15.11.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss20.06.2006

Versor­gungs­ab­schlag bei vorzeitiger Versetzung eines Beamten in den Ruhestand ist verfas­sungsgemäßKein Verstoß gegen die Grundsätze des Berufs­be­am­tentums

Tritt ein Beamter vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze von 65 Jahren auf seinen Antrag hin in den Ruhestand, so vermindert sich nach der im Jahr 1990 in Kraft getretenen Regelung des § 14 Abs. 3 Beamten­ver­sor­gungs­gesetz das Ruhegehalt um einen Versor­gungs­ab­schlag.

Der Versor­gungs­ab­schlag beträgt für jedes volle Jahr, um das der Beamte vorzeitig in den Ruhestand tritt, 3,6 v.H. Der Gesetzgeber begründete die Neuregelung mit den zunehmenden Belastungen der Versor­gungs­haushalte durch die steigende Lebenserwartung und das niedrige Pensi­o­nie­rung­salter.

Der Beschwer­de­führer trat mit Vollendung des 62. Lebensjahres auf eigenen Antrag im August 1999 in den Ruhestand. Sein monatliches Ruhegehalt von rund 5.600 DM wurde um einen Versor­gungs­ab­schlag von 201,11 DM gemindert. Hiergegen eingelegte Rechtsmittel blieben vor den Verwal­tungs­ge­richten ohne Erfolg. Seine Verfas­sungs­be­schwerde wurde vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht nicht zur Entscheidung angenommen.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

1. Die durch den Versor­gungs­ab­schlag bewirkte Kürzung der Versor­gungs­bezüge ist im Hinblick auf die hergebrachten Grundsätze des Berufs­be­am­tentums nicht zu beanstanden.

Ungeachtet des Versor­gungs­ab­schlags bleibt die Länge der Dienstzeit Berech­nungs­grundlage der Versor­gungs­bezüge. Soweit der Beschwer­de­führer berücksichtigt wissen möchte, dass er bereits mehr als 40 Dienstjahre abgeleistet hat, verkennt er, dass das Alimen­ta­ti­o­ns­prinzip nicht im synal­lag­ma­tischen Verhältnis zu einer in Jahren bemessenen Dienstzeit steht, sondern dazu, dass der Beamte sein ganzes Arbeitsleben bis zum Erreichen der vom Gesetzgeber festgelegten Altersgrenze in den Dienst des Staates gestellt hat. Dagegen, dass die Versor­gungs­leis­tungen in einem angemessenen Abstand hinter dem aktiven Arbeits­ein­kommen zurückbleiben, und folglich auch gegen die Festlegung eines Versor­gungs­höchst­satzes bestehen keine verfas­sungs­recht­lichen Bedenken. Nach welcher Dauer des Dienst­ver­hält­nisses der Beamte diesen Höchstsatz erreicht, betrifft lediglich die – einfach­rechtliche – rechnerische Ausgestaltung des Versor­gungs­rechts. Der Gesetzgeber ist nicht daran gehindert, einem vorzeitigen Ausscheiden des Beamten durch eine Verminderung des Ruhegehalts Rechnung zu tragen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das vorzeitige Ausscheiden des Beamten nicht dem Verant­wor­tungs­bereich des Dienstherrn zuzurechnen ist.

Die Kürzung der Versor­gungs­bezüge ist auch sonst nicht zu beanstanden. Art. 33 Abs. 5 GG garantiert nicht die unverminderte Höhe der Bezüge. Der Gesetzgeber darf sie vielmehr kürzen, wenn dies aus sachlichen, im System der Alters­ver­sorgung liegenden Gründen gerechtfertigt ist. Derartige systemimmanente Gründe können darin liegen, dass das Versor­gungsrecht Frühpen­si­o­nie­rungen dadurch begünstigt, dass der Höchstru­he­ge­haltssatz bereits mehrere Jahre vor der gesetzlichen Altergrenze erreicht wird. Die mit dem vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand verbundenen Belastungen der Staatsfinanzen rechtfertigen deshalb Einschnitte in die Beamten­ver­sorgung mit dem Ziel, das tatsächliche Pensi­o­nie­rung­salter anzuheben und die Zusatzkosten dadurch zu indivi­du­a­li­sieren, dass die Pension des Beamten um einen Abschlag gekürzt wird.

2. § 14 Abs. 3 BeamtVG verstößt auch nicht gegen den rechts­s­taat­lichen Grundsatz des Vertrau­ens­schutzes. Das Vertrauen des Beschwer­de­führers in den Fortbestand der bisherigen günstigen Rechtslage ist nicht generell schutzwürdiger als das öffentliche Interesse an ihrer Änderung. Die Einführung des Versor­gungs­ab­schlags wie auch deren Vorziehen tragen dem drastischen Anwachsen der Versor­gungs­zah­lungen Rechnung. Sie wirken dem Anreiz zu einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem aktiven Dienst entgegen. Diese Maßnahmen führen bei dem Beschwer­de­führer nicht zu unzumutbaren Belastungen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es der Beschwer­de­führer selbst in der Hand hatte, eine Minderung der Versorgung dadurch zu vermeiden, dass er bis zum Erreichen der Regel­al­ters­grenze im aktiven Dienst verblieb.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 74/06 des BVerfG vom 15.08.2006

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