18.10.2024
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Bundesgerichtshof Urteil20.01.2015

Bank muss Vertragspartner eines Swap-Vertrags nicht über negativen Marktwert aufklärenBGH entscheidet zu Beratungs­pflichten einer Bank bei Abschluss eines Währungsswap-Vertrages

Der Bundes­ge­richtshof hatte sich erneut mit der Frage zu beschäftigt, ob eine beratende Bank im Zusammenhang mit der Empfehlung eines Swap-Vertrages, hier eines Währungsswap-Vertrages (sogenannter Cross-Currency-Swap-Vertrag; im Folgenden: CCS-Vertrag), zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet ist. Im Mittelpunkt der Entscheidung stand die Frage, ob eine beratende Bank, die selbst nicht Vertrags­partnerin des Swap-Vertrags ist, über den negativen Marktwert aufzuklären hat. Der Bundes­ge­richtshof hat eine solche Aufklä­rungs­pflicht verneint.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Anfang des Jahres 2007 wandte sich der Kläger, ein vermögender Geschäftsmann mit Erfahrungen in Fremd­wäh­rungs­da­rlehen und einfachen Swap-Geschäften, an die Beklagte, um einen CCS-Vertrag abzuschließen. Dabei gab er das von ihm für den Swap-Vertrag gewünschte Währungspaar, nämlich Türkische Lira (im Folgenden: TRY) und Schweizer Franken (im Folgenden: CHF) vor. Am 24. Juni 2008 stellten der zuständige Kundenbetreuer und ein auf Finanz­ter­min­ge­schäfte spezialisierter Mitarbeiter einer Tochter­ge­sell­schaft der Beklagten dem Kläger anhand ihm bereits zuvor übersandter Präsen­ta­ti­o­ns­un­terlagen einen CCS einer Landesbank vor. Bei diesem Gespräch unterzeichnete der Kläger das Formular "Kundenangaben für Geschäfte in Finan­z­in­strumente", in dem er sich als "spekulativ" einordnete. Der weitere Inhalt des Beratungs­ge­sprächs ist zwischen den Parteien streitig. Im September 2011 schloss der Kläger mit der Landesbank einen Rahmenvertrag für Finanz­ter­min­ge­schäfte und einen CCS-Vertrag mit dem Währungspaar Türkische Lira (TRY) und Schweizer Franken (CHF) ab. Der Vertrag hatte eine feste Laufzeit von drei Jahren und enthielt als Bezugsgrößen einen Festbetrag von 900.735 TRY und einen solchen von 795.000 CHF. Die Landesbank verpflichtete sich in dem CCS-Vertrag, an den Kläger während der Vertrags­laufzeit an zwölf festgelegten Terminen jeweils Zinsen in Höhe von 15,66 % p.a. auf den Festbetrag in TRY und bei Laufzeitende den Festbetrag in TRY zu zahlen; der Kläger verpflichtete sich im Gegenzug, während der Vertrags­laufzeit an die Landesbank an zwölf festgelegten Terminen jeweils Zinsen i. H. von 3,6 % p.a. auf den Festbetrag in CHF und bei Laufzeitende den Festbetrag in CHF zu zahlen.

CCS-Vertrag entwickelt sich aufgrund der Abwertung der Türkischen Lira gegenüber dem Schweizer Franken zu Ungunsten des Klägers

Im Mai 2010 verpfändete der Kläger das für ihn bei der Beklagten eingerichtete Fremd­wäh­rungskonto, auf das die von der Landesbank geleisteten Zinszahlungen eingingen, zur Sicherheit an die Beklagte. Darüber hinaus schlossen die Parteien einen Avalkredit-Rahmenvertrag über 150.000 Euro, der als "Risikolinie" für den CCS-Vertrag genutzt werden sollte. Während der Vertrags­laufzeit wertete die Türkische Lira gegenüber dem Schweizer Franken ab, so dass sich der Barwert des CCS-Vertrags zu Ungunsten des Klägers entwickelte. Nachdem die Beklagte den Kläger infolge einer Überschreitung des ihm eingeräumtem Kredits mehrfach erfolglos zu einer Barunterlegung aufgefordert hatte, stellte sie im September 2011 den CCS-Vertrag glatt, verwertete das an sie verpfändete Fremd­wäh­rungskonto des Klägers mit einem Guthaben von umgerechnet 108.848,76 Euro und belastete ein weiteres Konto des Klägers in Höhe des noch offenen Restbetrages von 180.151,24 Euro.

Die unter anderem auf Rückzahlung von 180.151,24 Euro nebst Zinsen gerichtete Klage hatte in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg.

Bank war nicht verpflichtet, über negativen Marktwert des empfohlenen Swap-Vertrages aufzuklären

Die Revision des Klägers blieb ebenfalls erfolglos. Nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs war die beklagte Bank bereits aus Rechtsgründen nicht verpflichtet, den Kläger über den - von ihm behaupteten - negativen Marktwert des empfohlenen Swap-Vertrages aufzuklären. Dieser spiegelt nämlich nicht den voraus­sicht­lichen Erfolg und Misserfolg des Geschäftes wider, sondern den Marktwert bei Abschluss des Vertrages, der zu diesem Zeitpunkt durch Glattstellung des Vertrages realisierbar wäre. Für den Kunden bedeutet dies, dass er zunächst die einstruk­tu­rierte Bruttomarge erwirtschaften muss, um seinerseits in die Gewinnzone zu gelangen. Zugleich muss er bei sofortiger Lösung vom Vertrag einen Verlust in Höhe des negativen Marktwerts tragen. Diese Situation stellt sich damit mit Rücksicht auf das Verlustrisiko für den Kunden nicht anders als bei sonstigen Finanzprodukten dar, die, wie insbesondere außerbörsliche Derivat­ge­schäfte, einen negativen Marktwert aufweisen, über den ebenfalls nicht aufzuklären ist. Die Empfehlung eines Swap-Vertrages kann daher trotz des anfänglich negativen Marktwerts objektgerecht sein, sofern - was der Kläger hier nicht substantiiert behauptet hat - die Gewinnchancen und damit die "Werthaltigkeit" des Swaps nicht nachhaltig durch übermäßige Kosten- und Gewinn­be­standteile beeinträchtigt werden. Soweit der XI. Zivilsenat im Jahr 2011 für einen CMS Spread Ladder Swap-Vertrag entschieden hat, dass eine Bank, die zugleich Vertrags­partnerin des Swap-Vertrags ist, im Rahmen eines daneben bestehenden Beratungs­vertrags einen anfänglichen negativen Marktwert zu offenbaren hat, weil darin ein schwerwiegender, für den Kunden nicht offen­sicht­licher Inter­es­sen­konflikt zum Ausdruck kommt, der geeignet ist, die Interessen des Anlegers zu gefährden (vgl. Bundes­ge­richtshof, Urteil v. 22.03.2011 - XI ZR 33/10 -), ist die dieser Entscheidung zugrun­de­liegende Fallgestaltung mit der vorliegenden nicht vergleichbar, weil die Beklagte nicht zugleich Vertrags­partnerin des CCS-Vertrages war und es damit von vornherein an einem schwerwiegenden Inter­es­sen­konflikt fehlte.

Initiative für streit­ge­gen­ständ­liches Geschäft ging vom Kläger aus

Soweit das Berufungs­gericht des Weiteren angenommen hat, dass die Beklagte ihrer Pflicht zu einer anleger- und anlagegerechten Beratung des Klägers auch im Übrigen nachgekommen ist, sind die dagegen gerichteten Angriffe der Revision ebenfalls erfolglos geblieben, weil die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungs­ge­richts keinen Rechtsfehler aufweisen und die zugrun­de­lie­genden Feststellungen verfah­rens­feh­lerfrei getroffen worden sind. Insbesondere hatte die Beklagte vor ihrer Empfehlung die Kenntnisse und Erfahrungen des Klägers, seine Risiko­be­reit­schaft, seine finanziellen Möglichkeiten und sein Anlageziel ermittelt. Aufgrund dessen durfte sie davon ausgehen, dass dem Kläger das mit dem empfohlenen CCS-Vertrag verbundene Fremd­wäh­rungs­risiko und das Risiko von Kursschwan­kungen bewusst war und seiner Risikoneigung entsprach, zumal nicht nur die Initiative für das streit­ge­gen­ständliche Geschäft vom Kläger ausgegangen war, sondern er auch das Währungspaar und den Einstiegskurs im Verhältnis der beiden Währungen vorgegeben hatte. Schließlich hat das Berufungs­gericht auch einen Verstoß der Beklagten gegen ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung rechts­feh­lerfrei verneint.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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