21.11.2024
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Dokument-Nr. 12352

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Urteil28.09.2011BundesgerichtshofI ZR 92/09, I ZR 189/08, I ZR 30/10, I ZR 43/10 und I ZR 93/10
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2012, 111Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2012, Seite: 111
  • MDR 2012, 358Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2012, Seite: 358
  • MMR 2012, 191Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2012, Seite: 191
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil28.09.2011

BGH: Verbot des Angebots privater Sportwetten und anderer Glücksspiele im Internet wirksamVerbot von Glücksspielen im Internet stellt zulässige Beschränkung des freien Dienst­leis­tungs­verkehrs in der EU dar

Das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet nach § 4 Abs. 4 des Glückss­piel­staats­vertrags vom 1.Januar 2008 (GlüStV) ist wirksam. Es verstößt insbesondere nicht gegen das Recht der Europäischen Union. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

In den fünf zugrunde liegenden Fällen, in denen jetzt Urteile verkündet wurden, haben in- und ausländische Wettunternehmen auch nach dem 1.Januar 2008, also nach dem Inkrafttreten des Glück­s­piel­staats­vertrags, ihr Wettangebot im Internet unter ihren jeweiligen Domainnamen präsentiert und beworben. Deutsche Spieler konnten dieses Angebot nutzen. Die Wettunternehmen wurden von verschiedenen staatlichen Lotto­ge­sell­schaften auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schaden­s­er­satz­pflicht in Anspruch genommen. Die Klagen waren vor den Insta­nz­ge­richten überwiegend erfolgreich. Nur die Landgerichte Wiesbaden und München I sowie das Oberlan­des­gericht München hatten sie abgewiesen.

BGH erklärt Klagen der Lotto­ge­sell­schaften für begründet

Der Bundes­ge­richtshof, der erstmals über die Rechtslage nach Inkrafttreten des Glückss­piel­staats­vertrags zu entscheiden hatte, hat die Klagen der Lotto­ge­sell­schaften für begründet erachtet. Soweit den Beklagten von Behörden der DDR im Jahr 1990 vor der Wieder­ver­ei­nigung Genehmigungen zum Veranstalten oder Vermitteln von Glücksspielen erteilt worden sind, folgt daraus keine Berechtigung, diese Tätigkeit entgegen § 4 Abs. 4 GlüStV nach dem 1. Januar 2008 im Internet auszuüben. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union können sich die Beklagten auch nicht auf eine durch einen anderen Mitgliedsstaat - etwa Gibraltar oder Malta - erteilte Erlaubnis berufen, um Deutschland Glücksspiele im Internet anzubieten.

Mit Glückss­piel­staats­vertrag verfolgte Ziele rechtfertigen Beschränkungen der Spieltätigkeit

Das Verbot von Glücksspielen im Internet gem. § 4 Abs.4 GlüStV stellt zwar eine Beschränkung des freien Dienst­leis­tungs­verkehrs in der Europäischen Union dar. Die mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziele wie Suchtbekämpfung, Jugendschutz und Betrugs­vor­beugung können aber Beschränkungen der Spieltätigkeit rechtfertigen. Wegen der größeren Gefahren des Internets, insbesondere Anonymität, fehlende soziale Kontrolle und jederzeitige Verfügbarkeit, darf dieser Vertriebsweg stärker als herkömmliche Absatzwege eingeschränkt werden.

Maßnahmen der Mitgliedstaaten müssen dazu beitragen, Spiel­tä­tig­keiten in diesem Bereich in systematischer Weise zu begrenzen

Das Verbot des § 4 Abs.4 GlüStV erfüllt auch die vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten Anforderung der Kohärenz. Danach müssen Maßnahmen, mit denen ein Mitgliedstaat die Spieltätigkeit beschränkt, dazu beitragen, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen. Da es sich bei § 4 Abs.4 GlüStV um eine eigenständige Regelung handelt, kommt es insoweit nicht darauf an, ob der Glückss­piel­staats­vertrag insgesamt das Kohärenz­kri­terium erfüllt. Es ist deshalb hier unerheblich, welche Regeln in Deutschland für Automatenspiele oder herkömmliche Spielbanken gelten, die eine persönliche Anwesenheit des Spielers voraussetzen. Das Angebot von Pferdewetten im Internet ist verboten. Allerdings wird es bislang von den Bundesländern geduldet. Das führt aber im Hinblick auf die vergleichsweise geringe Bedeutung der Pferdewetten nicht zur Ungeeignetheit des Internetverbots zu Gefahrenabwehr.

Vorinstanzen zu I ZR 92/09:

LG Wiesbaden – 13 O 119/06 – Urteil vom 29. November.2007

OLG Frankfurt am Main – 6 U 261/06 – Urteil vom 4. Juni 2009

Vorinstanzen zu I ZR 189/08:

LG München I– 4 HK O 11552/06 – Urteil vom 16. Dezember 2007

OLG München – 29 U 1669/08 – Urteil vom 16. Oktober 2008

Vorinstanzen zu I ZR 30/10:

LG Bremen – 12 O 379/06 – Urteil vom 20. Dezember 2007

OLG Bremen – 2 U 4/08 – Urteil vom 29.Januar 2010

Vorinstanzen zu I ZR 43/10:

LG Bremen – 12 O 333/07 – Urteil vom 31. Juli 2008

OLG Bremen – 2 U 96/08 – Urteil vom 12. Februar 2010

Vorinstanzen zu I ZR 93/10:

LG Köln – 31 O 599/08 – Urteil vom 9. Juli 2009

OLG Köln – 6 U 142/09 – Urteil vom 12. Mai 2010

Quelle: Bundesgerichtshof / ra-online

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