiterin nach dem Abhandenkommen des Geldes getätigt habe. Auch habe die Mitarbeiterin für eine Bestellung eines derart hohen, entsprechend gestückelten Bargeldbetrages keinen sachlichen Anlass gehabt.

Verdachts­kün­digung kommt nur unter engen Voraussetzungen in Betracht

Das Arbeitsgericht Herne gab der Kündigungsschutzklage statt. In Abgrenzung zur Kündigung wegen erwiesener Pflicht­wid­rigkeit komme eine Kündigung allein wegen eines insoweit bestehen Verdachts (Verdachts­kün­digung) zum Schutze des Arbeitnehmers nur unter engen Voraussetzungen in Betracht. Insbesondere sei eine hohe Wahrschein­lichkeit dafür erforderlich, dass dem betroffenen Arbeitnehmer das fragliche Fehlverhalten wirklich vorzuwerfen sei (Dringlichkeit des Verdachts). Daran fehle es vorliegend, denn die Täterschaft anderer Personen sei nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen.

Berufung der Sparkasse erfolglos

Das Landes­a­r­beits­gericht Hamm wies die Berufung der Herner Sparkasse gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurück. In der Urteils­be­gründung betonte das Landes­a­r­beits­gericht, dass als weitere Voraussetzung einer Verdachtskündigung in deren Vorfeld regelmäßig eine Anhörung des betroffenen Arbeitnehmers zu erfolgen habe. Diese müsse der Arbeitgeber im Rahmen seiner Aufklä­rungs­be­mü­hungen durchführen und dabei den Arbeitnehmer regelmäßig konkret mit den verdachts­be­grün­denden Umständen konfrontieren. Eine diesen strengen Anforderungen der Rechtsprechung genügende Anhörung sei vorliegend aber nicht feststellbar.

Quelle: Landesarbeitsgericht Hamm/ra-online

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