18.10.2024
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Sie sehen einen Gerichtshammer, der auf verschiedenen Geldscheinen liegt.

Dokument-Nr. 8253

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil29.07.2009

Keine Rückabwicklung eines "Zinsswap-Geschäfts" wegen angeblich mangelnder Aufklärung zu RisikenBerech­nungs­formel der Bank verstößt nicht gegen das Trans­pa­renzgebot

Ein Unternehmen kann nicht mit dem Hinweis auf mangelnde Risiko­auf­klärung von einer Bank die Rückabwicklung eines "Zinsswap-Geschäfts" vorlangen, weil die so genannten Referenz­zinssätze sich nicht so entwickelt haben, wie das Unternehmen es erwartet hatte. Ein solches Geschäft ist immer rein spekulativ. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main.

Die Klägerin hatte ein Angebot der beklagten Bank bezüglich eines sog. "CMS-Spread-Sammler-Swaps" (Produkt­be­zeichnung der Bank) angenommen. Dabei verpflichtete sich die Beklagte, auf ein bestimmtes Nominalvolumen (hier 4 Mio. €) einen festen auf das Jahr berechneten Zinssatz halbjährlich an die Klägerin zu zahlen. Diese verpflichtete sich ihrerseits, auf das Nominalvolumen einen festen auf das Jahr berechneten Zinssatz zuzüglich eines weiteren Zinssatzes zu zahlen. Der zusätzliche Zinssatz wurde dabei nach einer Formel berechnet, der die Differenz (Spread) zweier Swap-Zinssätze (EUR CMS 10 und EUR CMS 2) während einer bestimmten Zeitperiode zugrunde lag. Er sollte jedoch höchstens 7 % betragen. Letztendlich war der Gewinn für die Klägerin also von der Entwicklung dieser Referenz­zinssätze abhängig.

Unternehmen beanstandet mangelnde Aufklärung über Risiken

Da sich die in Bezug genommenen Referenz­zinssätze nicht so entwickelten wie die Klägerin erwartete, verlangte sie die Rückabwicklung des Geschäfts. Die Klage stützte sie im Wesentlichen darauf, dass die Berech­nungs­formel der Bank unklar gewesen sei und diese nicht ausreichend über die Risiken des Geschäfts aufgeklärt habe.

Landgericht weist auf Verstoß gegen Trans­pa­renzgebot hin

Das Landgericht gab der Klägerin zunächst mit der Begründung Recht, dass die Berech­nungs­formel gegen das Transparenzgebot verstoße. Zudem habe die beklagte Bank den Geschäftsführer der Klägerin nicht hinreichend über den für sie bestehenden Inter­es­sen­s­konflikt aufgeklärt, der sich daraus ergebe, dass sie selbst aus dem Geschäft Gewinn ziehen wollte.

Die hiergegen von der Bank eingelegte Berufung führte nunmehr zur Abänderung des landge­richt­lichen Urteils und Abweisung der Klage.

Gewinn­er­zie­lungs­absicht der Bank war klar ersichtlich

Nach Auffassung des OLG verstößt die Berech­nungs­formel nicht gegen das Trans­pa­renzgebot. Die Formel sei für den aufmerksamen und sorgfältigen Teilnehmer am Wirtschafts­verkehr verständlich und nachvollziehbar. Es könne auch nicht unberück­sichtigt bleiben, dass der Geschäftsführer der Klägerin ein promovierter Chemiker sei, dem mathematische Formeln vertraut sind. Auch eine Verletzung von Aufklä­rungs­pflichten von Seiten der Bank konnte das OLG nicht feststellen. Die Beklagte sei insbesondere nicht verpflichtet gewesen, über ihre eigene Gewinnerzielungsabsicht aufzuklären, denn es sei offensichtlich, dass die Beklagte als Bank mit einer solchen Absicht handelt. Ebenso sei auf die Chancen und Risiken des Geschäfts ausreichend hingewiesen worden. Zwar seien die Risiken auf Seiten der Klägerin höher als bei der Beklagten. Hierbei sei allerdings zu berücksichtigen, dass die Klägerin die Gewinnchance ohne eigenen Kapitaleinsatz hatte. Dass das Geschäft rein spekulativ war, habe auf der Hand gelegen, denn niemand könne die Entwicklung der Referenz­zinssätze vorhersagen. Auch das "Worst-Case-Szenario" - also das Höchstmaß des möglichen Verlustes für die Klägerin - sei von der Beklagten nachvollziehbar dargelegt worden.

Erläuterungen
Hinter­grun­d­in­for­mation:

Das Trans­pa­renzgebot verpflichtet den Verwender von Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen Rechte und Pflichten seines Vertrags­partners möglichst klar, einfach und präzise darzustellen.

Bei einem Zinsswap-Geschäft vereinbaren zwei Vertragspartner, zu bestimmten zukünftigen Zeitpunkten Zinszahlungen auf festgelegte Nennbeträge auszutauschen. Die Zinszahlungen werden dabei regelmäßig so festgesetzt, dass eine Partei einen bei Vertrags­ab­schluss fixierten Festzinssatz zahlt, die andere Partei hingegen einen variablen Zinssatz. Der variable Zinssatz orientiert sich an den üblichen Referenz­zins­sätzen im Inter­ban­ken­ge­schäft. Zinsswap-Geschäfte werden sowohl zur Spekulation als auch zur Absicherung gegen Zinsän­de­rungs­risiken genutzt.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main vom 04.08.2009

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