18.10.2024
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Finanzgericht Münster Urteil07.12.2016

Ausländische Kapital­ein­künfte unterliegen nicht dem Progressions­vorbehaltKapital­ein­künfte unterliegen aufgrund geltendem einheitlichen Steuersatz von 25 % besonderem Besteu­e­rungs­regime

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass ausländische Kapital­ein­künfte eines nach § 1 Abs. 3 EStG unbeschränkt Steuer­pflichtigen nicht dem Progressions­vorbehalt unterliegen.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens hatte in den Streitjahren 2011 bis 2013 einen Wohnsitz in Österreich und bezog aus der deutschen gesetzlichen Renten­ver­si­cherung eine Leibrente. Daneben erzielte er österreichische Kapitalerträge, für die in Österreich Kapita­l­er­trag­steuer einbehalten worden war.

Finanzamt unterwirft österreichische Kapital­ein­künfte dem Progres­si­ons­vor­behalt

Das Finanzamt behandelte den Kläger und seine Ehefrau - die Klägerin - gemäß § 1 Abs. 3 EStG antragsgemäß als unbeschränkt steuerpflichtig und veranlagte sie zusammen zur Einkommensteuer. Dabei unterwarf es die öster­rei­chischen Kapitaleinkünfte dem Progressionsvorbehalt. Hiergegen wandten die Kläger ein, dass Kapitalerträge, die der Abgel­tungs­steuer unterliegen, nicht zur Anwendung des Progres­si­ons­vor­behalts führen könnten. Das Finanzamt ging demgegenüber davon aus, dass die Kläger bei einem rein inländischen Sachverhalt aufgrund ihres niedrigen persönlichen Steuersatzes eine Günsti­ger­prüfung beantragt hätten, die zu einer Besteuerung der Kapital­ein­künfte nach der tariflichen Einkommensteuer geführt hätte.

FG: Österreichische Kapital­ein­künfte unterliegen nicht dem Progres­si­ons­vor­behalt

Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg. Das Finanzgericht Münster entschied, dass die öster­rei­chischen Kapital­ein­künfte des Klägers nicht dem Progres­si­ons­vor­behalt unterliegen. Zum einen handele es sich nicht um nach einem Doppel­be­steu­e­rungs­ab­kommen steuerfreie Einkünfte. Das Doppel­be­steu­e­rungs­ab­kommen Österreich sei nicht anwendbar, weil der Kläger die Einkünfte aus dem Staat bezogen habe, in dem er auch seinen Wohnsitz hatte, nämlich Österreich.

Kein Bedürfnis für Anwendung des Progres­si­ons­vor­behalts

Zum anderen lägen auch die Voraussetzungen des § 32 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG nicht vor. Nach dieser Vorschrift greife der Progres­si­ons­vor­behalt zwar für solche Einkünfte ein, die bei Anwendung von § 1 Abs. 3 EStG bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens unberück­sichtigt bleiben. Hierbei seien jedoch Kapital­ein­künfte außer Betracht zu lassen. Dies folge aus der gesetzlichen Anordnung (§ 2 Abs. 5b EStG), wonach Kapital­ein­künfte wegen des für sie geltenden einheitlichen Steuersatzes von 25 % einem besonderen Besteu­e­rungs­regime unterlägen. Hierfür spreche auch, dass die Regelungen über den Progres­si­ons­vor­behalt an die tarifliche Einkommensteuer anknüpfen, die für Kapital­ein­künfte gerade nicht gelte. Die Kläger seien für Zwecke des Progres­si­ons­vor­behalts vielmehr so zu stellen, als ob sie die Kapital­ein­künfte im Inland bezogen hätten. In diesem Fall wäre der Abgel­tungs­steu­ersatz anwendbar gewesen, denn ein Ausnah­me­tat­bestand hätte nicht eingegriffen, so das Gericht. Insbesondere könne nicht von der Ausübung des Wahlrechts zur Anwendung des tariflichen Einkom­men­steu­er­satzes ausgegangen werden, da ein solcher Antrag einer Fiktion nicht zugänglich sei. Im Übrigen hätten die Kläger keinen Progres­si­ons­vorteil erlangt, weil die Kapital­ein­künfte in Österreich mit 25 % besteuert worden seien. Für die Anwendung des Progres­si­ons­vor­behalts bestehe daher kein Bedürfnis.

Quelle: Finanzgericht Münster/ra-online

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