21.11.2024
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Bayerischer Verfassungsgerichtshof Urteil01.03.2012

Striktes Rauchverbot in Bayerischen Spielhallen nicht verfas­sungs­widrigRauchverbot ohne Überg­angs­re­gelung nicht zu beanstanden

Das strikte Rauchverbot in bayerischen Spielhallen ist zulässig. Die Tatsache, dass der Volks­ge­setzgeber keine Überg­angs­re­gelung vorgesehen hat, ist verfassungs­rechtlich nicht zu beanstanden. Dies entschied der Bayerische Ver­fassungs­gerichts­hof.

Nach Art. 2 Nr. 6, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesund­heits­schutz­ge­setzes (GSG) ist das Rauchen in Kultur- und Freizei­t­ein­rich­tungen verboten. Zu den Freizei­t­ein­rich­tungen zählen auch die Spielhallen.

Antragstellerin rügt fehlende Überg­angs­re­gelung für in Kraft getretenes Gesund­heits­schutz­gesetz

Die Antragstellerin des zugrunde liegenden Streitfalls, die mehrere Spielhallen betreibt, rügt mit ihrer Popularklage, dass das durch Volksentscheid vom 4. Juli 2010 beschlossene Gesundheitsschutzgesetz keine Überg­angs­re­gelung enthält. Sie habe in den Jahren 2009 und 2010 aufgrund der damaligen Gesetzeslage Baumaßnahmen zur Errichtung von Raucher­ne­ben­räumen durchführen lassen. Mit dem am 1. August 2010 in Kraft getretenen strikten Rauchverbot seien diese Investitionen in Höhe von fast 20.000 Euro nutzlos geworden. Die Neuregelung, die nicht vorhersehbar gewesen sei, verletze u. a. das rechts­s­taatliche Gebot des Vertrau­ens­schutzes (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) und das Grundrecht auf Eigentum (Art. 103 Abs. 1 BV). Gegen das Rechts­s­taatsgebot verstoße auch der Wegfall der im früheren Gesund­heits­schutz­gesetz enthaltenen „Innova­ti­o­ns­klausel“, wonach durch Rechts­ver­ordnung Ausnahmen zugelassen werden konnten, wenn durch technische Vorkehrungen – wie z. B. Lüftungsanlagen – ein dem Rauchverbot vergleichbarer Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens gewährleistet werden konnte.

Einführung eines strikten Rauchverbots in Gaststätten mit Bayerischer Verfassung vereinbar

Der Bayerische Verfas­sungs­ge­richtshof hat die Popularklage abgewiesen. Es ist verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Volks­ge­setzgeber auch Spielhallen einem strikten Rauchverbot unterworfen hat, ohne eine Überg­angs­re­gelung vorzusehen. Der Verfas­sungs­ge­richtshof hat bereits in mehreren Entscheidungen dargelegt, dass die Einführung eines strikten Rauchverbots in Gaststätten mit der Bayerischen Verfassung vereinbar ist. Die hierfür maßgeblichen Erwägungen sind auf das ebenso weit reichende Rauchverbot in den zu den Freizei­t­ein­rich­tungen (Art. 2 Nr. 6, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesund­heits­schutz­ge­setzes – GSG) zählenden Spielhallen uneingeschränkt übertragbar.

Gastwirte hätten sich auf mögliche erneute Verschärfung des Rauchverbots nach Ausgang des Volksbegehrens einstellen müssen

Auf den Einwand, dem Gesund­heits­schutz­gesetz fehlten rechtsstaatlich bzw. grundrechtlich gebotene Übergangs- und Ausgleichs­re­ge­lungen, ist der Verfas­sungs­ge­richtshof bereits in der Entscheidung vom 13. September 2011 zum Rauchverbot in Gaststätten eingegangen. Die Betreiber von Spielhallen durften sich ebenso wenig wie die Gastwirte darauf verlassen, dass die – durch das Änderungsgesetz vom 27. Juli 2009 zugelassenen und bereits vor dem Inkrafttreten sehr umstrittenen – Ausnahmen vom Rauchverbot für einen längeren Zeitraum fortbestehen und sich daher Aufwendungen zur Schaffung von Raucher­ne­ben­räumen amortisieren würden. Sie mussten sich auf eine mögliche erneute Verschärfung des Rauchverbots schon ab dem Tag (17. Juli 2009) einstellen, an dem der Gesetzentwurf des Volksbegehrens durch Einreichung des Zulas­sungs­antrags in das Verfahren der Volks­ge­setz­gebung formell „eingebracht“ war. Ihr Vertrauen auf die Dauerhaftigkeit der zehn Tage später erlassenen Ausnah­me­re­ge­lungen war daher von vornherein nur in geringem Maße schutzwürdig; es durfte gegenüber dem mit der Neuregelung verfolgten Ziel, einen sofort wirksamen lückenlosen Nicht­rau­cher­schutz zu gewährleisten, als nachrangig bewertet werden.

Fortfall „Innova­ti­o­ns­klausel“ ebenfalls nicht verfas­sungs­widrig

Ebenfalls kein Verfas­sungs­verstoß liegt im Fortfall der im vorherigen Gesund­heits­schutz­gesetz (Art. 5 Abs. 2 GSG) enthaltenen „Innova­ti­o­ns­klausel“, wonach durch Rechts­ver­ordnung Ausnahmen zugelassen werden konnten, wenn durch technische Vorkehrungen ein dem Rauchverbot vergleichbarer Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens geleistet werden konnte. In der dem Volksbegehren beigefügten Begründung wird dazu ausgeführt, so genannte technische Lösungen seien wenig praktikabel und mit einem hohen Wartungs- und damit Kontrollaufwand verbunden; sie wirkten zudem wettbe­wer­bs­ver­zerrend. Diese Erwägungen sind von der dem Gesetzgeber zustehenden Einschät­zungs­prä­ro­gative gedeckt. Er durfte insbesondere davon ausgehen, dass durch den Einbau von Lüftungsanlagen nicht dasselbe Schutzniveau erreicht werden kann wie durch ein Rauchverbot.

Quelle: Bayerischer Verfassungsgerichtshof/ra-online

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