21.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil06.07.2017

Stornierungs­gebühren von Luft­fahrt­unternehmen Air Berlin nicht zulässigLuft­fahrt­unternehmen müssen zudem alle Bestandteile des zu zahlenden Endpreises gesondert auszuweisen

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass die Stornierungs­gebühren, die Luft­fahrt­unternehmen verlangen, auf Missbräuch­lichkeit überprüft werden können. Zudem sind die verschiedenen Bestandteile des an die Luft­fahrt­unternehmen zu zahlenden Endpreises gesondert auszuweisen.

Das deutsche Luftfahrtunternehmen Air Berlin nahm in seine Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen eine Klausel auf, nach der, wenn ein Reiseteilnehmer eine Buchung für einen Flug im Spartarif storniert oder den Flug nicht antritt, von dem ihm zu erstattenden Betrag ein Bearbei­tungs­entgelt von 25 Euro einbehalten wird. Der Bundesverband der Verbrau­cher­zen­tralen ist der Auffassung, dass diese Klausel nach deutschem Recht wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden unwirksam sei. Außerdem dürfe Air Berlin für die Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung kein gesondertes Entgelt verlangen. Der Bundesverband erhob daher gegen Air Berlin eine Unter­las­sungsklage bei den deutschen Gerichten.

Verbrau­cher­zentrale rügt Verstoß gegen Preis­trans­parenz

Im Rahmen dieser Klage geht der Bundesverband außerdem gegen die Praktiken von Air Berlin bei der Preis­dar­stellung auf ihrer Website vor. Bei einer Online-Probebuchung im Jahr 2010 stellte der Bundesverband nämlich fest, dass die ausgewiesenen Steuern und Gebühren viel niedriger waren als die tatsächlich an die betreffenden Flughäfen abzuführenden. Nach Ansicht des Bundesverbands kann diese Praxis die Verbraucher in die Irre führen und verstößt gegen die in der Unions­ver­ordnung über die Durchführung von Luftver­kehrs­diensten* vorgesehenen Regeln über die Preis­trans­parenz.

BGH erbittet Vorab­ent­scheidung des EuGH zur Vereinbarkeit der Preisfreiheit mit der Anwendung nationaler Regelungen

Vor diesem Hintergrund ersuchte der Bundes­ge­richtshof den Gerichtshof der Europäischen Union um Auslegung dieser Verordnung. Der Bundes­ge­richtshof ist wie der Bundesverband der Meinung, dass die Klausel über die Bearbei­tungs­gebühr von 25 Euro bei stornierten Buchungen der nicht angetretenen Flügen die Kunden unangemessen benachteilige und daher nach den Bestimmungen des deutschen Rechts zur Umsetzung der Unions­richtlinie über missbräuchliche Klauseln** unwirksam sei. Der Bundes­ge­richtshof fragt sich jedoch, ob die den Luftfahrt­un­ter­nehmen durch die Verordnung über die Durchführung von Luftver­kehrs­diensten eingeräumte Preisfreiheit der Anwendung einer nationalen Regelung zur Umsetzung des Verbrau­cher­schutz­rechts der Union auf eine solche Klausel entgegensteht.

Eingeräumte Preisfreiheit muss Nichti­g­er­klärung einer missbräuch­lichen Klausel nicht entgegenstehen

Mit seinem Urteil antwortete der Gerichtshof, dass die den Luftfahrt­un­ter­nehmen durch die Verordnung über die Durchführung von Luftver­kehrs­diensten eingeräumte Preisfreiheit dem nicht entgegensteht, dass die Anwendung einer nationalen Regelung zur Umsetzung der Richtlinie über missbräuchliche Klauseln zur Nichti­g­er­klärung einer Klausel in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen führen kann, nach der von Kunden, die eine Buchung storniert oder einen Flug nicht angetreten haben, gesonderte pauschalierte Bearbei­tungs­entgelte erhoben werden können.

Der Gerichtshof stellt insoweit fest, dass die allgemeinen Vorschriften zum Schutz der Verbraucher vor missbräuch­lichen Klauseln auch auf Luftbe­för­de­rungs­verträge anwendbar sind.

Zusatzkosten dürfen auch nicht teilweise in Flugpreis einbezogen werden

Zur Preis­trans­parenz, wie sie nach der Verordnung über die Durchführung von Luftver­kehrs­diensten verlangt wird, führt der Gerichtshof aus, dass Luftfahrt­un­ter­nehmen die von den Kunden für die Steuern, die Flughafengebühren und die sonstigen Gebühren, Zuschläge und Entgelte geschuldeten Beträge bei der Veröf­fent­lichung ihrer Flugpreise gesondert ausweisen müssen und sie daher nicht - auch nicht teilweise - in den Flugpreis einbeziehen dürfen.

Kunden ist immer Höhe aller auf Endpreis entfallenden Beträge mitzuteilen

Der Gerichtshof stellt fest, dass dem Kunden immer die Höhe der Beträge mitzuteilen ist, die im zu zahlenden Endpreis auf den Flugpreis, die Steuern, die Flugha­fen­ge­bühren und die sonstigen Gebühren, Zuschläge und Entgelte als Bestandteile des Endpreises entfallen. Hätten die Luftfahrt­un­ter­nehmen die Wahl, die entsprechenden Steuern, Gebühren, Zuschläge und Entgelte entweder in den Flugpreis einzubeziehen oder sie gesondert auszuweisen, würde das mit der Verordnung verfolgte Ziel der Information und Transparenz in Bezug auf die Preise nicht erreicht.

Erläuterungen

* Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftver­kehrs­diensten in der Gemeinschaft (ABl. 2008, L 293, S. 3).

** Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbrau­cher­ver­trägen (ABl. 1993, L 95, S. 29).

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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