Im vorliegenden Fall hatte ein Schlosser, der von seinem Arbeitgeber betriebsbedingt gekündigt worden war, die Korrektur des ihm ausgestellten Zeugnisses gefordert. Laut Aussage einer Mitarbeiterin des Unternehmens sei man dem Änderungswunsch umgehend nachgekommen und habe das neue Zeugnis schließlich auch dem Postboten zum Versand übergeben. Das angeforderte Dokument habe den Mann jedoch nie erreicht, so dass er vermutete, das Zeugnis wäre auf dem Postweg verloren gegangen. Er forderte daraufhin die Ausstellung eines Ersatzzeugnisses von seinem ehemaligen Arbeitgeber.
Das Hessische Landesarbeitsgericht führte zunächst aus, dass nach zutreffender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG, Urteil vom 8.3.1995, Az. 5 AZR 848/93 = BAGE 79, 258) das Arbeitszeugnis grundsätzlich vom Arbeitnehmer abzuholen sei. Ist ein Ort für die Leistung nicht bestimmt, so habe die Leistung am Wohnsitz des Schuldners zu erfolgen (§ 269 Abs. 1 BGB). An die Stelle des Wohnsitzes trete, wenn der Schuldner seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Ort habe, der Gewerbebetrieb des Schuldners, wenn die Verbindlichkeit in seinem Gewerbebetrieb entstanden ist (§ 269 Abs. 2 BGB). Eine abweichende Vereinbarung sei im vorliegenden Fall nicht getroffen worden, so dass auch hier eine Holschuld vorliege. Der Schuldner dürfe bei Holschulden jedoch auch bringen oder schicken.
Im hier verhandelten Fall könne der Kläger eine Ersatzausstellung des Zeugnisses verlangen. Ist der Anspruch des Arbeitnehmers auf Erteilung eines Zeugnisses durch Erfüllung erloschen, geht das Zeugnis verloren oder wird es beschädigt, so sei der Arbeitgeber im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine neue Ausfertigung zu überlassen. Dies ergebe sich aus einer nachvertraglichen Nebenpflicht des Arbeitsvertrages (LAG Hamm, 15.Juli 1986, Az. 13 Sa 2289 ; LAG Hamm, 17.12.1998, Az. 4 Sa 1337/98).Hierbei komme es nicht darauf an, ob der Verlust oder die Beschädigung des Originalzeugnisses von dem Arbeitnehmer zu vertreten sei. Entscheidend sei vielmehr, ob dem Arbeitgeber die Ersatzausstellung zugemutet werden könne.
Dies wäre vorliegend der Fall. Der Wortlaut des Zeugnisses stehe zwischen den Parteien außer Streit, es gehe also lediglich darum, den Text noch einmal abzuschreiben, wenn dieser nicht sogar noch auf einem EDV-System abgespeichert vorliege.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.03.2012
Quelle: ra-online, Hessisches Landesarbeitsgericht (vt/st)