21.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil14.09.2010

EuGH: Legostein nicht als Gemein­schaftsmarke eintra­gungsfähigUnternehmen kann für ausschließlich technische Lösung kein Markenrecht in Anspruch nehmen

Der Spielbaustein von Lego ist nicht als Gemein­schaftsmarke eintra­gungsfähig, da es sich dabei um ein Zeichen handelt, das ausschließlich aus der Form der Ware besteht, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften.

Nach der Verordnung über die Gemein­schaftsmarke können Gemein­schafts­marken alle Zeichen sein, die sich grafisch darstellen lassen, wie Wörter, die Form der Ware oder deren Aufmachung, soweit diese Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienst­leis­tungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Von der Eintragung sind jedoch Zeichen ausgeschlossen, die ausschließlich aus der Form der Ware bestehen, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist.

Sachverhalt

Am 1. April 1996 beantragte Lego, ein dänischer Spiel­zeug­her­steller, beim HABM (Harmo­ni­sie­rungsamt für den Binnenmarkt) die Eintragung eines roten Spielbausteins als Gemein­schaftsmarke. Das HABM trug die fragliche Marke zunächst ein. Dessen Nichtig­keits­ab­teilung erklärte die fragliche Marke jedoch auf Antrag von Mega Brands, einem Hersteller von Spielbausteinen mit gleichen Formen und Abmessungen, mit der Begründung für nichtig, dass die spezifischen Merkmale des Legosteins eindeutig so gewählt worden seien, dass der Legostein eine praktische Funktion erfüllen könne, und nicht zu Kennzeich­nungs­zwecken. Das wichtigste Element des durch den Legostein dargestellten Zeichens bestehe nämlich aus zwei Reihen Vorsprüngen auf der Oberseite dieses Steins, was erforderlich sei, um die technische Wirkung, der die Ware dienen solle, zu erreichen, den Zusammenbau von Spielbausteinen. Nachdem die Große Kammer des HABM die Nichti­g­er­klärung der Marke bestätigt hatte, erhob Lego beim Gericht Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Großen Kammer.

Unionsrecht steht bei Eintragung jeder Form entgegen, deren wesentliche Merkmale ausschließlich auf Form der Ware bestehen

In seinem Urteil vom 12. November 2008 stellte das Gericht u. a. fest, dass das Unionsrecht der Eintragung jeder Form entgegenstehe, die in ihren wesentlichen Merkmalen ausschließlich aus der Form der Ware bestehe, die für das Erreichen der fraglichen technischen Wirkung technisch kausal und hinreichend sei, selbst wenn diese Wirkung durch andere Formen erreicht werden könne, die die gleiche oder eine andere technische Lösung nutzten. Gegen dieses Urteil hat Lego ein Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt.

Unternehmen soll durch Markenrecht kein Monopol für technische Lösungen oder Gebrauchs­ei­gen­schaften einer Ware eingeräumt werden

Der Gerichtshof stellt zunächst fest, dass mit dem Verbot, ein Zeichen als Marke einzutragen, das aus der Form der Ware besteht, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, verhindert werden soll, dass einem Unternehmen durch das Markenrecht letztlich ein Monopol für technische Lösungen oder Gebrauchs­ei­gen­schaften einer Ware eingeräumt wird. Somit können Unternehmen nicht das Markenrecht in Anspruch nehmen, um ausschließliche Rechte für technische Lösungen ohne zeitliche Begrenzung auf Dauer festzuschreiben.

Technische Lösungen nach Unionsrecht nur für begrenzte Dauer schutzfähig

Besteht nämlich die Form einer Ware nur darin, dass sie die von deren Hersteller entwickelte und auf dessen Antrag patentierte technische Lösung verkörpert, würde ein Schutz dieser Form als Marke nach Ablauf des Patents die Möglichkeit der anderen Unternehmen, diese technische Lösung zu verwenden, erheblich beschränken. Nach dem Unionsrecht sind aber technische Lösungen nur für eine begrenzte Dauer schutzfähig, so dass sie danach von allen Wirtschafts­teil­nehmern frei verwendet werden können.

Warenformen, die nur technische Lösung verkörpern von Eintragung ausgeschlossen

Außerdem hat der Gesetzgeber, so der Gerichtshof weiter, mit der Beschränkung des Eintra­gungs­verbots auf Zeichen, die „ausschließlich“ aus der Form der Ware bestehen, die zur Erreichung einer technischen Wirkung „erforderlich“ ist, gebührend berücksichtigt, dass jede Form einer Ware in gewissem Maße funktionell ist und es daher unangemessen wäre, eine Warenform nur deshalb von der Eintragung als Marke auszuschließen, weil sie Gebrauchs­ei­gen­schaften aufweist. Mit den Wörtern „ausschließlich“ und „erforderlich“ wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass allein diejenigen Warenformen von der Eintragung ausgeschlossen sind, durch die nur eine technische Lösung verkörpert wird und deren Eintragung als Marke die Verwendung dieser technischen Lösung durch andere Unternehmen tatsächlich behindern würde.

Ein und dieselbe technische Wirkung kann durch unter­schiedliche Lösungen erzielt werden

Die Voraussetzung, dass unter das Eintra­gungs­hin­dernis alle Zeichen fallen, die „ausschließlich" aus der Form der Ware bestehen, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, sieht der Gerichtshof dann als erfüllt an, wenn, wie im vorliegenden Fall, alle wesentlichen Merkmale der Form der technischen Funktion entsprechen, wobei das Vorhandensein eines oder mehrerer geringfügiger willkürlicher Elemente ohne technische Funktion unerheblich ist. Die Voraussetzung, dass eine Form einer Ware nur dann von der Marken­ein­tragung ausgeschlossen werden kann, wenn sie zur Erreichung der gewünschten technischen Wirkung „erforderlich“ ist, bedeutet nicht, dass die betreffende Form die einzige sein muss, die die Erreichung dieser Wirkung erlaubt. In bestimmten Fällen kann ein und dieselbe technische Wirkung durch unter­schiedliche Lösungen erzielt werden. So kann es alternative Formen mit anderen Abmessungen oder anderer Gestaltung geben, die dieselbe technische Wirkung ermöglichen. Dieser Umstand hat jedoch als solcher nicht zur Folge, dass eine Eintragung der betreffenden Form als Marke die Verfügbarkeit der in der Form verkörperten technischen Lösung für die übrigen Wirtschafts­teil­nehmer unberührt ließe.

Unternehmen kann durch Eintragung des dreidi­men­si­onalen Zeichens als Marke kein Monopol eingeräumt werden

Die Situation eines Unternehmens, das eine technische Lösung entwickelt hat, gegenüber Wettbewerbern, die sklavische Nachahmungen der Form der Ware unter Verkörperung genau derselben Lösung in den Verkehr bringen, ist nach der Feststellung des Gerichtshofs nicht in der Weise schutzfähig, dass dem Unternehmen durch Eintragung des aus der genannten Form bestehenden dreidi­men­si­onalen Zeichens als Marke ein Monopol eingeräumt wird; diese Situation kann jedoch gegebenenfalls im Licht der Regeln über den unlauteren Wettbewerb geprüft werden. Eine solche Prüfung war indessen nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

Der Gerichtshof weist daher das Rechtsmittel von Lego zurück.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH)/ra-online

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