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Bundesverwaltungsgericht Urteil27.03.2014
Unzulässige Straßenplanung im faktischen Vogelschutzgebiet kann nicht durch nachträgliche Gebietsmeldung "geheilt" werdenBVerwG erklärt Bebauungsplan für Ortsumgehungsstraße für unwirksam
Ein Bebauungsplan für eine Ortsumgehungsstraße, der die Straßentrasse in einem faktischen Vogelschutzgebiet festsetzt und damit gegen das Beeinträchtigungsverbot der europäischen Vogelschutzrichtlinie (V-RL) verstößt, wird nicht dadurch nachträglich "geheilt", dass das Land nach Abschluss der Planung ein Vogelschutzgebiet an die EU-Kommission meldet, das an die Straßentrasse heranreicht, diese aber nicht in das Schutzgebiet einbezieht. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hervor.
Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist der Bebauungsplan Nr. 67 „Kommunale Entlastungsstraße Bensersiel“ der Stadt Esens. Der Antragsteller ist Eigentümer einer landwirtschaftlichen Hofstelle im Westen von Esens mit etwa 70 ha zusammenhängender, bislang verpachteter landwirtschaftlicher Fläche, die durch die mittlerweile fertig gestellte Umgehungsstraße durchschnitten wird.
Nachgemeldetes Vogelschutzgebiet wurde in fachlich unvertretbarer Weise abgegrenzt
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hatte den Normenkontrollantrag des Antragstellers abgelehnt, weil die „an sich“ unzulässige Planung durch die Gebietsnachmeldung „nachträglich als von vornherein plausibel bestätigt“ worden sei. Auf die Beschwerde des Antragstellers hat das Bundesverwaltungsgericht die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Den mit dem Bebauungsplan Nr. 67 im Wesentlichen inhaltsgleichen Nachfolge-Bebauungsplan Nr. 72 hat das Oberverwaltungsgericht mittlerweile für unwirksam erklärt, weil das nachgemeldete Vogelschutzgebiet in fachlich unvertretbarer Weise abgegrenzt worden sei. Dieses Urteil ist rechtskräftig.
BVerwG verneint Möglichkeit einer nachträglichen "Heilung" des Bebauungsplans
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Möglichkeit einer nachträglichen „Heilung“ des Bebauungsplans Nr. 67 verneint. Faktische Vogelschutzgebiete umfassen Lebensräume und Habitate, die für sich betrachtet in signifikanter Weise zur Arterhaltung in dem betreffenden Mitgliedstaat beitragen und damit zum Kreis der im Sinne des Art. 4 der V-RL „geeignetsten“ und als Schutzgebiete auszuweisenden Gebiete gehören. Bei der Abgrenzung faktischer Vogelschutzgebiete sind die so genannten IBA-Verzeichnisse (Important Bird Areas/Bedeutende Vogelschutzgebiete) ein bedeutsames Erkenntnismittel. Ihre Indizwirkung kann nur entkräftet werden, wenn der Mitgliedstaat wissenschaftliche Beweise dafür vorlegt, dass die Verpflichtungen aus der V-RL durch andere als die in diesem Verzeichnis aufgeführten Gebiete erfüllt werden können. Mit der Nachmeldung eines Gebiets, dessen Abgrenzung bereits dann nicht zu beanstanden ist, wenn sie fachwissenschaftlich „vertretbar“ ist, ist dieser Gegenbeweis nicht erbracht. Der Bebauungsplan Nr. 67 „Kommunale Entlastungsstraße Bensersiel“ der Stadt Esens ist daher unwirksam.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 28.03.2014
Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online
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