18.10.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil21.01.2015

Verzögerter Straßenbau: Grund­stücks­eigen­tümer können bei vertraglich vereinbarten Erschlie­ßungs­kosten nicht zu Nachforderungen herangezogen werdenInfla­ti­o­ns­be­dingte Steigerung des Erschließungs­auf­wandes begründet keinen Anpas­sungs­an­spruch der Gemeinde

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass Grund­stücks­eigen­tümer, die sich mit der Gemeinde vertraglich über die von ihnen zu tragenden Erschlie­ßungs­kosten geeinigt haben, nicht für Mehrkosten herangezogen werden können, die im Wesentlichen infla­ti­o­ns­bedingt entstanden sind.

Die beklagte Stadt Menden (Sauerland) schloss Anfang der 1970er Jahre mit den Klägern sogenannte Ablösungs­verträge. Darin verpflichteten sich die Kläger, die auf ihre Baugrundstücke entfallenden anteiligen Erschlie­ßungs­kosten bereits vor Fertigstellung der Erschlie­ßungs­straße zu zahlen. Damit sollte der nach der endgültigen Herstellung der Straße an sich fällige Erschlie­ßungs­beitrag vollständig abgegolten sein.

Stadt zieht Grund­s­tücks­ei­gentümer zu weiteren Erschlie­ßungs­kosten heran

Die Kläger zahlten daraufhin an die beklagte Stadt Beträge zwischen 3.283 DM und 4.144 DM. Die Straße wurde jedoch erst 2007 fertiggestellt. Mittlerweile hatte sich der Erschlie­ßungs­aufwand von den ursprünglich veranschlagten 261.272 DM auf 407.172 Euro erhöht. Daraufhin zog die Beklagte die Kläger im Jahr 2012 - unter Anrechnung der in den 1970er Jahren geleisteten Zahlungen - zu Erschlie­ßungs­bei­trägen zwischen 4.069 Euro und 6.426 Euro heran. Sie berief sich hierbei auf ein Urteil des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts aus dem Jahr 1990, dem zufolge ein Nacher­he­bungsrecht besteht, wenn der auf das Grundstück entfallende Erschlie­ßungs­beitrag das Doppelte oder mehr als das Doppelte des vereinbarten Ablösungs­betrags ausmacht (sogenannte Missbil­li­gungs­grenze).

VG hebt angefochtene Erschlie­ßungs­bei­trags­be­scheide auf

Das Verwal­tungs­gericht Arnsberg gab den dagegen gerichteten Klagen der Grundstückseigentümer statt und hob die angefochtenen Erschlie­ßungs­bei­trags­be­scheide auf.

Rein preiss­tei­ge­rungs­be­dingtes Überschreiten der Missbil­li­gungs­grenze führen zu unangemessenen Ergebnissen zu Lasten des Bürgers

Die dagegen gerichteten Sprun­gre­vi­sionen der beklagten Stadt wies das Bundes­ver­wal­tungs­gericht zurück. An der Missbil­li­gungs­grenze hält das Bundes­ver­wal­tungs­gericht nicht fest. Die vorliegenden Fälle eines rein preiss­tei­ge­rungs­be­dingten Überschreitens dieser Grenze zeigen, dass diese zu unangemessenen Ergebnissen zu Lasten des Bürgers führen kann. Auch soweit aus anderen, nicht preiss­tei­ge­rungs­be­dingten Gründen in Einzelfällen ein nicht mehr tolerierbares Missverhältnis zwischen der Belastung eines Grundstücks mit Erschlie­ßungs­kosten und dem ihm vermittelten Vorteil bestehen sollte, bedarf es keiner absoluten Grenze. Den bundes­recht­lichen Vorgaben ist vielmehr nach den allgemeinen Grundsätzen über den Wegfall der Geschäfts­grundlage unter Abwägung aller sich im Zusammenhang mit Ablösungs­ver­trägen ergebenden Umstände und gegenläufigen Interessen Rechnung zu tragen. Eine Steigerung des Erschlie­ßungs­auf­wandes, die im Wesentlichen infla­ti­o­ns­bedingt ist, stellt danach ein ablösungs­ty­pisches Risiko dar und begründet keinen Anpas­sungs­an­spruch der Gemeinde.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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