21.11.2024
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Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.
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Bundesverwaltungsgericht Urteil27.05.2010

Kein Anspruch auf Einbürgerung nach Ermessen ohne Kenntnisse der deutschen SchriftspracheAuch bei Analphabeten kann Einbürgerung abgelehnt werden

Auch nach den Änderungen des Staats­an­ge­hö­rig­keits­ge­setzes (StAG) seit 1999 kann eine Einbürgerung nach Ermessen (gemäß § 8 StAG1) abgelehnt werden, wenn der Ausländer Deutsch nicht lesen kann. Dies gilt auch für Analphabeten, die nicht infolge einer Krankheit oder Behinderung nicht lesen können und auch in ihrer Muttersprache keine Kenntnisse der Schriftsprache haben. Dies entschied das Bundes­ver­wal­tungs­gericht.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls ist im Jahre 1970 in der Türkei geboren. Er reiste 1989 mit seiner Ehefrau in das Bundesgebiet ein und ist als Asylbe­rech­tigter anerkannt. Er ist Analphabet. Seit 1995 ist er im Besitz eines unbefristeten Aufent­halt­s­titels. Die Beklagte lehnte den im Jahr 2002 gestellten Einbür­ge­rungs­antrag ab, weil der Kläger Deutsch nicht lesen und schreiben könne.

Kenntnis der deutschen Schriftsprache kann hohe, ausschlag­gebende Bedeutung beigemessen werden

Das Verwal­tungs­gericht Karlsruhe hat die Beklagte zur Einbürgerung verpflichtet. Dem Kläger könne die Nichterfüllung der Sprachan­for­de­rungen bei einer Gesamtschau seiner persönlichen Situation und seiner bisherigen Integra­ti­o­ns­leis­tungen im Rahmen der Ermes­sen­s­ein­bür­gerung nicht entge­gen­ge­halten werden. Der Verwal­tungs­ge­richtshof Mannheim hat die Klage abgewiesen, weil es nicht ermes­sens­feh­lerhaft sei, der Kenntnis der deutschen Schriftsprache eine sehr hohe, hier ausschlag­gebende Bedeutung beizumessen.

Kläger unternahm keine zumutbaren Anstrengungen zum Erwerb von Mindest­kennt­nissen der Schriftsprache

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richtshofs bestätigt und die Revision des Klägers zurückgewiesen. Es ist davon ausgegangen, dass der Kläger als Analphabet weder nach der früheren noch nach der derzeitigen Rechtslage (nach § 10 Abs. 1 Nr. 6 StAG2) einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung hat. Die danach allein in Betracht kommende, von der Beklagten ebenfalls abgelehnte Ermes­sen­s­ein­bür­gerung (nach § 8 StAG) ist von den Verwal­tungs­ge­richten nur auf Ermessensfehler zu überprüfen. Hierzu hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht ausgeführt, dass die Einbür­ge­rungs­behörde mit erheblichem Gewicht berücksichtigen darf, wenn ein Einbür­ge­rungs­be­werber nicht lesen kann. Sie ist daher auch bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen zu einer Ermes­sen­s­ein­bür­gerung nicht verpflichtet, wenn der Analphabetismus - wie hier beim Kläger - nicht krankheits- oder behin­de­rungs­bedingt ist und auch keine sonstigen besonderen Härtegründe vorliegen. In solchen Fällen ist es nicht ermes­sens­feh­lerhaft, die Einbürgerung abzulehnen. Die Beklagte durfte dem Kläger auch entgegenhalten, dass er keine ihm zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, um Mindest­kenntnisse der Schriftsprache zu erwerben. Allerdings kann die Behörde bei fehlenden Kenntnissen nur der Schriftsprache im Einzelfall rechtmäßig auch anders entscheiden und nach ihr vorbehaltenen Zweck­mä­ßig­keits­er­wä­gungen eine Einbürgerung gewähren, etwa wenn andere beachtliche Integra­ti­o­ns­leis­tungen vorliegen. Ein einklagbarer Anspruch hierauf besteht jedoch nicht.

Quelle: ra-online, Bundesverwaltungsgericht

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