15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.

Dokument-Nr. 12999

Drucken
Urteil07.02.2012BundessozialgerichtB 13 R 40/11 R und B 13 R 72/11 R
Vorinstanz:
  • Amtsgericht Ansbach, Urteil24.03.2011, S 26 R 1942/10
ergänzende Informationen

Bundessozialgericht Urteil07.02.2012

Keine Sonderregelung für die Nachzahlung von "Ghetto-Renten"Leistungen müssen rückwirkend für höchstens vier Jahre gezahlt werden

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat entschieden, dass für Nachzahlungen aufgrund von Überprü­fungs­be­scheiden zu so genannten Ghetto-Renten keine Sonderregeln gelten. Auch insoweit sind Leistungen rückwirkend für höchstens vier Jahre zu zahlen.

Das Bundes­so­zi­al­gericht hatte durch Urteile vom Juni 2009 den Zugang zu Ghetto-Renten erleichtert. Viele Rentenanträge, die nach der geänderten Rechtsprechung begründet waren, waren jedoch schon vorher unanfechtbar abgelehnt worden. Eine große Zahl ehemaliger Ghetto-Arbeiter beantragte des-halb bei den zuständigen Renten­ver­si­che­rungs­trägern, die bindende Ablehnung früherer Renten-anträge nochmals zu überprüfen. Dies hatte auf der Grundlage der Vorschrift des § 44 Zehntes Buch Sozial­ge­setzbuch (SGB X) vielfach Erfolg. Die entsprechenden Renten wurden (bei Antragstellung im Jahre 2009) rückwirkend ab Januar 2005 gezahlt. Die Betroffenen klagten jedoch auf eine weitergehende Rückwirkung ab Juli 1997. Sie beriefen sich auf eine Bestimmung im "Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto" (ZRBG), die für bis zum 30. Juni 2003 gestellte Rentenanträge eine solche Rückwirkung vorsieht. Die Sozialgerichte haben unterschiedlich entschieden.

Für Rückwirkung von Überprü­fungs­an­trägen bei Ghetto-Renten gelten gleiche Regeln wie im sonstigen Rentenrecht

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat nachfolgend bekräftigt, dass für die Rückwirkung von Überprü­fungs­an­trägen bei Ghetto-Renten nichts anderes gilt als auch sonst im Rentenrecht. Die im Vergleich zu anderen Rechtsgebieten großzügige sozia­l­rechtliche Regelung in § 44 SGB X ist vom Gesetzgeber für den Anwen­dungs­bereich des ZRBG nicht erweitert worden. Eine Rückwirkung ab Juli 1997 ist nur für Rentenanträge vorgesehen, die bis Ende Juni 2003 gestellt wurden, nicht jedoch für spätere Überprü­fungs­anträge. Dies ist auch nicht verfas­sungs­widrig.

Hinweise zur Rechtslage:

Erläuterungen

§ 1 ZRBG Anwen­dungs­bereich

(1) Dieses Gesetz gilt für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto, die sich dort zwangsweise aufgehalten haben, wenn

1. die Beschäftigung

a) aus eigenem Willen­s­ent­schluss zustande gekommen ist,

b) gegen Entgelt ausgeübt wurde und

2. das Ghetto sich in einem Gebiet befand, das vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert war, …

§ 2 ZRBG Fiktion der Beitragszahlung

(1) Für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto gelten Beiträge als gezahlt, …

§ 3 ZRBG Besonderheiten beim Rentenbeginn

(1) Ein bis zum 30. Juni 2003 gestellter Antrag auf Rente aus der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung gilt als am 18. Juni 1997 gestellt. …

§ 44 SGB X Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwal­tungsaktes

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwal­tungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozia­l­leis­tungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. …

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozia­l­leis­tungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Quelle: Bundessozialgericht/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil12999

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI