21.11.2024
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Bundesverfassungsgericht Urteil05.11.2014

Luftver­kehr­s­steuer ist verfas­sungsgemäßBesteuerung des Passa­gier­luft­verkehrs verletzt weder Berufsfreiheit der Luftver­kehrs­un­ter­nehmen noch Berufsfreiheit der Passagiere

Das Luft­verkehrs­steuer­gesetz ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Dies entschied das Bundes­verfassungs­gericht. Die Erhebung und Ausgestaltung der in die Gesetz­gebungs­kompetenz des Bundes fallenden Steuer verstößt nicht gegen das Gleich­heitsgebot. Sie verletzt auch nicht die Berufsfreiheit der Luft­verkehrs­unter­nehmen und der Passagiere.

Das Luftver­kehr­s­steu­er­gesetz begründet eine Steuerpflicht für die in Deutschland ab dem 1. Januar 2011 startenden Abflüge von Fluggästen, die von einem gewerblichen Luftver­kehrs­un­ter­nehmen transportiert werden, nicht aber für private Flüge und Frachtflüge. Von der Besteuerung ausgenommen sind ferner Flüge zu hoheitlichen, militärischen und medizinischen Zwecken, Versor­gungsflüge von und zu Nordseeinseln sowie Transit- und Transferflüge. Neben der Erzielung von Einnahmen in Höhe von einer Milliarde Euro jährlich soll die Abgabe nach der Geset­zes­be­gründung lenkend wirken, indem sie Anreize für ein umwelt­ge­rechteres Verhalten im Bereich des Flugverkehrs setzt. Die Regierung des Landes Rheinland-Pfalz hat das Luftver­kehr­s­teu­er­gesetz im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle zur Prüfung gestellt.

Angegriffene Normen des Luftver­kehr­s­steu­er­ge­setzes sind verfas­sungsgemäß

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschied, dass die mit der Normenkontrolle der Sache nach angegriffenen Normen des Luftver­kehr­s­steu­er­ge­setzes verfassungsgemäß sind. Die Gesetz­ge­bungs­kom­petenz des Bundes für den Erlass des Luftver­kehr­s­steu­er­ge­setzes folgt aus Art. 105 Abs. 2 Alt. 1 GG in Verbindung mit Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG. Bei der Luftver­kehr­steuer handelt es sich um eine in die Zuständigkeit des Bundes fallende sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuer im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG. Der Begriff des Verkehrsmittels umfasst neben demjenigen des Straßenverkehrs auch solche des Schiffs-, Bahn- und Flugverkehrs.

Rechts­ver­ordnung zur jährlichen Absenkung der Steuer ausreichend

Die Ermächtigung des Bundes­mi­nis­teriums der Finanzen in § 11 Abs. 2 LuftVStG, durch Rechts­ver­ordnung die Steuersätze jeweils mit Wirkung zu Beginn eines Kalenderjahres unter Berück­sich­tigung der Vorjah­res­ein­nahmen aus dem Handel mit Treib­h­aus­ga­s­e­mis­si­ons­zer­ti­fikaten prozentual abzusenken, genügt den Anforderungen, die das Grundgesetz an eine gesetzliche Ermächtigung der Exekutive zum Erlass von Rechts­ver­ord­nungen im Bereich des Steuerrechts stellt. Sie räumt dem Verord­nungsgeber keine Entscheidung über das „Ob“ oder das „Wie“ der Senkung der Luftver­kehr­s­steuer ein, sondern überlässt ihm nur die jährlich obligatorische Neuberechnung der Steuersätze nach genau bestimmten Vorgaben.

Zur Überprüfung gestellte Vorschriften sind mit Gleichheitssatz vereinbar

Die zur verfas­sungs­recht­lichen Überprüfung gestellten Vorschriften sind hinsichtlich der Auswahl des Steuer­ge­gen­standes, der steuerlichen Privi­le­gie­rungen und der Ausgestaltung des Steuertarifs mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

Steuer­ge­genstand wurde mit Belastung von gewerblichen Passagierflügen in verfas­sungs­gemäßer Weise gewählt

Mit der Belastung von gewerblichen Passagierflügen hat der Gesetzgeber den Steuer­ge­genstand in verfas­sungs­gemäßer Weise gewählt. Der Gesetzgeber war nicht aus Gleich­heits­gründen gehalten, zugleich auch den privaten Flugverkehr und Frachtflüge mit der Luftver­kehr­s­steuer zu belegen. Wegen seines weitgehenden, demokratisch legitimierten Spielraums bei der Auswahl von Steuer­ge­gen­ständen wird der Gesetzgeber vom Gleichheitssatz nicht gezwungen, nach einer einmal getroffenen Entscheidung für ein bestimmtes Steuerobjekt zugleich auch alle ähnlichen, für den Steuerzweck ebenfalls geeigneten Steuerobjekte in die Belastung einzubeziehen. Erst nachdem der Steuer­ge­genstand ausgewählt ist, unterliegt der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Steuergesetzes engeren Bindungen aus Art. 3 Abs. 1 GG.

Ausnahmen von der Steuerbelastung werden durch stichhaltige Sachgründe getragen

Die vom Luftver­kehr­s­steu­er­gesetz bestimmten Ausnahmen von der Steuerbelastung werden durch stichhaltige Sachgründe getragen. Die Steue­r­ent­lastung von Inselflügen sichert die Daseinsvorsorge für die Inselbewohner. Die Befreiung von Flügen zu militärischen und anderen hoheitlichen Zwecken rechtfertigt sich bereits aus dem gewählten Gegenstand der Besteuerung. Das Umstei­ger­privileg soll die deutschen Flughäfen als internationale Drehkreuze schützten, indem sie in dieser Funktion einer geringeren Belastung unterliegen.

Ausgestaltung des Steuertarifs verletzt nicht allgemeinen Gleichheitssatz

Die angegriffene Ausgestaltung des Steuertarifs verletzt den allgemeinen Gleichheitssatz nicht. Der Gesetzgeber hat mit der Anknüpfung der Besteuerung an die mit dem Flug zurückgelegte Distanz einen geeigneten und hinreichend reali­täts­ge­rechten Besteu­e­rungs­maßstab gewählt, der dem Umwelt­schutzzweck des Gesetzes entspricht. Ungleiche Belastungen, die dadurch entstehen, dass die Höhe des Steuertarifs an den größten Verkehrs­flughafen des Ziellandes statt an den tatsächlichen Zielflughafen anknüpft, führen nicht zur Unvereinbarkeit des vom Gesetzgeber bestimmten Steuermaßstabes mit Art. 3 Abs. 1 GG. Der für die Besteuerung maßgebliche Flughafen des Ziellandes mit dem größten Verkehr­s­auf­kommen gibt nur bei wenigen sehr großen Ländern oder beim Flug in überseeische Territorien einiger Länder den Distanzmaßstab nicht korrekt wieder. Diese geringen Verwerfungen sind aus Verein­fa­chungs­gründen gleich­heits­rechtlich noch tragbar.

BVerfG verneint Verletzung der Berufsfreiheit durch Besteuerung des Passa­gier­luft­verkehrs

Die Besteuerung des Passa­gier­luft­verkehrs verletzt schließlich weder die Berufsfreiheit der Luftver­kehrs­un­ter­nehmen noch die Berufsfreiheit der Passagiere. Für den Fluggast stellt die Luftver­kehr­s­steuer bereits keinen Eingriff in seine Berufsfreiheit dar, weil ihr insoweit ein berufsregelnder Bezug fehlt. Die Beein­träch­tigung der Berufs­aus­übungs­freiheit der Luftver­kehrs­un­ter­nehmen wird durch den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck des Umweltschutzes gerechtfertigt.

Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online

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