21.11.2024
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss02.07.2012

Protest­ver­an­staltung: Hungerstreik mit zugenähtem Mund zulässigZugenähte Münder sind Ausdruck kollektiver Meinungs­kundgabe und verletzen Dritte nicht unmittelbar

Die Teilnahme an einer Versammlung zum Thema „Asylrecht“, für die sich die Protestierenden die Münder als Ausdruck ihres verschärften Hungerstreiks zugenäht haben, ist zulässig. Dies entschied der Bayerische Verwal­tungs­ge­richtshof.

Im zugrunde liegenden Fall wurde die bereits seit März 2012 andauernde Versammlung für die Zeit vom 16. Juni bis zum 16. August 2012 neu angemeldet. Die Stadt Würzburg hat für diesen Zeitraum zahlreiche Versamm­lungs­be­schrän­kungen erlassen, die teilweise nun Gegenstand der gerichtlichen Verfahren beim Verwal­tungs­gericht Würzburg und beim Bayerischen Verwal­tungs­ge­richtshof wurden.

Teilnahmeverbot für selbst verstümmelte Personen rechtswidrig

In seiner Entscheidung hält der Bayerische Verwal­tungs­ge­richtshof das Teilnahmeverbot für Personen, die sich selbst verstümmeln, insbesondere sich die Münder zunähen, für rechtswidrig und bestätigt damit die Auffassung des Verwal­tungs­ge­richts. Das Zunähen sei auch Ausdruck kollektiver Meinungs­kundgabe, das im Übrigen Dritte nicht unmittelbar verletze. Dadurch könnten die Teilnehmer ihr Asylanliegen auch nicht zwangsweise gegenüber dem Staat mit Erfolg durchsetzen. Eine menschen­un­würdige „Schockkundgabe“ erkenne der Senat darin nicht.

Versamm­lungs­aus­schluss bei Verstoß gegen asylrechtliche Residenzpflicht gerechtfertigt

Personen, die durch die Teilnahme an der Versammlung gegen ihre asylrechtliche Residenzpflicht verstoßen, können jedoch nach Auffassung des Bayerischen Verwal­tungs­ge­richtshof von der Versammlung ausgeschlossen werden. Zunächst sei es nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber den Aufenthalt für Asylbewerber beschränke. Wer durch den Besuch an der Versammlung gegen die Residenzpflicht verstoße, begehe eine Ordnungs­wid­rigkeit und ggf. eine Straftat, sodass er auch von der Versammlung ausgeschlossen werden könne. Den Betroffenen sei es zuzumuten, im dafür vorgesehenen behördlichen Verfahren eine Erlaubnis zur Teilnahme an einer Versammlung zu beantragen.

Untersagung eines Mannschaftszelts für Versammlung rechtmäßig

Im Hinblick auf die Kundge­bungs­mittel wie Pavillons, Betten, Stühle und Tische hält der Bayerische Verwal­tungs­ge­richtshof an seiner bisherigen Rechts­auf­fassung fest. Im Ergebnis bleibt es bei der einver­nehm­lichen Lösung, die im vorangegangenen Verfahren in einer mündlichen Verhandlung gefunden wurde. Die Verfah­rens­be­tei­ligten hätten nichts vorgetragen, das eine Abkehr von den bisherigen Bestimmungen veranlasse. Die Untersagung eines Mannschaftszelts hält der Bayerische Verwal­tungs­ge­richtshof im Übrigen für rechtmäßig.

Quelle: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof/ra-online

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