18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.
ergänzende Informationen

Hessisches Landesarbeitsgericht Urteil07.02.2011

Bei Verlust des Arbeits­zeug­nisses auf dem Postweg muss der Arbeitgeber ein neues Arbeitszeugnis ausstellenIst die Ausstellung eines neuen Zeugnisses möglich und zumutbar, so ist der Arbeitgeber zur Lieferung eines Ersatzdokuments verpflichtet

Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer ein Zeugnis bei seinem Arbeitgeber abholen. Dieser darf das Dokument jedoch auch per Post versenden. Geht es dabei allerdings verloren oder wird beschädigt, so ist der Arbeitgeber zum Ausstellen eines Ersatz­zeug­nisses verpflichtet. Dies geht aus einer Entscheidung des Hessischen Landes­a­r­beits­ge­richtes hervor.

Im vorliegenden Fall hatte ein Schlosser, der von seinem Arbeitgeber betriebsbedingt gekündigt worden war, die Korrektur des ihm ausgestellten Zeugnisses gefordert. Laut Aussage einer Mitarbeiterin des Unternehmens sei man dem Änderungswunsch umgehend nachgekommen und habe das neue Zeugnis schließlich auch dem Postboten zum Versand übergeben. Das angeforderte Dokument habe den Mann jedoch nie erreicht, so dass er vermutete, das Zeugnis wäre auf dem Postweg verloren gegangen. Er forderte daraufhin die Ausstellung eines Ersatz­zeug­nisses von seinem ehemaligen Arbeitgeber.

Grundsätzlich liegt eine Holschuld vor

Das Hessische Landes­a­r­beits­gericht führte zunächst aus, dass nach zutreffender Rechtsprechung des Bundes­a­r­beits­ge­richtes (BAG, Urteil vom 8.3.1995, Az. 5 AZR 848/93 = BAGE 79, 258) das Arbeitszeugnis grundsätzlich vom Arbeitnehmer abzuholen sei. Ist ein Ort für die Leistung nicht bestimmt, so habe die Leistung am Wohnsitz des Schuldners zu erfolgen (§ 269 Abs. 1 BGB). An die Stelle des Wohnsitzes trete, wenn der Schuldner seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Ort habe, der Gewerbebetrieb des Schuldners, wenn die Verbindlichkeit in seinem Gewerbebetrieb entstanden ist (§ 269 Abs. 2 BGB). Eine abweichende Vereinbarung sei im vorliegenden Fall nicht getroffen worden, so dass auch hier eine Holschuld vorliege. Der Schuldner dürfe bei Holschulden jedoch auch bringen oder schicken.

Arbeitgeber ist im Rahmen des Zumutbaren zum Ersatz des Zeugnisses verpflichtet

Im hier verhandelten Fall könne der Kläger eine Ersatzausstellung des Zeugnisses verlangen. Ist der Anspruch des Arbeitnehmers auf Erteilung eines Zeugnisses durch Erfüllung erloschen, geht das Zeugnis verloren oder wird es beschädigt, so sei der Arbeitgeber im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine neue Ausfertigung zu überlassen. Dies ergebe sich aus einer nachver­trag­lichen Nebenpflicht des Arbeits­ver­trages (LAG Hamm, 15.Juli 1986, Az. 13 Sa 2289 ; LAG Hamm, 17.12.1998, Az. 4 Sa 1337/98).Hierbei komme es nicht darauf an, ob der Verlust oder die Beschädigung des Origi­na­l­zeug­nisses von dem Arbeitnehmer zu vertreten sei. Entscheidend sei vielmehr, ob dem Arbeitgeber die Ersatzausstellung zugemutet werden könne.

Dies wäre vorliegend der Fall. Der Wortlaut des Zeugnisses stehe zwischen den Parteien außer Streit, es gehe also lediglich darum, den Text noch einmal abzuschreiben, wenn dieser nicht sogar noch auf einem EDV-System abgespeichert vorliege.

Quelle: ra-online, Hessisches Landesarbeitsgericht (vt/st)

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil13167

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI