21.11.2024
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Hessisches Landessozialgericht Urteil22.06.2012

Sperrzeit wegen Auflö­sungs­vertrag und selbst­ver­schuldeter Arbeits­lo­sigkeit zulässigAbfindung nach Sozialplan anstelle von „Turboprämie“ begründet keine besondere Härte

Hat ein Arbeitsloser sein Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis gelöst und grob fahrlässig die Arbeits­lo­sigkeit herbeigeführt, ruht der Anspruch auf Arbeits­lo­sengeld für die Dauer einer Sperrfrist von 12 Wochen. Diese Sperrzeit gilt auch dann, wenn mit dem Abschluss eines Auflö­sungs­ver­trages eine höhere Abfindung verbunden ist. Dies entschied das Hessische Landes­so­zi­al­gericht.

Im zugrunde liegenden Streitfalls war eine 57-jährige Frau aus dem Landkreis Kassel 15 Jahre in einem Callcenter einer überregional tätigen Luftver­kehrs­ge­sell­schaft beschäftigt. Im Hinblick auf die beabsichtigte Betrie­b­s­ein­stellung in Kassel wurde eine Betrie­bs­ver­ein­barung geschlossen. Kurz darauf unterschrieb die als Betrie­bs­rats­vor­sitzende tätige Frau einen Aufhebungsvertrag und erhielt eine Abfindung in Höhe von 75.060 Euro. Sie meldete sich arbeitslos. Die Bundesagentur für Arbeit gewährte Arbeits­lo­sengeld, verhängte aber aufgrund des Auflö­sungs­ver­trages eine 12-wöchige Sperrzeit. Die Frau widersprach. Sie hätte keine Abfindung erhalten, wenn sie auf einen Arbeitsplatz in einer anderen Stadt vermittelt worden wäre. Außerdem seien ihre Eltern zunehmend pflegebedürftig und auf ihre Hilfe angewiesen.

Arbeits­lo­sigkeit wurde grob fahrlässig herbeigeführt

Die Richter des Hessischen Landes­so­zi­al­ge­richts und der Vorinstanz gaben der Bundesagentur Recht. Ohne Auflösungsvertrag hätte das Arbeits­ver­hältnis erst nach Durchführung eines Clearing­ver­fahrens und damit zu einem späteren Zeitpunkt gelöst werden können. Die Frau habe damit ihre Arbeits­lo­sigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Sie könne sich auch weder auf einen wichtigen Grund noch auf eine besondere Härte berufen. Denn nach dem Sozialplan wäre ihr im Hinblick auf ihre pflege­be­dürftigen Eltern ein Arbeitsplatz in einer anderen Stadt nicht zumutbar gewesen. Anstelle der „Turboprämie“ für frühzeitiges Ausscheiden hätte sie daher bei einer betrie­bs­be­dingten Kündigung eine – wenngleich geringere - Abfindung nach dem Sozialplan erhalten.

Hinweise zur Rechtslage

§ 144 Sozial­ge­setzbuch Drittes Buch (SGB III) in der Fassung vom 23.12.2003

(1) Hat der Arbeitnehmer sich versi­che­rungs­widrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versi­che­rungs­widriges Verhalten liegt vor, wenn

1. der Arbeitslose das Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis gelöst oder durch ein arbeits­ver­trags­widriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeits­lo­sigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe)

[…]

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich […]

2. auf sechs Wochen, wenn […]

b) eine Sperrzeit von zwölf Wochen für den Arbeitslosen nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde. […]

§ 159 SGB III in der Fassung vom 20.12.2011

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versi­che­rungs­widrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versi­che­rungs­widriges Verhalten liegt vor, wenn

1. die oder der Arbeitslose das Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis gelöst oder durch ein arbeits­ver­trags­widriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses gegeben oder dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeits­lo­sigkeit herbeigeführt hat, […].

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich […]

2. auf sechs Wochen, wenn […]

b) eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde. […]

Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online

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