21.11.2024
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Dokument-Nr. 25704

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Urteil22.12.2017Landesarbeitsgericht Düsseldorf6 Sa 983/16
Vorinstanz:
  • Arbeitsgericht Solingen, Urteil22.09.2016, 3 Ca 459/16
ergänzende Informationen

Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil22.12.2017

Betriebsrente wegen Erwer­bs­min­derung ist auf Antrag rückwirkend zu gewährenZahlung von Betriebsrente erst ab dem Monat der Antragstellung benachteiligt Mitarbeiter unangemessen

Das Landes­arbeits­gericht Düsseldorf hat entschieden, dass eine Betriebsrente wegen Erwerbminderung rückwirkend zu gewähren ist. Eine entge­gen­stehende Bestimmung in den Allgemeinen Versicherungs­bedingen (AVB) einer Pensionskasse, die eine Antragstellung unter Vorlage von Nachweisen verlangt und zugleich die Betriebsrente erst ab dem Monat der Antragstellung gewährt, ist unwirksam. Das Gericht sprach dem Kläger deshalb für 33 Monate weitere Betriebsrente in Höhe von insgesamt 21.783,96 Euro brutto zu.

Der am 21. November 1957 geborene Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens war vom 2. März 1973 bis zum 30. September 2005 bei der Firma, der Beklagten zu 2, beschäftigt. Mit seinem Ausscheiden hatte er eine Anwartschaft auf Betriebsrente gegenüber der Pensionskasse der Firma (Beklagte zu 2) und gegenüber der Firma erworben. Auf seinen Antrag und nachfolgenden Widerspruch bewilligte die Deutsche Renten­ver­si­cherung dem Kläger mit Bescheid vom 3. November 2015 rückwirkend zum 1. Februar 2013 eine gesetzliche Rente wegen teilweiser Erwer­bs­min­derung. Am 23. November 2015 beantragte der Kläger bei der Pensionskasse und der Firma Betriebsrente. Diese wurden ihm ab dem 1. November 2015 mit 540,80 Euro brutto monatlich (Pensi­ons­kas­senrente) und 119,32 Euro brutto monatlich (Firmenleistung) bewilligt. Eine rückwirkende Leistung lehnten die Beklagten ab.

LAG bejaht rückwirkenden Anspruch auf Betriebsrente

Auf seine Klage hin sprach das Landes­a­r­beits­gericht Düsseldorf dem Kläger rückwirkend für die Zeit vom 1. Februar 2013 bis zum 31. Oktober 2015 insgesamt 21.783,96 Euro brutto an Betriebsrente (33 x 540,80 + 33 x 119,32) zu. Grundsätzlich sei es zwar zulässig, bei vorzeitig ausgeschiedenen Mitarbeitern für die Gewährung der Betriebsrente ein Antrags­er­for­dernis vorzusehen. Die Regelungen in § 5 Nrn. 3 und 4 Satz 2 zweiter Spiegelstrich AVB, wonach bei der Antragstellung Nachweise vorzulegen sind und zugleich die Betriebsrente erst ab dem Monat der Antragstellung gezahlt werde, benachteiligen die Arbeitnehmer indes unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Formulierung von § 5 Nr. 3 AVB als Mussvorschrift schließt eine Antragstellung ohne Nachweise aus. Dies ist unangemessen. So besteht selbst dann kein Anspruch auf Betriebsrente wegen Erwer­bs­min­derung, wenn der Renten­ver­si­che­rungs­träger und/oder ein Amts-bzw. Werksarzt zunächst zu Unrecht das Vorliegen einer Erwer­bs­min­derung verneint haben. Der Beginn der Bezugs­be­rech­tigung wird damit davon abhängig gemacht, wie zügig und sorgfältig ein Sachbearbeiter bei der Renten­ver­si­cherung bzw. ein Amts- oder Werksarzt im konkreten Fall arbeitet. Diesem Nachteil stehen keine schützenswerten Interessen der Pensionskasse entgegen. Zwar hat die Pensionskasse ein berechtigtes Interesse daran, nur bei nachgewiesener Erwer­bs­min­derung Leistungen zu erbringen. Ausreichend ist es aber, ein Antrags­er­for­dernis vorzusehen, ohne dies zugleich mit der Vorlage von Nachweisen zu verbinden. Ab dem Zeitpunkt des einfachen Antrags können Rückstellungen für ungewisse Verbind­lich­keiten gebildet werden. Aufgrund der unangemessenen Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind § 5 Nrn. 3 und 4 Satz 2 zweiter Spiegelstrich AVB - jedenfalls bezogen auf die Erwer­bs­min­de­rungsrente - unwirksam. Der Kläger konnte die Betriebsrente rückwirkend verlangen. Für die Firmenleistung galt nichts anderes.

Auszug aus den Allgemeinen Versi­che­rungs­be­din­gungen der Pensionskasse

§ 5 Leistungen der Kasse

Erläuterungen

1. Die Kasse gewährt Mitgliedsrenten (§ 6, § 14 Nr. 3 und 4), Hinter­blie­be­nen­renten (§ 8, § 14 Nr. 5, § 15 Nr. 7) und Beitrags­rü­ck­er­stattung (§ 10).

2. [...]

3. Die Leistungen sind von der oder dem Bezugs­be­rech­tigten oder der Firma unter Vorlage der vom Vorstand verlangten Nachweise schriftlich bei der Kasse zu beantragen.

4. Die Renten­leis­tungen werden in Euro monatlich nachträglich unbar erbracht.

Sie beginnen nach Eintritt des Versor­gungs­falles

- für ordentliche Mitglieder mit dem Tag nach Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses bzw. mit Beginn der vorübergehenden Pensionierung durch die Firma,

- in allen übrigen Fällen mit dem ersten Tag des Monats, in dem der Rentenantrag bei der Kasse eingeht, [...]

Anm.: Als vorzeitig ausgeschiedener Arbeitnehmer ist der Kläger außer­or­dent­liches Mitglied der Pensionskasse, für den § 5 Nr. 4 zweiter Spiegelstrich gilt.

Quelle: Landearbeitsgericht Düsseldorf/ra-online

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