18.10.2024
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Bundesgerichtshof Urteil17.09.2013

BGH lehnt Schadens­ersatz­anspruch für Lehman-Anleger abGericht hält an bisheriger Rechtsprechung fest und verneint mangelnde Aufklärung der beratenden Bank

Der Bundes­ge­richtshof hatte sich in einem weiteren Verfahren erneut mit der Schaden­s­er­satzklage eines Anlegers im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der nieder­län­dischen Tochter­ge­sell­schaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. zu befassen. Die hier auf Rückzahlung des Anlagebetrages gerichtete Klage blieb erfolglos, da das Gericht entschied, dass die beratende Bank den Kunden weder über ihre Gewinnmarge noch darüber aufklären muss, dass der Zerti­fi­ka­t­erwerb im Wege eines Eigengeschäfts (Kaufvertrag) erfolgt.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls erwarb im Dezember 2007 von der beklagten Bank für einen Anlagebetrag in Höhe von 102.000 Euro 100 Stück "Bonus Express Defensiv Zertifikate II" zum Nennwert von je 1.000 Euro zuzüglich eines Ausga­be­auf­schlags von 2 %. Hierbei handelt es sich um Inhaber­schuld­ver­schrei­bungen der nieder­län­dischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung der Zertifikate sowie mögliche Bonuszahlungen an die Anleger sollten nach näherer Maßgabe der Zerti­fi­kat­be­din­gungen von der Wertentwicklung des Dow Jones EuroSTOXX 50 Index abhängig sein, mit denen das Zertifikat unterlegt war. Die Beklagte erwarb die Zertifikate von der Emittentin zum Stückpreis von 972,50 Euro; ob sie den Kläger in dem Beratungs­ge­spräch über diesen - von ihr vereinnahmten - Einkaufsrabatt von 27,50 Euro je Zertifikat aufgeklärt hat, ist zwischen den Parteien streitig. Daneben erhielt sie den Ausga­be­auf­schlag, worauf in der vom Kläger unter­schriebenen Kauforder hingewiesen wurde.

Zertifikate wurden durch Insolvenz der Emittentin weitgehend wertlos

Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos.

Beratende Bank muss Kunden nicht über ihre Gewinnmarge aufklären

Die im Wesentlichen auf Rückzahlung des Anlagebetrages gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hat der Bundes­ge­richtshof zurückgewiesen. Für den Fall eines Festpreis­ge­schäfts hat der Bundes­ge­richtshof durch seine Urteile vom 27. September 2011 und vom 26. Juni 2012 entschieden, dass die beratende Bank den Kunden auf der Grundlage der insoweit gebotenen typisierenden Betrach­tungsweise weder über ihre Gewinnmarge noch darüber aufklären muss, dass der Zerti­fi­ka­t­erwerb im Wege eines Eigengeschäfts (Kaufvertrag) erfolgt. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

Maßgebliche Neufassung des Wertpa­pier­han­dels­ge­setzes ändert nichts an Einschätzungen des BGH

Daran hat sich auch durch die zum 1. November 2007 in Kraft getretene und damit für den vorliegenden Fall maßgebliche Neufassung der §§ 31 ff. des Wertpa­pier­han­dels­ge­setzes durch das Finanz­ma­rk­trichtlinie-Umset­zungs­gesetz (FRUG) vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1330) nichts geändert. Durch dieses Gesetz wurden die Richtlinien 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 (Finanz­ma­rk­trichtlinie) und 2006/73/EG der Kommission vom 10. August 2006 (Durch­füh­rungs­richtlinie) in nationales Recht umgesetzt, die jedoch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 30. Mai 2013 - C-604/11) bei Verstößen gegen die gemäß diesen Richtlinien erlassenen Vorschriften lediglich Verwal­tungs­maß­nahmen oder Verwal­tungs­sank­tionen gegen die verant­wort­lichen Personen fordern, die Festlegung etwaiger vertraglicher Folgen aber den inner­staat­lichen Rechtsordnungen überlassen. Ob die Richtlinien oder §§ 31 ff. WpHG, insbesondere § 31 d WpHG, den Banken in aufsichts­recht­licher Hinsicht eine Pflicht zur Offenlegung von Gewinnmargen oder Einkaufs­ra­batten auferlegen, hat der Senat offengelassen. Denn dies würde auch unter Beachtung der europarechtlich geprägten Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität keine zivilrechtliche Haftung der Banken begründen.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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