Dokument-Nr. 13805
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- EuZW 2012, 820Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (EuZW), Jahrgang: 2012, Seite: 820
- JuS 2013, 275Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2013, Seite: 275
- EuGH zu Verboten von Glücksspielen privater Veranstalter aus anderen Mitgliedstaaten im InternetGerichtshof der Europäischen Union, Urteil08.07.2010, C-447/08 und C-448/08
- BGH: Verbot des Angebots privater Sportwetten und anderer Glücksspiele im Internet wirksamBundesgerichtshof, Urteil28.09.2011, I ZR 92/09, I ZR 189/08, I ZR 30/10, I ZR 43/10 und I ZR 93/10
Gerichtshof der Europäischen Union Urteil12.07.2012
Mitgliedsstaat darf Werbung für ausländische Spielbanken unter bestimmten Voraussetzungen untersagenBeschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs zum Schutz der Bevölkerung vor Gefahren des Glücksspiels gerechtfertigt
Ein Mitgliedstaat darf die Werbung für in einem anderen Mitgliedstaat gelegene Spielbanken untersagen, wenn der Schutz der Spielteilnehmer dort nicht gleichwertig ist. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.
In Österreich bedarf die Werbung für im Ausland gelegene Spielbanken einer vorherigen Bewilligung. Um eine Bewilligung zu erhalten, muss der Betreiber einer in einem anderen Mitgliedstaat gelegenen Spielbank nachweisen, dass der gesetzliche Spielerschutz in diesem Staat dem österreichischen gesetzlichen Schutz „zumindest entspricht“. Nach den österreichischen Spielerschutzbestimmungen ist der Besuch der Spielbank ausschließlich volljährigen Personen vorbehalten; darüber hinaus hat die Spielbankleitung das Spielverhalten daraufhin zu beobachten, ob die Häufigkeit und Intensität der Teilnahme am Spiel das Existenzminimum des Spielers gefährdet, und Spielbankbesucher können unmittelbar eine zivilrechtliche Klage gegen die Spielbankleitung wegen Verletzung ihrer Pflichten erheben*.
Slowenische Glücksspielbestimmungen erreichen nicht gleiches Schutzniveau wie das in Österreich geltende
Die slowenischen Gesellschaften HIT und HIT LARIX betreiben Spielbanken in Slowenien. Sie beantragten beim österreichischen Bundesminister für Finanzen eine Bewilligung für die Bewerbung ihrer in Slowenien gelegenen Spielbanken in Österreich. Der Bundesminister für Finanzen wies ihre Anträge mit der Begründung ab, HIT und HIT LARIX hätten nicht dargetan, dass die slowenischen gesetzlichen Glücksspielbestimmungen ein Schutzniveau gewährleisteten, das mit dem in Österreich geltenden vergleichbar sei.
Nationales Gericht erbittet Vorabentscheidung des EuGH zur Vereinbarkeit nationaler Regelungen mit unionsrechtlich gewährleistetem freien Dienstleistungsverkehr
Der österreichische Verwaltungsgerichtshof, vor dem HIT und HIT LARIX gegen die abweisenden Bescheide Beschwerde erhoben, möchte vom Gerichtshof wissen, ob eine Regelung wie die österreichische mit dem vom Unionsrecht gewährleisteten freien Dienstleistungsverkehr zu vereinbaren ist.
Mitgliedstaaten steht es frei, angestrebtes Schutzniveau genau zu bestimmen
In seinem Urteil weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass Glücksspielregelungen zu den Bereichen gehören, in denen beträchtliche sittliche, religiöse und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. In Ermangelung einer Harmonisierung dieses Gebiets steht es den Mitgliedstaaten daher frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen. Allein der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, kann daher keinen Einfluss auf die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben. Diese sind nur im Hinblick auf die von den zuständigen Stellen des betroffenen Mitgliedstaats verfolgten Ziele und auf das von ihnen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen.
Unionsrecht steht hier österreichischer Regelung nicht entgegen
In Anbetracht dieser Erwägungen antwortet der Gerichtshof, dass das Unionsrecht der österreichischen Regelung nicht entgegensteht, sofern sie sich darauf beschränkt, für die Erteilung der Werbebewilligung den Nachweis zu fordern, dass die anwendbare Regelung in dem anderen Mitgliedstaat einen im Wesentlichen gleichwertigen Schutz vor den Gefahren des Glücksspiels gewährleistet wie sie selbst.
Österreichische Regelung stellt für Betreiber ausländischer Spielbanken keine übermäßige Belastung dar
Eine solche Regelung beschränkt zwar den freien Dienstleistungsverkehr, sie ist jedoch durch das Ziel gerechtfertigt, die Bevölkerung vor den Gefahren des Glücksspiels zu schützen. In Anbetracht dieses Ziels dürfte sie für die Betreiber ausländischer Spielbanken keine übermäßige Belastung darstellen und kann daher dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.
Forderung nach identischen Vorschriften eines anderen Mitgliedsstaats wäre unverhältnismäßig
Anders wäre es allerdings – und eine solche Regelung müsste als unverhältnismäßig angesehen werden –, wenn sie fordern würde, dass in dem anderen Mitgliedstaat identische Vorschriften gelten, oder wenn sie Vorschriften verlangen würde, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Schutz vor den Gefahren des Glücksspiels stehen.
Forderung nach gleichwertigen Garantien zum Schutz vor Gefahren des Glücksspiels gerechtfertigt
Jedenfalls ist es Sache des nationalen Gerichts, sich zu vergewissern, dass sich die streitigen Rechtsvorschriften darauf beschränken, die Werbebewilligung für Glücksspielbetriebe mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat davon abhängig zu machen, dass die Regelung dieses anderen Mitgliedstaats im Hinblick auf das legitime Ziel, den Einzelnen vor den Gefahren des Glücksspiels zu schützen, im Wesentlichen gleichwertige Garantien bieten wie die nationale Regelung.
Erläuterungen
* Nach Ansicht der österreichischen Regierung hat die Anwendung dieser Präventivmaßnahmen zu einer wesentlichen Verringerung der Spielteilnehmer geführt, denn 2011 sei für mehr als 80 000 Personen der Besuch von Spielbanken in Österreich eingeschränkt oder ihnen gänzlich verwehrt gewesen. Zudem sei die Zahl der Spielbanken in Österreich auf höchstens 15 beschränkt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 17.07.2012
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online
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