15.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil14.06.2016

Bürgerbegehren zum Ausstieg der Landes­hauptstadt Stuttgart aus dem Projekt "Stuttgart 21" unzulässigMitfinanzierung des Projekts "Stuttgart 21" durch die Landes­hauptstadt verstößt nicht gegen Verfas­sungsrecht

Die Mitfinanzierung des Projekts "Stuttgart 21" durch die Landes­hauptstadt Stuttgart verstößt nicht gegen Verfas­sungsrecht. Das Bürgerbegehren, mit dem ein Bürgerentscheid über den Ausstieg der Landes­hauptstadt aus ihren vertraglichen Finanzierungs­verpflichtungen erreicht werden sollte, ist daher unzulässig. Dies entschied das Bundes­verwaltungs­gericht.

Die Landes­hauptstadt Stuttgart ist über mehrere zwischen 1995 und 2009 geschlossene Verträge der Projektpartner an der Zusammenarbeit und Finanzierung von "Stuttgart 21" beteiligt. Im Jahr 2011 beantragten die Kläger als Vertrauensleute eines von mehr als 35.000 Stuttgartern unterzeichneten Bürgerbegehrens die Durchführung eines Bürge­r­ent­scheids "Ausstieg der Stadt aus dem Projekt Stuttgart 21". Dadurch sollte erreicht werden, dass die Stadt sich gegenüber ihren Projektpartnern auf die Verfas­sungs­wid­rigkeit der Mitfinanzierung beruft und weitere Zahlungen zum Projekt unterlässt. Der Gemeinderat der Landes­hauptstadt lehnte die Zulassung des Bürgerbegehrens ab, weil es auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet sei. Die Verträge sähen kein einseitiges Recht auf Kündigung oder sonstige Beendigung der Finan­zie­rungs­pflichten vor. Sie seien auch nicht wegen Verstoßes gegen das Verbot der Misch­fi­nan­zierung aus Art. 104a Abs.1 GG nichtig. Die Klage der Vertrauensleute des Bürgerbegehrens hiergegen wurde in erster und zweiter Instanz abgewiesen.

Beteiligung des Landes und der Stadt an Finanzierung des Schie­nen­we­ge­bau­projekts stellt keine unzulässige Mitfinanzierung fremder öffentlicher Aufgaben dar

Die Revisionen der Kläger blieben ohne Erfolg. Die Mitfinanzierung des von drei Tochter­un­ter­nehmen der DB AG getragenen Projekts "Stuttgart 21" durch die Stadt Stuttgart - und andere baden-württem­ber­gische Projektpartner - ist nicht an dem Gebot der Konnexität von öffentlichen Aufgaben und Ausgaben aus Art. 104a Abs. 1 GG zu messen. Der Bau von Schienenwegen und damit zusammenhängend von Bahnhöfen ist seit der Privatisierung der Eisenbahnen des Bundes nicht mehr Verwal­tungs­aufgabe des Bundes, sondern obliegt nach Art. 87e Abs. 3 GG den privatisierten Eisen­bah­nin­fra­s­truk­tur­un­ter­nehmen ausdrücklich "als Wirtschafts­un­ter­nehmen". Der Bund nimmt die ihm nach Art. 87e Abs. 4 GG verbleibende Gewähr­leis­tungs­ver­ant­wortung für den Schienenbau durch Maßnahmen der Finanzierung, der Steuerung und Beaufsichtigung dieser Unternehmen wahr. Die Beteiligung des Landes und der beklagten Stadt an der Finanzierung des Schie­nen­we­ge­bau­projekts stellt deshalb keine unzulässige Mitfinanzierung fremder öffentlicher Aufgaben nach Art. 104a Abs. 1 GG dar. Damit entfällt ein auf diese Verfassungsnorm gestützter Nichtig­keitsgrund für den Finan­zie­rungs­vertrag zu "Stuttgart 21".

Art. 87e GG

Erläuterungen
(1) 1 Die Eisen­bahn­ver­kehrs­ver­waltung für Eisenbahnen des Bundes wird in bundeseigener Verwaltung geführt. 2 Durch Bundesgesetz können Aufgaben der Eisen­bahn­ver­kehrs­ver­waltung den Ländern als eigene Angelegenheit übertragen werden.

[...]

(3) 1 Eisenbahnen des Bundes werden als Wirtschafts­un­ter­nehmen in privat-rechtlicher Form geführt. 2 Diese stehen im Eigentum des Bundes, soweit die Tätigkeit des Wirtschafts­un­ter­nehmens den Bau, die Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegen umfasst. 3 Die Veräußerung von Anteilen des Bundes an den Unternehmen nach Satz 2 erfolgt auf Grund eines Gesetzes; die Mehrheit der Anteile an diesen Unternehmen verbleibt beim Bund. 4 Das Nähere wird durch Bundesgesetz geregelt.

(4) 1 Der Bund gewährleistet, dass dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrs­be­dürf­nissen, beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes sowie bei deren Verkehr­s­an­geboten auf diesem Schienennetz, soweit diese nicht den Schie­nen­per­so­nen­nah­verkehr betreffen, Rechnung getragen wird. 2 Das Nähere wird durch Bundesgesetz geregelt.

(5) 1 Gesetze auf Grund der Absätze 1 bis 4 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. 2 Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen ferner Gesetze, die die Auflösung, die Verschmelzung und die Aufspaltung von Eisen­bahn­un­ter­nehmen des Bundes, die Übertragung von Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes an Dritte sowie die Stilllegung von Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes regeln oder Auswirkungen auf den Schie­nen­per­so­nen­nah­verkehr haben.

Art. 104a GG

(1) Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt.

[...]

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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