15.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Beschluss19.08.2010

Rückwirkende Herabsetzung eines Ruhege­halts­an­spruchs verfas­sungs­widrigMinde­stru­he­gehalt kann keine Grundlage einer vorübergehenden Erhöhung sein

Die rückwirkende Aufhebung der Regelung zur vorübergehenden Erhöhung des Ruhegehalts auf der Grundlage des Minde­stru­he­ge­halts­satzes ist verfas­sungs­widrig. Dies hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht entschieden.

Die Rückwir­kungs­a­n­ordnung verletzt die verfas­sungs­rechtlich gewährleisteten Grundsätze des Rückwir­kungs­verbots und des Vertrau­ens­schutzes, die Versor­gungs­emp­fänger vor nachträglichen und sachlich nicht begründeten Kürzungen ihrer Versor­gungs­ansprüche bewahren sollen. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat deshalb das Verfahren ausgesetzt, um die Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts zur Verfas­sungs­mä­ßigkeit der Regelung einzuholen.

Hintergrund

Mit Urteil vom 23. Juni 2005 - BVerwG 2 C 25.04 -, ebenso Urteil vom 12. November 2009 - BVerwG 2 C 29.08-, hatte das Bundes­ver­wal­tungs­gericht entschieden, dass gemäß § 14 a Abs. 1 des Beamten­ver­sor­gungs­ge­setzes (BeamtVG) auch der so genannte amtsbezogene Mindestruhegehaltssatz von 35 % (§ 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG) auf Antrag vorübergehend zu erhöhen ist. § 14 Abs. 1 BeamtVG wurde durch das Dienst­rechts­neu­ord­nungs­gesetz vom 5. Februar 2009 dahin geändert, dass der amtsbezogene Minde­stru­he­ge­haltssatz nicht mehr Grundlage einer vorübergehenden Erhöhung sein kann. Die Änderung wurde rückwirkend ab 24. Juni 2005 in Kraft gesetzt.

Erhöhung des Ruhege­halts­satzes für Beamte die vor Regel­al­ters­grenze in den Ruhestand treten

Die vorübergehende Erhöhung des Ruhege­halts­satzes nach § 14 a Abs. 1 BeamtVG gilt für Beamte, die vor Erreichen der gesetzlichen Regel­al­ters­grenze in den Ruhestand treten, einen bestimmten Ruhegehaltssatz infolge später Verbeamtung noch nicht erreicht haben und die Auszahlung der von ihnen erworbenen Ansprüche aus der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung erst mit Vollendung des gesetzlichen Regelalters verlangen können. Die Regelung war 1985 in das Beamten­ver­sor­gungs­gesetz eingefügt worden, um Einschränkungen im Recht der Renten­ver­si­cherung durch das Hauhalts­be­gleit­gesetz vom 22. Dezember 1983 für die vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Ruhestand tretenden Beamten entge­gen­zu­wirken.

Oberver­wal­tungs­gericht weist nach Geset­ze­s­än­derung Klage ab

Der Kläger war Bundes­grenz­schutz­beamter. Er trat nach Vollendung seines 60. Lebensjahres am 01.03.2008 in den Ruhestand. Sein Ruhegehaltssatz von 32,64 % lag unterhalb des gesetzlichen Minde­stru­he­ge­halts­satzes. Der Versor­gungs­behörde erhöhte nur den nach der Dienstzeit berechneten Ruhegehaltssatz (§ 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG) vorübergehend auf 57,22 %. Eine vorübergehende Erhöhung auf der Grundlage des amtsbezogenen Minde­stru­he­ge­halts­satzes lehnte sie ab. Diese hätte beim Kläger zu einer Erhöhung des monatlichen Ruhegehalts um rund 70,- Euro und damit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres zu einem insgesamt um fast 4.200,- Euro höheren Ruhegehalt geführt. Das Verwal­tungs­gericht gab der Klage statt, das Oberver­wal­tungs­gericht wies sie nach der Geset­ze­s­än­derung ab. Über die Verfas­sungs­mä­ßigkeit der Anordnung der Rückwirkung dieser Geset­ze­s­än­derung wird das Bundes­ver­fas­sungs­gericht zu entscheiden haben.

Erläuterungen

§ 14 a Abs. 1 BeamtVG n. F.:

Der nach § 14 Abs. 1, § 36 Abs. 3 Satz 1, § 66 Abs. 2 und § 85 Abs. 4 berechnete Ruhegehaltssatz erhöht sich vorübergehend, wenn der Beamte vor Erreichen der Regel­al­ters­grenze nach § 51 Abs. 1 und 2 des Bundes­be­am­ten­ge­setzes in den Ruhestand getreten ist und ...

§ 14 a Abs. 1 BeamtVG a.F.:

Der nach den sonstigen Vorschriften berechnete Ruhegehaltssatz erhöht sich vorübergehend, wenn der Beamte vor der Vollendung des fünfund­sech­zigstens Lebensjahres in den Ruhestand getreten ist und ...

§ 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG:

das Ruhegehalt beträgt jedes Jahr ruhege­halt­fähiger Dienstzeit 1,79375 vom Hundert der ruhege­halt­fähigen Dienstbezüge (§ 5), insgesamt jedoch höchstens 71,75 vom Hundert.

§ 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG

Das Ruhegehalt beträgt mindestens fünfunddreißig vom Hundert der ruhege­halt­fähigen Dienstbezüge (§ 5).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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