21.11.2024
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Dokument-Nr. 32361

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Bundesgerichtshof Urteil15.11.2022

Jahresentgelt während der Ansparphase eines Bauspa­r­ver­trages unwirksamJahresentgelt stellt weder Gegenleistung für eine vertragliche Hauptleistung noch Entgelt für eine Sonderleistung dar

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die in den Allgemeinen Geschäfts­bedingungen einer Bausparkasse enthaltene Klausel, mit der die Bausparkasse von den Bausparern in der Ansparphase der Bausparverträge ein sogenanntes Jahresentgelt erhebt, unwirksam ist.

Der Kläger, ein eingetragener Verein, nimmt satzungsmäßig Verbrau­che­r­in­teressen wahr und ist als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen. Die beklagte Bausparkasse verwendet in ihren Allgemeinen Bedingungen für Bausparvertrag u.a. die folgende Bestimmung: "Die Bausparkasse berechnet während der Sparphase jeweils bei Jahresbeginn - bei nicht vollständigen Kalenderjahren anteilig - für jedes Konto des Bausparers ein Jahresentgelt von 12 EUR p.a." Der Kläger hält die vorbezeichnete Klausel für unwirksam, da sie die Bausparer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Er nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, es zu unterlassen, diese oder eine inhaltsgleiche Klausel gegenüber Verbrauchern in Bauspa­r­ver­trägen zu verwenden und sich bei der Abwicklung von Bauspa­r­ver­trägen auf die Klausel zu berufen. Die Vorinstanzen haben der Unter­las­sungsklage stattgegeben. Mit der vom Berufungs­gericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klage­ab­wei­sungs­antrag weiter.

Weder Gegenleistung für vertragliche Hauptleistung noch Entgelt für Sonderleistung

Der Bundes­ge­richtshofs hat entschieden, dass die angefochtene Klausel der Inhalts­kon­trolle nach § 307 BGB unterliegt und dieser nicht standhält. Er hat deshalb die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt: Die Entgeltklausel ist Gegenstand der Inhalts­kon­trolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB, weil sie eine Preis­ne­be­n­abrede darstellt. Das in der Ansparphase eines Bausparvertrags erhobene Jahresentgelt ist weder Gegenleistung für eine vertragliche Hauptleistung noch Entgelt für eine Sonderleistung der Beklagten und damit keine kontrollfreie Preis­haupt­abrede. Die von der Bausparkasse in der Ansparphase geschuldete Hauptleistung besteht einerseits in der Zahlung der Zinsen auf das Bausparguthaben sowie andererseits darin, dem Bausparer nach der Leistung der Bauspareinlagen einen Anspruch auf Gewährung eines niedrig verzinslichen Bauspa­r­da­r­lehens aus der Zuteilungsmasse zu verschaffen. Mit dem Jahresentgelt werden demgegenüber Verwal­tung­s­tä­tig­keiten der Beklagten in der Ansparphase bepreist, die sich mit der bauspar­tech­nischen Verwaltung, Kollek­tiv­steuerung und Führung einer Zuteilungsmasse umschreiben lassen. Hierbei handelt es sich lediglich um notwendige Vorleistungen, nicht aber um eine von der Beklagten in der Ansparphase geschuldete Hauptleistung.

Unvereinbar mit gesetzlicher Regelung

Der danach eröffneten Inhalts­kon­trolle hält die streitige Klausel nicht stand. Sie ist vielmehr unwirksam, weil die Erhebung des Jahresentgelts in der Ansparphase eines Bausparvertrags mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist und die Bausparer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Denn mit dem Jahresentgelt werden Kosten für Verwal­tung­s­tä­tig­keiten auf die Bausparer abgewälzt, welche die Bausparkasse aufgrund einer eigenen gesetzlichen Verpflichtung zu erbringen hat. Die Abweichung der Entgeltklausel von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ist auch bei der gebotenen pauscha­li­sie­renden Gesamt­be­trachtung nicht durch bauspar­spe­zi­fische Indivi­du­a­l­vorteile der einzelnen Bausparer sachlich gerechtfertigt. Bausparer müssen in der Ansparphase bereits hinnehmen, dass ihre Spareinlagen bezogen auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Bausparvertrags nur vergleichsweise niedrig verzinst werden. Außerdem können Bausparkassen bei Abschluss des Bausparvertrags von den Bausparern eine Abschlussgebühr verlangen. Mit dem Jahresentgelt wird auch kein Beitrag zur Gewährleistung der Funkti­o­ns­fä­higkeit des Bausparwesens geleistet, der geeignet wäre, die mit seiner Erhebung für den einzelnen Bausparer verbundenen Nachteile aufzuwiegen.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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