18.10.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil19.07.2012

Anspruch auf Beihilfe besteht auch ohne Abschluss einer Kranken­ver­si­cherungVorschrift über vollständigen Ausschluss des Beihil­fean­spruchs bei fehlender Kranken­ver­si­cherung unwirksam

Der vollständige Ausschluss des Beihil­fean­spruchs im Land Berlin, der an den fehlenden Nachweis eines Kranken­ver­si­che­rungs­schutzes anknüpft, ist unwirksam. Dies entschied das Bundes­ver­wal­tungs­gericht.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls ist Beamter im Dienst des Landes Berlin. Er stellte im Jahr 2009 drei Anträge auf Gewährung von Beihilfe zu den Kosten für ärztliche und zahnärztliche Leistungen sowie ärztlich verordnete Arzneimittel. Der Beklagte lehnte die Anträge ab, weil der Kläger nicht - wie dies seit dem 1. Januar 2009 Pflicht sei - eine Krankenversicherung abgeschlossen habe. Das Verwal­tungs­gericht hat der Klage auf Gewährung von Beihilfe stattgegeben.

Auf Ablehnung der Gewährung von Beihilfe gestützte Verordnung ist unwirksam

Die hiergegen gerichtete Revision des Landes Berlin hatte keinen Erfolg. Die Ablehnung der Gewährung von Beihilfe in dem in Rede stehenden Zeitraum kann nicht auf die vom Landes­be­am­ten­gesetz (§ 44 Abs. 1 LBG vom 19. Mai 2003* bzw. Art. XIII § 5 Dienst­recht­s­än­de­rungs­gesetz vom 19. März 2009**) in Bezug genommene und damit in das Landesrecht eingegliederte Regelung des § 10 Abs. 2 der Bundes­bei­hil­fe­ver­ordnung (BBhV)*** gestützt werden. Die Vorschrift bestimmt zwar, dass Anspruch auf Beihilfe nur hat, wer seinen Kranken­ver­si­che­rungs­schutz und den seiner berück­sich­ti­gungs­fähigen Angehörigen nachweist. Sie ist aber unwirksam. Die Einführung des Beihil­fe­aus­schlusses für Beamte, die nicht kranken­ver­sichert sind, stellt eine „wesentliche“ Entscheidung dar, die vom parla­men­ta­rischen Gesetzgeber getroffen werden muss. Denn der Beihilfeausschluss berührt die tragenden Struk­tur­prin­zipien des gegenwärtig praktizierten Mischsystems aus privat finanzierter Vorsorge und ergänzenden Beihilfen. Zudem wirkt er sich für den Betroffenen besonders einschneidend aus.

Landes­be­am­ten­gesetz muss Verord­nungs­er­mäch­tigung enthalten, die Leistungs­aus­schluss inhaltlich deckt

Zwar kann der Gesetzgeber der Notwendigkeit einer von ihm zu verantwortenden Entscheidung grundsätzlich auch dadurch Rechnung tragen, dass er den Beihhil­fe­au­schluss durch Landes­ver­ordnung regelt. Dann muss das Landes­be­am­ten­gesetz aber eine Verord­nungs­er­mäch­tigung enthalten, die den konkreten Leistungs­aus­schluss inhaltlich deckt. Jedenfalls daran fehlt es hier. Die in dem streit­ge­gen­ständ­lichen Zeitraum bestehenden landes­ge­setz­lichen Verord­nungs­er­mäch­ti­gungen tragen die Beschränkung der Leistungs­ge­währung auf Beamte, die für sich und ihre berück­sich­ti­gungs­fähigen Angehörigen einen Kranken­ver­si­che­rungs­schutz nachweisen, nicht.

* § 44 Abs. 1 LBG vom 19. Mai 2003 lautet:

Erläuterungen
Die Beamten und Versor­gungs­emp­fänger erhalten Beihilfen nach den für die unmittelbaren Bundesbeamten und Versor­gungs­emp­fänger des Bundes für die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen jeweils geltenden Vorschriften (Beihil­fe­vor­schriften) nach Maßgabe der Absätze 2 bis 8.

**Art. XIII § 5 Dienst­recht­s­än­de­rungs­gesetz vom 19. März 2009 lautet:

Bis zum Inkrafttreten der Beihil­fe­ver­ordnung des Landes Berlin gemäß § 76 Abs. 11 des Landes­be­am­ten­ge­setzes finden die für die unmittelbaren Bundes­be­am­tinnen und unmittelbaren Bundesbeamten sowie Versor­gungs­emp­fän­ge­rinnen und Versor­gungs­emp­fänger des Bundes für die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen jeweils geltenden Vorschriften nach Maßgabe des § 76 Abs. 1 bis 10 des Landes­be­am­ten­ge­setzes in der seit Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung Anwendung.

***§ 10 Abs. 2 BBhV lautet:

Anspruch auf Beihilfe hat nur, wer seinen Kranken­ver­si­che­rungs­schutz und den seiner berück­sich­ti­gungs­fähigen Angehörigen einschließlich abgeschlossener Wahltarife nach § 53 des Fünften Buches Sozial­ge­setzbuch nachweist.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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