21.11.2024
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Dokument-Nr. 13805

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Urteil12.07.2012Gerichtshof der Europäischen UnionC-176/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • EuZW 2012, 820Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (EuZW), Jahrgang: 2012, Seite: 820
  • JuS 2013, 275Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2013, Seite: 275
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ergänzende Informationen

Gerichtshof der Europäischen Union Urteil12.07.2012

Mitgliedsstaat darf Werbung für ausländische Spielbanken unter bestimmten Voraussetzungen untersagenBeschränkung des freien Dienstleistungs­verkehrs zum Schutz der Bevölkerung vor Gefahren des Glücksspiels gerechtfertigt

Ein Mitgliedstaat darf die Werbung für in einem anderen Mitgliedstaat gelegene Spielbanken untersagen, wenn der Schutz der Spielteilnehmer dort nicht gleichwertig ist. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.

In Österreich bedarf die Werbung für im Ausland gelegene Spielbanken einer vorherigen Bewilligung. Um eine Bewilligung zu erhalten, muss der Betreiber einer in einem anderen Mitgliedstaat gelegenen Spielbank nachweisen, dass der gesetzliche Spielerschutz in diesem Staat dem öster­rei­chischen gesetzlichen Schutz „zumindest entspricht“. Nach den öster­rei­chischen Spiel­er­schutz­be­stim­mungen ist der Besuch der Spielbank ausschließlich volljährigen Personen vorbehalten; darüber hinaus hat die Spiel­bank­leitung das Spielverhalten daraufhin zu beobachten, ob die Häufigkeit und Intensität der Teilnahme am Spiel das Existenzminimum des Spielers gefährdet, und Spiel­bank­be­sucher können unmittelbar eine zivilrechtliche Klage gegen die Spiel­bank­leitung wegen Verletzung ihrer Pflichten erheben*.

Slowenische Glückss­piel­be­stim­mungen erreichen nicht gleiches Schutzniveau wie das in Österreich geltende

Die slowenischen Gesellschaften HIT und HIT LARIX betreiben Spielbanken in Slowenien. Sie beantragten beim öster­rei­chischen Bundesminister für Finanzen eine Bewilligung für die Bewerbung ihrer in Slowenien gelegenen Spielbanken in Österreich. Der Bundesminister für Finanzen wies ihre Anträge mit der Begründung ab, HIT und HIT LARIX hätten nicht dargetan, dass die slowenischen gesetzlichen Glückss­piel­be­stim­mungen ein Schutzniveau gewährleisteten, das mit dem in Österreich geltenden vergleichbar sei.

Nationales Gericht erbittet Vorab­ent­scheidung des EuGH zur Vereinbarkeit nationaler Regelungen mit unionsrechtlich gewährleistetem freien Dienst­leis­tungs­verkehr

Der österreichische Verwal­tungs­ge­richtshof, vor dem HIT und HIT LARIX gegen die abweisenden Bescheide Beschwerde erhoben, möchte vom Gerichtshof wissen, ob eine Regelung wie die österreichische mit dem vom Unionsrecht gewährleisteten freien Dienst­leis­tungs­verkehr zu vereinbaren ist.

Mitgliedstaaten steht es frei, angestrebtes Schutzniveau genau zu bestimmen

In seinem Urteil weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass Glückss­piel­re­ge­lungen zu den Bereichen gehören, in denen beträchtliche sittliche, religiöse und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. In Ermangelung einer Harmonisierung dieses Gebiets steht es den Mitgliedstaaten daher frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen. Allein der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, kann daher keinen Einfluss auf die Beurteilung der Verhält­nis­mä­ßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben. Diese sind nur im Hinblick auf die von den zuständigen Stellen des betroffenen Mitgliedstaats verfolgten Ziele und auf das von ihnen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen.

Unionsrecht steht hier öster­rei­chischer Regelung nicht entgegen

In Anbetracht dieser Erwägungen antwortet der Gerichtshof, dass das Unionsrecht der öster­rei­chischen Regelung nicht entgegensteht, sofern sie sich darauf beschränkt, für die Erteilung der Werbe­be­wil­ligung den Nachweis zu fordern, dass die anwendbare Regelung in dem anderen Mitgliedstaat einen im Wesentlichen gleichwertigen Schutz vor den Gefahren des Glücksspiels gewährleistet wie sie selbst.

Österreichische Regelung stellt für Betreiber ausländischer Spielbanken keine übermäßige Belastung dar

Eine solche Regelung beschränkt zwar den freien Dienst­leis­tungs­verkehr, sie ist jedoch durch das Ziel gerechtfertigt, die Bevölkerung vor den Gefahren des Glücksspiels zu schützen. In Anbetracht dieses Ziels dürfte sie für die Betreiber ausländischer Spielbanken keine übermäßige Belastung darstellen und kann daher dem Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit entsprechen.

Forderung nach identischen Vorschriften eines anderen Mitgliedsstaats wäre unver­hält­nismäßig

Anders wäre es allerdings – und eine solche Regelung müsste als unver­hält­nismäßig angesehen werden –, wenn sie fordern würde, dass in dem anderen Mitgliedstaat identische Vorschriften gelten, oder wenn sie Vorschriften verlangen würde, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Schutz vor den Gefahren des Glücksspiels stehen.

Forderung nach gleichwertigen Garantien zum Schutz vor Gefahren des Glücksspiels gerechtfertigt

Jedenfalls ist es Sache des nationalen Gerichts, sich zu vergewissern, dass sich die streitigen Rechts­vor­schriften darauf beschränken, die Werbe­be­wil­ligung für Glückss­piel­be­triebe mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat davon abhängig zu machen, dass die Regelung dieses anderen Mitgliedstaats im Hinblick auf das legitime Ziel, den Einzelnen vor den Gefahren des Glücksspiels zu schützen, im Wesentlichen gleichwertige Garantien bieten wie die nationale Regelung.

Erläuterungen

* Nach Ansicht der öster­rei­chischen Regierung hat die Anwendung dieser Präven­tiv­maß­nahmen zu einer wesentlichen Verringerung der Spielteilnehmer geführt, denn 2011 sei für mehr als 80 000 Personen der Besuch von Spielbanken in Österreich eingeschränkt oder ihnen gänzlich verwehrt gewesen. Zudem sei die Zahl der Spielbanken in Österreich auf höchstens 15 beschränkt.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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