21.11.2024
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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil26.02.2010

OLG Stuttgart: Bank zur Zahlung von Schadensersatz wegen Verlusten aus Zinsswap-Verträgen verpflichtetKundin trägt bei mangelhafter Aufklärung über Risiken kein Mitverschulden

Das Oberlan­des­gericht Stuttgart hat ein deutsches Kreditinstitut verurteilt, an einen Bankkunden Schadensersatz in Höhe von über 1,5 Millionen Euro zu zahlen. Es verneinte eine Mitschuld des Kunden, da die Bank selbst die Zinsswap-Verträge mit Hilfe ihrer Risikomodelle so konstruiert habe, dass der Kunde wahrscheinlich einen Verlust erleiden werde.

Im zugrunde liegenden Fall hatte die Bank ihrem Kunden, einem großen mittel­stän­dischen Unternehmen, zwei Zinsswap-Verträge zum Zwecke der „Zinsoptimierung“ angeboten und empfohlen. Bei einem Zinsswap vereinbaren die Parteien den Austausch von Zahlungsströmen. Die Bank verpflichtete sich, an den Kunden für die Dauer von 5 Jahren Zinsen in Höhe eines festes Zinssatzes aus einem fiktiven Betrag (hier 5 Millionen Euro) zu zahlen. Der Kunde verpflichtete sich im Gegenzug, einen nach einer komplizierten Rechenformel und in Abhängigkeit zu der Kursentwicklung von Inter­ban­ken­zins­sätzen zu berechnenden Zinssatz an die Bank zu zahlen. Dabei gewinnt die Seite, die während der Laufzeit des Vertrages an die andere Seite weniger gezahlt hat. Dem Kunden ist ein Schaden in Höhe von über 1,5 Millionen Euro entstanden.

Landgericht sieht 50prozentiges Mitverschulden der Kundin

In der Vorinstanz hat das Landgericht Stuttgart der Klage des Kunden (Klägerin) unter Berück­sich­tigung eines 50prozentigen Mitverschuldens stattgegeben. Nur die Berufung der Klägerin hatte Erfolg.

Swap-Verträge stellen nach Ansicht des OLG eine Art von Glücksspiel dar

Das Oberlan­des­gericht verneinte nun ein Mitverschulden des Kunden und beurteilt den Sachverhalt so: Die Bank habe ihrem Kunden verschwiegen, dass die Gewinn- und Verlustchancen von Swap-Verträgen nur auf der Grundlage von in der Finan­z­wirt­schaft vorge­schriebenen Wahrschein­lich­keits­be­rech­nungen mit Risikomodellen beurteilt werden können. Sie habe dem Kunden daher nicht den falschen Eindruck vermitteln dürfen, er könne die Erfolgs­aus­sichten der angebotenen Verträge auf der Grundlage seiner „Zinsmeinung“ über die voraus­sichtliche Entwicklung der Inter­ban­kensätze abschätzen. Nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts handelt es sich bei dem Swap-Vertrag um eine Art von Glücksspiel, das der Kunde mit seiner pauschalen Zinsmeinung gegen die Bank mit ihren hoch entwickelten Rechenmodellen spiele. Dies sei dem Kunden nicht bewusst.

Bei Verlust­wahr­schein­lichkeit darf Bank keine Geschäfte zur „Zinsoptimierung“ anbieten

Weiter beanstandet das Oberlan­des­gericht, dass die Bank selbst die Zinsswap-Verträge mit Hilfe ihrer Risikomodelle so konstruiert habe, dass der Kunde wahrscheinlich einen Verlust erleiden werde. Die Bank sei als Beraterin verpflichtet, die Interessen ihrer Kunden zu wahren. Ihr sei bekannt, dass ihre Kunden Gewinne erzielen wollen. Sie dürfe daher kein Geschäft zur „Zinsoptimierung“ anbieten oder gar empfehlen, wenn sie einen Verlust des Kunden für wahrscheinlich halte. Schließlich beanstandete das Oberlan­des­gericht inhaltlich fehlerhafte Infor­ma­ti­o­ns­un­terlagen der Bank. Unter diesen Umständen sei für ein Mitverschulden des Kunden kein Platz.

Quelle: ra-online, OLG Stuttgart

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