21.11.2024
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Arbeitsgericht Hamburg Beschluss22.05.2013

Arbeitsgericht ersetzt Zustimmung zur außer­or­dent­lichen Verdachts­kün­digung eines Betriebsrats­mitgliedsMit Pflicht­ver­letzung verbundener Vertrauensbruch für außer­or­dentliche Kündigung maßgebend

Besteht der dringende Verdacht, dass der betroffene Arbeitnehmer und Mitglied des Betriebsrats eine Gutschrift für private Zwecke genutzt hat, die ein Lieferant im Rahmen eines Geschäfts mit seiner Arbeitgeberin gewährt hatte, so rechtfertigt dieser die außer­or­dentliche Kündigung. Dies geht aus einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg hervor.

Dem vorzuliegenden Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Arbeitgeberin betreibt ein Container-Terminal im Hamburger Hafen. Der Arbeitnehmer ist seit 1988 bei ihr beschäftigt. Er gehört dem Betriebsrat seit dem Jahr 2002 an und ist seit 2005 dessen Vorsitzender. Er ist Spartenleiter der Betrie­bss­port­gruppe Fußball bei der Arbeitgeberin und als solcher zuständig für die Beschaffung von Sportartikeln und Sportkleidung für die Sparte Fußball. In dieser Funktion bestellte er für die Betrie­bss­port­gruppe bei der Lieferantin von Arbeitskleidung, Sicher­heits­kleidung und Sportkleidung, deren Großkunde die Arbeitgeberin ist, im November 2011 52 Trainingsanzüge.

Außer­or­dentliche Kündigung wegen unzulässiger Verwendung einer Gutschrift für private Zwecke

Die Arbeitgeberin stützt die von ihr beabsichtigte außer­or­dentliche Kündigung auf den dringenden Verdacht der unzulässigen Verwendung einer im Zusammenhang mit der Abwicklung dieser Bestellung verlangten unter­neh­mens­zu­ge­hörigen Gutschrift für private Zwecke durch den Arbeitnehmer.

Arbeitsgericht kann verweigerte Zustimmung zur außer­or­dent­lichen Kündigung unter bestimmten Voraussetzungen ersetzen

Das Arbeitsgericht Hamburg hat mit Beschluss vom 22.05.2013 auf Antrag der Arbeitgeberin die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur außer­or­dent­lichen Kündigung des Arbeitnehmers ersetzt.

Gem. § 15 Abs. 1 KSchG kann das Arbeits­ver­hältnis des Arbeitnehmers aufgrund seiner Betrie­bs­rats­mit­glied­schaft nur außerordentlich aus wichtigem Grund gekündigt werden und nur dann, wenn hierfür vorher die nach § 103 BetrVG erforderliche Zustimmung des Betriebsrats vorliegt. Gemäß § 103 Abs. 2 S. 1 BetrVG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 KSchG hat das Arbeitsgericht die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zur außer­or­dent­lichen Kündigung eines Betrie­bs­rats­mit­glieds dann zu ersetzen, wenn die außer­or­dentliche Kündigung unter Berück­sich­tigung aller Umstände gem. § 626 BGB gerechtfertigt ist.

Einkauf von Bekleidung zu einem Warenwert von mehreren Hundert Euro für privaten Bedarf

Das Arbeitsgericht ist nach durchgeführter Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass eine hohe Wahrschein­lichkeit dafür besteht, dass der Arbeitnehmer am 13.12.2011 in Anwesenheit des Großkun­den­be­treuers der Liefe­ran­tenfirma auf deren Kosten (bei Auflösung einer vorherigen zu Gunsten der Arbeitgeberin vereinbarten Gutschrift) in einem Geschäft am Schulterblatt Bekleidung zu einem Warenwert von mehreren Hundert Euro für den privaten Bedarf eingekauft hat. Die hohe Wahrschein­lichkeit dieses Gesche­hens­ab­laufes rechtfertigt nach Auffassung des Arbeitsgerichts die außer­or­dentliche Verdachtskündigung.

Entgegennahme von Vorteilen bei Ausführung vertraglicher Aufgaben pflicht­ver­letzend

Zum Nachteil des Arbeitgebers begangene Eigentums- oder Vermö­gens­delikte, aber auch nicht strafbare, ähnlich schwerwiegende Handlungen unmittelbar gegen das Vermögen des Arbeitgebers kommen typischerweise als Grund für eine außer­or­dentliche Kündigung in Betracht. Das gilt unabhängig von der Höhe eines dem Arbeitgeber durch die Pflicht­ver­letzung entstandenen Schadens. Maßgebend ist vielmehr der mit der Pflicht­ver­letzung verbundene Vertrauensbruch. Außerdem verletzt derjenige, der als Arbeitnehmer bei der Ausführung von vertraglichen Aufgaben Vorteile entgegen nimmt, zugleich seine Pflicht, auf die berechtigten Interessen seines Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen (§ 241 Abs. 2 BGB). Ein solches Verhalten ist ebenso wie ein entsprechender dringender Verdacht „an sich“ geeignet, eine fristlose Kündigung des Arbeits­ver­hält­nisses zu rechtfertigen.

Quelle: Arbeitsgericht Hamburg/ra-online

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