15.11.2024
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Dokument-Nr. 15344

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Urteil28.02.2013BundessozialgerichtB 8 SO 1/12 R
Vorinstanzen:
  • Sozialgericht Köln, Urteil27.09.2007, S 13 (21) SO 22/06
  • Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil28.11.2011, L 20 SO 82/07
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Bundessozialgericht Urteil28.02.2013

Sozia­l­hil­fe­träger muss Kosten für Aufenthaltsraum einer Pflegekraft tragenPflege­be­dürftiger hat Anspruch auf Übernahme der anteiligen Kosten der "Unterkunft" für eine von ihm beschäftigte Pflegeperson

Ein Pflege­be­dürftiger, der im Rahmen des so genannten Arbeit­ge­ber­modells rund um die Uhr von einer Assistenzkraft betreut werden muss, hat Anspruch auf Übernahme der anteiligen Kosten der "Unterkunft" für einen Aufenthalts- und Ruheraum für das Pflegepersonal. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­so­zi­al­ge­richts hervor.

Der 1973 geborene, ledige Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls leidet an einer Duchenneschen Muskel­dys­trophie mit beatmungs­pflichtiger respi­ra­to­rischer Insuffizienz sowie Herzin­suf­fizienz. Er ist der Pflegestufe III zugeordnet und erhält entsprechendes Pflegegeld aus der gesetzlichen Pflege­ver­si­cherung. Zum November 2004 mietete er eine 63 qm große Zweizim­mer­wohnung in Bonn an, wo er - neben einer Arbeit­s­as­sistenz im Rahmen einer Beschäftigung als Bildungs- und Sozialberater bei der Arbeits­ge­mein­schaft Behinderung und Studium eV (Monatsverdienst: 1066,69 Euro netto) - rund um die Uhr durch von ihm beschäftigte Assistenzkräfte betreut wurde (so genanntes Arbeit­ge­ber­modell). Für deren Aufenthalt in Ruhepausen und Arbeits­un­ter­bre­chungen war in der Wohnung ein separater Raum eingerichtet und mit dem notwendigen Mobiliar ausgestattet.

Stadt lehnt Übernahme der anteiligen Unter­kunfts­kosten für Erholungsraum der Pflegekräfte ab

Die Lohn- und Lohnnebenkosten der vom Kläger beschäftigten Assistenzkräfte übernahm die beklagte Stadt als Leistung der Hilfe zur Pflege nach dem Sozial­ge­setzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) unter Berück­sich­tigung des von der Pflegekasse gezahlten Pflegegeldes und von Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse (70 %) sowie der durch den Beigeladenen als Integrationsamt gewährten Leistungen für die Arbeit­s­as­sistenz; die Übernahme der anteiligen Unterkunftskosten für das den Pflegekräften zur Verfügung gestellte Zimmer lehnte sie in einem gesonderten Bescheid ab.

Kosten für Assistenzzimmer stellen angemessene Kosten einer besonderen Pflegekraft dar

Die Klage gegen diesen Bescheid hatte erst- und zweitin­sta­nzlich Erfolg. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landes­so­zi­al­gericht Nordrhein-Westfalen ausgeführt, dass die Kosten für ein Assistenzzimmer angemessene Kosten einer besonderen Pflegekraft darstellten ( § 65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII).

Kosten für Einsatz von Pflegekräften sind laut Stadt als Kosten der Unterkunft im Rahmen des allgemeinen Lebens­un­terhalts anzusehen

Mit der Revision macht die Beklagte geltend, Kosten, die durch den Einsatz von Pflegekräften für die Wohnung entstünden, seien nicht von der Vorschrift des § 65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII erfasst, sondern vielmehr als Kosten der Unterkunft im Rahmen des allgemeinen Lebens­un­terhalts anzusehen.

Kläger hat Anspruch auf Übernahme der anteiligen Kosten der "Unterkunft" für beschäftigte Pflegepersonen

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat das Urteil des Landes­so­zi­al­ge­richts bestätigt. Der Kläger hat nach § 19 Abs. 3 Sozial­ge­setzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) iVm § 65 Abs. 1 Satz 1 SGB XII dem Grunde nach einen Anspruch auf Übernahme der anteiligen Kosten der "Unterkunft" für die von ihm im Rahmen des Arbeit­ge­ber­modells beschäftigten Pflegepersonen. Dem kann nicht entge­gen­ge­halten werden, es handele sich bei den vom Kläger geltend gemachten Kosten um Hilfe zum Lebensunterhalt, für die ungünstigere Regelungen über die Berück­sich­tigung von Einkommen gälten bzw. wegen Erwer­bs­fä­higkeit des Klägers Leistungen nach dem Sozial­ge­setzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) zu zahlen wären. Ergeben sich Kosten für die Wohnung notwen­di­gerweise im Zusammenhang mit erbrachten Hilfen zur Pflege und wird der Inhalt der Leistung - wie beim gesetzlich privilegierten Arbeit­ge­ber­modell, dessen konkrete Ausgestaltung grundsätzlich dem zu Pflegenden überlassen bleiben muss - von den Regelungen über Pflege­leis­tungen erfasst, erfordert das Leistungsziel wegen der notwendigen Verknüpfung anteiliger Unter­kunfts­kosten mit der Pflege die Anwendung der günstigeren Vorschriften über die Berück­sich­tigung von Einkommen nach den § § 85 ff SGB XII.

Quelle: Bundessozialgericht/ra-online

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