23.11.2024
23.11.2024  
Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 12532

Drucken
Urteil09.11.2011BundesgerichtshofXII ZR 136/09
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BGHZ 191, 259Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 191, Seite: 259
  • FamRB 2012, 44Zeitschrift: Familien-Rechts-Berater (FamRB), Jahrgang: 2012, Seite: 44
  • FamRZ 2012, 200Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2012, Seite: 200
  • FuR 2012, 134Zeitschrift: Familie und Recht (FuR), Jahrgang: 2012, Seite: 134
  • JR 2013, 106Zeitschrift: Juristische Rundschau (JR), Jahrgang: 2013, Seite: 106
  • JuS 2012, 253Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2012, Seite: 253
  • MDR 2012, 30Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2012, Seite: 30
  • NJW 2012, 450Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2012, Seite: 450
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Rendsburg, Urteil10.12.2008, 23 F 235/08
  • Oberlandesgericht Schleswig-Holstein, Urteil23.06.2009, 8 UF 16/09
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil09.11.2011

Kuckuckskinder: Mutter ist Scheinvater gegenüber zur Auskunft über leiblichen Vater verpflichtetBGH zum Auskunfts­an­spruch des Scheinvaters gegen die Mutter zur Vorbereitung eines Unter­halts­re­gresses

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass einem Scheinvater nach erfolgreicher Vaterschafts­anfechtung und zur Vorbereitung eines Unter­halts­re­gresses ein Anspruch gegen die Mutter auf Auskunft über die Person zusteht, die der Mutter in der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt hat.

Die Parteien hatten bis zum Frühjahr 2006 in nichtehelicher Lebens­ge­mein­schaft zusammengelebt. Im Frühsommer 2006 trennten sie sich endgültig. Am 18. Januar 2007 gebar die Beklagte einen Sohn. Nachdem die Beklagte den Kläger zuvor aufgefordert hatte, die Vaterschaft für "ihr gemeinsames Kind" anzuerkennen, erkannte dieser bereits vor der Geburt mit Zustimmung der Beklagten die Vaterschaft an. Er zahlte an die Beklagte 1.200 Euro für die Erstlings­ausstattung sowie insgesamt 2.075 Euro Kindesunterhalt und 1.300 Euro Betreu­ungs­un­terhalt.

Vater­schafts­gut­ach­ten­belegt, dass der Kläger nicht der Vater des 2007 geborenen Sohnes ist

In der Folgezeit kam es zwischen den Parteien zu verschiedenen Rechtss­trei­tig­keiten. In einem Verfahren zur Regelung des Umgangsrechts wurde ein psychologisches Gutachten eingeholt, dessen Kosten der Kläger jedenfalls teilweise zahlen musste. In einem Rechtsstreit über Betreuungs- und Kindesunterhalt verständigten sich die Parteien auf Einholung eines Vater­schafts­gut­achtens. Auf der Grundlage dieses Gutachtens stellte das Familiengericht in einem weiteren Verfahren fest, dass der Kläger nicht der Vater des 2007 geborenen Sohnes der Beklagten ist. Inzwischen erhält die Beklagte von dem leiblichen Vater des Kindes monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 202 Euro.

Vorinstanzen verurteilen Mutter zur Auskunft über die Person des leiblichen Vaters

Dem Kläger ist die Person des leiblichen Vaters nicht bekannt. Er möchte wegen des geleisteten Unterhalts Regress bei diesem nehmen. Zu diesem Zweck hat er von der Beklagten Auskunft über die Person des leiblichen Vaters verlangt. Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Auskunft verurteilt, wer ihr in der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt habe. Das Oberlan­des­gericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

BGH bejaht erforderliche besondere Rechtsbeziehung zwischen den Auskunfts­parteien

Der Bundes­ge­richtshof hat auch die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagte schuldet dem Kläger nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Auskunft über die Person, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Ein solcher Anspruch setzt nach der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs voraus, dass auf der Grundlage einer besonderen Rechtsbeziehung zwischen den Parteien der eine Teil in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, während der andere Teil unschwer in der Lage ist, die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Diese Voraussetzungen hat der Bundes­ge­richtshof als erfüllt angesehen. Dem Kläger ist nicht bekannt, gegen wen er seinen Anspruch auf Unter­halts­regress richten kann; die Beklagte kann ihm unschwer die Person benennen, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt hat und gegenwärtig sogar Kindesunterhalt leistet. Die erforderliche besondere Rechtsbeziehung zwischen den Auskunfts­parteien ergibt sich aus dem auf Aufforderung und mit Zustimmung der Mutter abgegebenen Vater­schafts­a­n­er­kenntnis.

Anspruch des Klägers auf effektiven Rechtsschutz zur Durchsetzung des Unter­halts­re­gresses wiegt schwerer als allgemeines Persön­lich­keitsrecht der Mutter

Zwar berührt die Verpflichtung zur Auskunft über die Person des Vaters ihres Kindes das Persön­lich­keitsrecht der Mutter nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m Art. 1 Abs. 1 GG, das auch das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre umfasst und zu dem die persönlichen, auch geschlecht­lichen Beziehungen zu einem Partner gehören. Dieser Schutz ist nach Art. 2 Abs. 1 GG aber seinerseits beschränkt durch die Rechte anderer. Ein unzulässiger Eingriff in den unantastbaren Bereich des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts liegt nicht vor, weil die Auskunfts­pflichtige bereits durch ihr früheres Verhalten Tatsachen ihres geschlecht­lichen Verkehrs während der Empfängniszeit offenbart hatte, die sich als falsch herausgestellt haben. Damit hatte sie zugleich erklärt, dass nur der Kläger als Vater ihres Kindes in Betracht kam und diesen somit zum Vater­schafts­a­n­er­kenntnis veranlasst. In einem solchen Fall wiegt ihr allgemeines Persön­lich­keitsrecht regelmäßig nicht stärker als der ebenfalls geschützte Anspruch des Mannes auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG zur Durchsetzung seines Unter­halts­re­gresses nach erfolgreicher Vater­schafts­an­fechtung.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil12532

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI