18.10.2024
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Hessisches Landesarbeitsgericht Urteil21.01.2019

Anerkennung von Atem­wegs­erkrankungen als Berufskrankheit setzt arbeits­platz­bezogenen Inhalationstest vorausTonerstaub macht nicht generell krank

Berufs­krank­heiten sind - ebenso wie Arbeitsunfälle - Versi­che­rungsfälle der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung. Hierzu zählen auch durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atem­wegs­erkrankungen. Nach dem aktuellen wissen­schaft­lichen Erkenntnisstand ist jedoch nicht davon auszugehen, dass Tonerpartikel- oder Laser­drucker­emissionen generell geeignet sind, beim Menschen Gesund­heits­schäden zu verursachen. Im Einzelfall kann jedoch eine Verursachung nachgewiesen werden, allerdings nur durch einen arbeits­platz­bezogenen Inhalationstest. Dies entschied das Hessische Landes­sozial­gerichts.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein jetzt 63-jähriger Mann aus dem Landkreis Hersfeld-Rotenburg war knapp 4 Jahre als Vervielfältiger in einem Kopierraum tätig. Infolge zunehmender Atemwegs­be­schwerden beantragte er die Anerkennung einer Berufskrankheit. Er verwies darauf, täglich Kopier- und Druckaufträge im Umfang von 5.000 bis 10.000 Blatt in einem nur 30 m² großen Raum ausgeführt zu haben. Nach einer Arbeits­platz­analyse und der Einholung von medizinischen Gutachten lehnte der Träger der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung die Anerkennung einer Berufskrankheit ab. Der Kausa­l­zu­sam­menhang zwischen der beruflichen Tätigkeit und der Atemwegserkrankung könne nicht belegt werden.

Verursachung der Atemwegs­er­krankung durch Tonerstaub nicht nachgewiesen

Das Hessische Landes­so­zi­al­gericht holte weitere Sachver­stän­di­gen­gut­achten ein und gab schließlich der Unfall­ver­si­cherung Recht. Bei dem Versicherten, der bereits vor der Tätigkeit im Druckerraum an Heuschnupfen und Asthma bronchiale gelitten habe, lägen zwar eine obstruktive Atemwegs­er­krankung sowie eine Rhinopathie vor. Auch sei davon auszugehen, dass Tonerstaub allergisierende Stoffe enthalte. Es sei aber nicht nachgewiesen, in welchem Umfang der Versicherte diesen Stoffen ausgesetzt gewesen sei. Dies lasse sich auch nicht mehr ermitteln, da sein ehemaliger Arbeitsplatz mittlerweile umgestaltet worden sei.

Tonerpartikel oder Laser­dru­cke­re­mis­sionen nicht generell für Verursachung von Gesund­heits­schäden geeignet

Nach dem aktuellen medizinisch wissen­schaft­lichen sowie epide­mi­o­lo­gischen Erkenntnisstand könne nicht davon ausgegangen werden, dass Tonerpartikel- oder Laser­dru­cke­re­mis­sionen generell geeignet seien, beim Menschen Gesund­heits­schäden zu verursachen. Im Einzelfall könne dies zwar nachgewiesen werden. Dies setze allerdings - wie die Sachver­stän­di­gen­gut­achten gezeigt hätten - einen entsprechenden arbeits­platz­be­zogenen Inhalationstest mit dem Nachweis einer allergischen Reaktion voraus. Hierzu sei der Versicherte jedoch im konkreten Fall nicht bereit gewesen. Der Auffassung des Sozialgerichts, dass die im Rahmen einer Begutachtung durchgeführte positive nasale Provo­ka­ti­o­ns­testung den kausalen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der bei dem Versicherten festgestellten Rhinopathie belege, folgten die Richter des Landes­so­zi­al­ge­richts nicht.

Hinweise zur Rechtslage

Erläuterungen

§ 7 Sozial­ge­setzbuch Siebtes Buch (SGB VII)

(1) Versi­che­rungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufs­krank­heiten.

§ 9 SGB VII

(1) Berufs­krank­heiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechts­ver­ordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufs­krank­heiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versi­che­rungs­schutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechts­ver­ordnung solche Krankheiten als Berufs­krank­heiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; [...]

§ 1 Berufs­krank­heiten)Verordnung (BKV)

Berufs­krank­heiten sind die in der Anlage 1 bezeichneten Krankheiten [...].

Anlage 1 zur BKV

Nr. 4301: Durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegs­er­kran­kungen (einschließlich Rhinopathie), die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online (pm)

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