21.11.2024
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Bayerisches Landessozialgericht Urteil27.06.2017

Zahnme­di­zi­nische Begutachtung darf nur durch Medizinischen Dienst der Kranken­ver­si­cherung erfolgenGesetzliche Krankenkassen dürfen sich keinen bestimmten Gutachter oder Gutachterdienst auswählen

Für die Prüfung der Leistungs­pflicht in zahnme­di­zi­nischen Behand­lungs­fällen ist oftmals eine Begutachtung erforderlich. Dabei steht es nicht im Belieben der gesetzlichen Krankenkassen, sich einen bestimmten Gutachter oder Gutachterdienst auszuwählen. Das Sozial­ge­setzbuch bestimmt, dass die Krankenkassen allein den Medizinischen Dienst der Kranken­ver­si­cherung (MDK) mit der Begutachtung beauftragen dürfen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bayerischen Landes­sozial­gerichts hervor.

Kläger hält Ablehnung der kiefer­or­tho­pä­dischen Behandlung für rechtswidrig

In dem einem zugrunde liegenden Fall litt ein Kind an einer schweren Zahnfehl­stellung und beantragte eine kiefer­or­tho­pä­dische Behandlung. Die Krankenkasse holte daraufhin ein kiefer­or­tho­pä­disches Gutachten von einem Gutachter der Kassen­zahn­ärzt­lichen Vereinigung ein. Auf der Grundlage dieses eine DIN-A 4-Seite umfassenden Gutachtens lehnte die Krankenkasse die Leistung ab, ohne den Medizinischen Dienst der Kranken­ver­si­cherung mit einem Gutachten zu beauftragen. Erst ein Jahr später bewilligte sie die Leistung auf einen geänderten Antrag hin. Zwischen­zeitlich hatte das Kind unter starken Schmerzen gelitten, es mussten mehrere Zähne entfernt werden. Das Kind macht nun vor dem Landgericht Schmerzensgeld geltend und begehrt daher die Feststellung, dass die zunächst erfolgte Ablehnung der kiefer­or­tho­pä­dischen Behandlung rechtswidrig gewesen ist. Der vom Sozialgericht beauftragte Sachverständige hat in einem ausführlichen Gutachten dargestellt, dass die kiefer­or­tho­pä­dische Behandlung von Anfang an indiziert gewesen wäre.

Gutachten über mögliche Implan­tat­ver­sorgung erfolgt über nieder­ge­lassenen Zahnarzt

In dem anderen zugrunde liegenden Verfahren begehrte eine Versicherte eine Implan­tat­ver­sorgung mit der Begründung, dass eine anderweitige Prothe­sen­ver­sorgung aufgrund einer schweren Mundtrockenheit in Folge einer Tumorbehandlung bei ihr nicht möglich sei. Die Krankenkasse wandte sich unmittelbar an einen nieder­ge­lassenen Zahnarzt. Dessen eine DIN-A 4-Seite umfassendes Gutachten war Grundlage der ablehnenden Entscheidung der Kasse. Seit der Antragstellung waren sieben Wochen vergangen, die Krankenkasse hatte die Versicherte nicht über einen hinreichenden Grund für die verzögerte Bearbeitung in Kenntnis gesetzt.

Zahnme­di­zi­nische oder kiefer­or­tho­pä­dische Leistungsfälle dürfen ausschließlich durch MDK begutachtet werden

Das Bayerische Landes­so­zi­al­gericht hat in beiden Verfahren entschieden, dass die gesetzlichen Krankenkassen auch zahnme­di­zi­nische oder kiefer­or­tho­pä­dische Leistungsfälle ausschließlich durch den MDK begutachten lassen dürfen. Die Beauftragung anderer Gutachter oder Gutach­ter­dienste verstößt gegen die gesetzliche Aufga­ben­zu­weisung in § 275 Abs. 1 SGB V sowie gegen den Datenschutz und ist daher rechtswidrig.

Gesetzliche Entschei­dungsfrist beträgt drei Wochen

Versäumt die Krankenkasse in solchen Fällen zudem die gesetzliche Entschei­dungsfrist von drei Wochen, gilt die beantragte Leistung als genehmigt. Auf eine längere Entschei­dungsfrist kann sich die Krankenkasse nicht berufen, wenn sie in rechtswidriger Weise nicht den MDK, sondern einen Gutachter der kassen­zahn­ärzt­lichen Vereinigung beauftragt hat.

Quelle: Bayerisches Landessozialgericht/ra-online

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