21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.
ergänzende Informationen

Hessisches Landessozialgericht Urteil02.02.2016

Weg zurück zum Auto nach Verschließen des Hoftors ist unfall­ver­sichertHin- und Rückweg vom und zum Auto stellt keine im Hinblick auf den Versicherungs­schutz schädliche Zäsur des Arbeitswegs dar

Ein Arbeitnehmer, der für den Antritt seines Arbeitswegs sein auf einem Innenhof geparktes Fahrzeug auf die Straße fährt und sich auf dem Weg zurück zum Schließen des Hoftores verletzt, erleidet einen Arbeitsunfall. Auch eine derart geringfügige Unterbrechung des Arbeitswegs, mit der eigentlich ein privates Interesse verfolgt wird, mindert nicht den Schutz der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung. Dies geht aus einer Entscheidung des Hessischen Landes­sozial­gerichts hervor.

Im zugrunde liegenden Rechtstreit machte sich ein als Hausmeister angestellter Mann morgens mit seinem Pkw auf den Weg zur Arbeit. Dazu öffnete der Kläger zunächst das Hoftor auf seinem Grundstück und fuhr den Pkw auf die Straße hinaus. Danach stieg er aus dem Auto aus, um das Hoftor zu schließen. Als er um das Auto herum lief, rutschte er auf der vereisten Fahrbahn aus, stürzte und zog sich eine schwere Schul­ter­ver­letzung zu.

Berufs­ge­nos­sen­schaft verneint Versi­che­rungs­schutz

Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte einen Anspruch des Klägers auf Entschädigung ab. Sie war der Auffassung, dass der Kläger den Weg zur Arbeit unterbrochen habe. Die Unterbrechung des Weges zum Schließen des Hoftores habe nach Auffassung der Berufs­ge­nos­sen­schaft allein privaten Gründen gedient. Die Unterbrechung könne nicht als geringfügig angesehen werden, da das Schließen des Hoftores weder "im Vorbeigehen" noch "ganz nebenher" möglich gewesen sei. Der Kläger habe sich zum Unfallzeitpunkt somit auf einem nicht versicherten Weg befunden, weshalb der Unfall­ver­si­che­rungs­schutz zu verneinen sei.

Unfall ist als Wegeunfall anzuerkennen

Das Sozialgericht Frankfurt am Main entschied, dass die Berufs­ge­nos­sen­schaft den Unfall als Wegeunfall anzuerkennen habe. Obwohl der Kläger sein Auto zwar verlassen habe, ein paar Schritte zurückgelaufen sei und das beabsichtigte Schließen des Hoftores eigen­wirt­schaft­licher Natur gewesen sei, habe der Mann den versicherten Weg nur geringfügig unterbrochen. Das Schließen des Hoftores sei nur als geringfügige Unterbrechung des Hinweges zur Arbeit zu werten und stelle keine erhebliche Zäsur in der Fortbewegung in Richtung der Arbeitsstätte dar.

Schließen des Hoftors stand in Zusammenhang mit Arbeitsweg

Die hiergegen gerichtete Berufung der Berufs­ge­nos­sen­schaft blieb ohne Erfolg. Das Hessische Landes­so­zi­al­gericht bestätigte die Entscheidung des Sozialgerichts und verwies in seiner Urteils­be­gründung darauf, dass die vom Kläger "eingeschobene Verrichtung" - also das Verlassen des Pkw, um das Hoftor zu schließen und der Rückweg zum Pkw - im inneren Zusammenhang mit dem Zurücklegen des Hinweges gestanden habe, auch wenn der Weg zum Schließen des Tores nicht zwingend erforderlich gewesen sei, um die Arbeitsstätte mit dem Pkw zu erreichen.

Unterbrechung stellte keine wirkliche Zäsur des Hinweges zur Arbeit dar

Nach Auffassung des Gerichts bestehe der Versi­che­rungs­schutz weiter, wenn eine versicherte Hinfahrt unterbrochen werde, die eingeschobene Verrichtung ihrerseits aber im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehe. Ganz kurze und geringfügige Unterbrechungen führten selbst dann nicht zum Verlust des Versi­che­rungs­schutzes, wenn sie eigen­wirt­schaft­licher Natur sind. Der vom Kläger zum Abschließen des Hoftores angetretene örtlich und zeitlich nur kurze Weg zurück wäre ohne den Sturz in weniger als 30 Sekunden abgeschlossen gewesen, bevor der Kläger den unverändert beabsichtigten Weg zur Arbeit wieder fortgesetzt hätte. Daher habe die Unterbrechung keine wirkliche Zäsur des Hinweges zur Arbeit dargestellt, weshalb ein Versi­che­rungs­schutz zu bejahen sei, entschied das Gericht.

Quelle: Hessisches Landessozialgericht, ra-online(vt/kg)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil22526

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI