Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss21.05.2011
Schülerbeförderung: Nicht immer ist auf Entfernung oder Zeitaufwand zum Erreichen einer Schule abzustellenLandkreis muss bei Organisation der Schülerbeförderungspflicht gesamte Schulzeit in den Blick nehmen
Ein Landkreis muss bei der Organisation seiner Schülerbeförderungspflicht regelmäßig nicht auf die Entfernung oder den Zeitaufwand zum Erreichen einer Schule abstellen, sondern muss zur Bestimmung des geringsten Beförderungsaufwands den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der anfallenden Fahrtkosten beachten. Dies geht aus einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hervor.
Im zugrunde liegenden Streitfall verlangten die Eltern eines damals zehn Jahre alten Schülers aus dem Landkreis München vom Landkreis die Übernahme der Beförderungskosten zu einem Gymnasium in einem angrenzenden Landkreis ab dem Schuljahr 2009/2010. Der Landkreis München lehnte dies mit der Begründung ab, die Monatskarte für Schüler des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds (MVV) zum Gymnasium in München sei kostengünstiger. Die Eltern beriefen sich demgegenüber darauf, dass ihr Kind das andere Gymnasium zumindest bis zum 14. Lebensjahr mit einer MVV-Streifenkarte, deren Kosten noch weit unter denen einer Monatskarte nach München lägen, erreichen könne. Nachdem bereits das Verwaltungsgericht München ihre Klage abgewiesen hatte, bleib diese auch in zweiter Instanz vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichthof erfolglos.
Entfernung oder Zeitaufwand zum Erreichen der Schule nicht immer entscheidend
Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass der Aufgabenträger zur Bestimmung des geringsten Beförderungsaufwands regelmäßig nicht auf die Entfernung oder den Zeitaufwand zum Erreichen der Schule abstellen müsse, sondern auf die von ihm unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit vorgenommene konkrete Organisation zur Durchführung der Beförderungspflicht und die in diesem Zusammenhang zu den einzelnen Schulen anfallenden Fahrtkosten. Dies entspreche der ständigen Rechtsprechung.
Bei Organisation der Schülerbeförderung ist auch Sicherung der Einzugsbereiche der jeweiligen Schulen zu berücksichtigen
Der Landkreis München erfülle im Zusammenwirken mit dem MVV seine gesetzliche Schülerbeförderungspflicht durch die EDV-gestützte Ausgabe von personalisierten MVV-Monatskarten. Eine Monatskarte über sechs Ringe zum Gymnasium im angrenzenden Landkreis sei teurer als eine über vier Ringe zum Gymnasium in München. Die Kläger könnten sich demgegenüber nicht darauf berufen, dass ihr Kind das andere Gymnasium mit MVV-Streifenkarten kostengünstiger erreichen könne als die Schule in München mit der Monatskarte. Denn bei der Organisation der Schülerbeförderung sei auch die Sicherung der Einzugsbereiche der jeweiligen Schulen zu berücksichtigen, weshalb der Landkreis nicht gehalten sei, eine Beförderung vom Wohnort an beliebig weit entfernte Schulen innerhalb des MVV-Tarifsystems zu gewährleisten.
Späterer Wechsel an andere Schule allein aus Kostenersparnisgründen voraussichtlich nicht zumutbar
Ferner sei die MVV-Streifenkarte in den angrenzenden Landkreis ab dem 14. Lebensjahr wesentlich teurer als die Monatskarte nach München. Da der Landkreis die Schülerbeförderung über das 14. Lebensjahr hinaus sicherzustellen habe, könne er bei der Organisation seiner Beförderungspflicht für Schüler nicht nur das einzelne Schuljahr, sondern ohne weiteres auch die gesamte Schulzeit in den Blick nehmen. Dem Schüler dürfte ein späterer Wechsel an eine andere Schule allein aus Kostenersparnisgründen nicht zumutbar sein. Dann aber wäre der Landkreis München gezwungen, die weitaus höheren Kosten der Beförderung mit der Monatskarte in den angrenzenden Landkreis zu tragen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.06.2011
Quelle: Landesanwaltschaft Bayern/ra-online