21.11.2024
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Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil04.02.2020

Deutliche Kritik an Perso­na­l­ab­teilung stellt bei berechtigtem Anlass kein Kündigungsgrund darBeschwerde über Vorgesetzte mittels Dienst­aufsichts­beschwerde gerechtfertigt

Das Landes­arbeits­gericht Düsseldorf hat entschieden, dass eine von einem Arbeitnehemer an der Perso­na­l­ab­teilung geübte deutliche Kritik bei einem berechtigtem Anlass kein Kündigungsgrund ist.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls war bei der Beklagten, einem öffentlichen Nahver­kehrs­un­ter­nehmen, seit 2016 als Straßen­bahn­fahrer beschäftigt. Im Juni 2017 erlitt er während der Arbeit einen Unfall, bei dem er verletzt wurde. Er ist seit dem arbeitsunfähig erkrankt. Eine Tätigkeit als Straßen­bahn­fahrer kam danach dauerhaft nicht mehr in Betracht.Der Kläger ist als schwer­be­hin­derter Mensch anerkannt. Er verlangte von der Beklagten jedenfalls im Dezember 2018die Bezahlung von 13,5 Mehra­r­beits­s­tunden mit einem Wert von 200 Euro aus dem Jahr 2017. Anfang März 2019 wurde ihm eine Auszahlung zugesagt. Nachdem eine Zahlung nicht erfolgte, rief der Kläger am 18. März 2019 eine Mitarbeiterin der Perso­na­l­ab­teilung wegen der noch ausstehenden Bezahlung der Mehrarbeit an. Er verlangte die Entscheidung und die Auszahlung noch am selben Tagund zwar zumindest als Zwischenzahlung. Die Mitarbeiterin teilte mit, dass sie dies mit einem anderen Mitarbeiter abklären müsse. Darauf ließ der Kläger sich nicht ein, sondern fragte, was denn passieren würde, wenn der andere Mitarbeiter sterbe. Dann müsse ja jemand anders die Entscheidung treffen. Erhalte er keine Rückmeldung, dann würde er am gleichen Tag Dienstaufsichtsbeschwerde erheben. Am Abend desselben Tages reichte der Kläger bei der Beklagten Dienst­auf­sichts­be­schwerde gegen die Mitarbeiterin der Perso­na­l­ab­teilung und denstell­ver­tre­tenden Leiter der Perso­na­l­ab­teilung ein. Darin stellte er den Sachverhalt der nicht bezahlten Mehrarbeit aus seiner Sicht dar und formulierte abschließend, dass die Mitarbeiter verpflichtet seien, ihm seine Bezüge auszuzahlen, diese aber veruntreuen würden und sich somit strafbar machten. Im April 2019 bezahlte die Beklagte die 13,5 Überstunden. Nach Beteiligung von Inklusionsamt, Betriebsrat und Schwer­be­hin­der­ten­ver­tretung kündigte die Beklagte das Arbeits­ver­hältnis mit Schreiben vom 15. April 2019 fristlos und mit Schreiben vom 21. Mai 2019 ordentlich zum 30. September 2019.

Beschwerde über Vorgestzte gerechtfertigt

Das Arbeitsgericht erachtete die Kündigung für unwirksam. In der mündlichen Verhandlung teilte die erkennende Kammerdes Landes­a­r­beits­ge­richts den Parteien mit, dass die Berufung der Arbeitgeberin keine Erfolgs­aus­sichten habe. Es habe für den Arbeitnehmer ein berechtigter Anlass bestanden, sich über seine Vorgesetzten zu beschweren, nachdem der ihm unstreitig zustehende Betrag für die Mehrarbeit von 200 Euro über längere Zeit nicht ausgezahlt worden war. Hierzu durfte er grundsätzlich das Mittel der internen Dienst­auf­sichts­be­schwerde an den Vorstand wählen und war nicht gehalten, den gerichtlichen Klageweg zu beschreiten. Zwar dürfe der Arbeitnehmer Vorgesetzte nicht wider besseren Wissens einer Straftat bezichtigen. Im konkreten Fall werde aus der Dienst­auf­sichts­be­schwerde, in der der Kläger die Nichtzahlung der Mehra­r­beits­ver­gütung darstellte, aber eindeutig erkennbar, dass es dem Kläger nur wertend um den Ausdruck seiner Unzufriedenheit mit der verzögerten Zahlung gegangen sei. Nur diese habe er - auch für den Adressatender Beschwerde erkennbar rechtlich unzutreffend - wertend als Untreu­e­be­zeichnet. Angesichts des berechtigten Anlasses der Beschwerde sowie des Gesamt­zu­sam­menhangs stelle diese zwar deutliche Kritik und Beschwerde keinen Kündigungsgrund dar. Mit dem Hinweis auf den Tod des anderen Mitarbeiters habe der Kläger alleine und unmiss­ver­ständlich zum Ausdruck gebracht, dass eine zeitnahe Entscheidung auch ohne diesen möglich sein müsse.

Arbeits­ver­hältnis durch gerichtlichen Vergleich beendet

Im Hinblick auf diese gerichtliche Einschätzungund die fortbestehende Arbeits­un­fä­higkeit des Klägers als Straßen­bahn­fahrer haben die Parteien das Arbeits­ver­hältnis durch gerichtlichen Vergleich zum 30. September 2019 beendet. Die Beklagte zahlt an den Kläger eine Abfindung von 30.000 Euro und gilt die noch offenen 50 Urlaubstage ab. Sonstige laufende Entgel­t­ansprüche bestehen aufgrund der Arbeits­un­fä­higkeit nicht mehr.

Quelle: Landesarbeitsgericht Düsseldorf/ra-online (pm/kg)

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