23.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil27.04.2016

Sankti­o­ns­be­scheid gegen die FDP wegen "Möllemann-Spenden" überwiegend rechtmäßigSankti­o­ns­be­freiende Selbstanzeige der FDP kann nur für rechtswidrig angenommene Spenden im Jahr 1999 angenommen werden

Der Sankti­o­ns­be­scheid, mit dem der Präsident des Deutschen Bundestages die Bescheide über die Gewährung staatlicher Mittel an die Freie Demokratische Partei (FDP) für die Jahre 1997 bis 2001 sowie 2003 teilweise zurückgenommen und gegen die Partei Rückerstattungs- und Abführungs­verpflichtungen in Höhe von insgesamt rund 3,5 Mio. Euro festgesetzt hat, ist insoweit rechtswidrig, als er an Spendenvorgänge im Jahr 1999 anknüpft. In Bezug auf die Verstöße gegen parteien­finanzierungs­rechtliche Vorschriften in dem genannten Jahr liegen die Voraussetzungen einer sanktions­befreienden Selbstanzeige vor. Im Übrigen ist der Sankti­o­ns­be­scheid hingegen rechtmäßig. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­verwaltungs­gerichts hervor.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der beklagte Präsident des Deutschen Bundestages hatte den angefochtenen Rücknahme- und Erstat­tungs­be­scheid damit begründet, dass der Landesverband Nordrhein-Westfalen der FDP in den Jahren 1996 bis 2000 und 2002 Spenden von seinem damaligen Vorsitzenden Möllemann unter Verstoß gegen ein gesetzliches Spende­n­an­nah­me­verbot angenommen und mangels unverzüglicher Weiterleitung an den Präsidenten des Deutschen Bundestages rechtswidrig erlangt habe. Nach den anzuwendenden Vorschriften des Partei­en­ge­setzes verliere die Klägerin daher den Anspruch auf staatliche Mittel in Höhe des Zweifachen der rechtswidrig erlangten oder nicht den Vorschriften des Partei­en­ge­setzes entsprechend veröf­fent­lichten Beträge.

OVG nimmt sankti­o­ns­be­freiende Selbstanzeige der FDP nur für im Jahr 1999 erlangte Spenden an

In einem ersten Revisi­ons­ver­fahren hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht die Auffassung des Präsidenten des Deutschen Bundestages bestätigt, dass die Parteispenden gesetzwidrig angenommen worden sind (vgl. Bundes­ver­wal­tungs­gericht, Urteil v. 25.04.2013 - BVerwG 6 C 5.12 -). Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat jedoch angenommen, dass die Sanktionen nach einer 2002 in das Parteiengesetz eingefügten und auf zurückliegende Spendenfälle entsprechend anzuwendenden Regelung dann ausgeschlossen seien, wenn die Partei Rechtsverstöße zu einem Zeitpunkt angezeigt habe, in dem konkrete Anhaltspunkte für diese Verstöße außerhalb der Partei nicht bekannt gewesen seien, und sie den Sachverhalt umfassend offengelegt habe. Weil für die in den Jahren 1999, 2000 und 2002 erlangten Spenden Anhaltspunkte für derartige sankti­o­ns­be­freiende Aufklä­rungs­be­mü­hungen der Klägerin bestanden, vom Berufungs­gericht hierzu jedoch keine tatsächlichen Feststellungen getroffen waren, hatte das Bundes­ver­wal­tungs­gericht die Sache in diesem Umfang an das Oberver­wal­tungs­gericht Berlin- Brandenburg zurückverwiesen. Dieses hat in dem fortgesetzten Berufungs­ver­fahren eine sankti­o­ns­be­freiende Selbstanzeige der FDP nur für die im Jahr 1999, nicht jedoch auch für die in den Jahren 2000 und 2002 rechtswidrig erlangten Spenden angenommen.

BVerwG schließt Sankti­o­ns­be­freiung für in den Jahren 2000 und 2002 erlangten Spenden ebenfalls aus

Die gegen dieses Urteil eingelegte Revision der Klägerin hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht ebenso wie die Anschluss­re­vision des beklagten Präsidenten des Deutschen Bundestages zurückgewiesen. Zwar hat die Klägerin, nachdem sie Kenntnis von der Unzulässigkeit der Spenden erlangt hatte, dies dem Präsidenten des Deutschen Bundestages jeweils ohne schuldhaftes Zögern den gesetzlichen Anforderungen entsprechend angezeigt. Hinsichtlich der in den Jahren 2000 und 2002 erlangten Spenden war die Sankti­o­ns­be­freiung jedoch gleichwohl ausgeschlossen, weil die Anzeige nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberver­wal­tungs­ge­richts erst zu einem Zeitpunkt erfolgt war, in dem konkrete Anhaltspunkte für die von der Klägerin bezeichneten Unrichtigkeiten aufgrund von Presseberichten bereits öffentlich bekannt waren.

Medienberichte führen zum Ausschluss der Sankti­o­ns­be­freiung

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Auffassung des Oberver­wal­tungs­ge­richts bestätigt, dass an den Inhalt der Medienberichte, die zum Ausschluss der Sankti­o­ns­be­freiung führen, keine höheren Maßstäbe anzulegen sind, als sie für die Anzeige selbst gelten. Es ist daher keine lückenlose und abschließende Darstellung des maßgeblichen Gesche­hens­ablaufs erforderlich, sondern es genügt, dass ein solcher Bericht hinreichend aussagekräftige und belastbare Tatsachen enthält, um von der begründeten Möglichkeit eines Rechtsverstoßes auszugehen. Die Sankti­o­ns­be­frei­ungs­re­gelung dient dem öffentlichen Interesse, möglichst schnell die verfas­sungs­rechtlich geforderte Transparenz in Bezug auf die Herkunft und Verwendung der Mittel der Partei wieder herzustellen. Diesem Interesse wird im Hinblick auf die eigene Prüfungspflicht des Bundes­tags­prä­si­denten jedoch bereits dadurch erschöpfend Rechnung getragen, dass Medienberichte Anhaltspunkte für Rechtsverstöße der Partei verbreiten, die so konkret sind, dass sie die Einleitung eines behördlichen Prüfungs­ver­fahrens unausweichlich machen. Die Anzeige der Partei kann in einem solchen Fall ihre Anstoßfunktion nicht mehr erfüllen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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