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Dokument-Nr. 11337

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Bundesgerichtshof Urteil22.03.2011

BGH: Deutsche Bank verletzt Beratungs­pflichten bei Abschluss eines Zinssatz-Swap-VetragesBank zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von rund einer halben Million Euro verpflichtet

Die Deutsche Bank ist gegenüber einem mittel­stän­dischen Unternehmen schaden­s­er­satz­pflichtig, weil sie ihre Pflichten bei der Beratung über den Abschluss eines von ihr konstruierten Zinssatz-Swap-Vertrages (CMS Spread Ladder Swap-Vertrag) verletzt hat. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

In zwei Beratungs­ge­sprächen am 7. Januar und 15. Februar 2005 empfahl die beklagte Deutsche Bank, die davon ausging, dass sich die Differenz (Spread) zwischen dem Zwei-Jahres-Zinssatz und dem Zehn-Jahres-Zinssatz künftig voraussichtlich deutlich ausweiten wird, der Klägerin den Abschluss eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages, den die Parteien am 16. Februar 2005 abschlossen. Danach verpflichtete sich die Beklagte, an die Klägerin aus einem Bezugsbetrag von 2.000.000 Euro für die Laufzeit von fünf Jahren halbjährlich Zinszahlungen in Höhe eines festen Zinssatzes von 3 % p.a. zu erbringen, wohingegen sich die Klägerin verpflichtete, zu denselben Zeitpunkten aus der Bezugssumme im ersten Jahr Zinsen in Höhe von 1,5 % p.a. an die Beklagte zu zahlen und danach einen variablen Zinssatz, der mindestens bei , % liegt und sich abhängig von der Entwicklung des "Spreads" zwischen dem 10- und 2-Jahres-Swap-Mittelsatz auf EURIBOR-Basis (CMS10 - CMS 2) nach der Formel "Zinssatz der Vorperiode + 3 x [Strike - (CMS10 - CMS 2)]" berechnet. Die Höhe des "Strike" lag anfänglich bei 1, % und sank über die Vertrags­laufzeit stufenweise auf ,85 %, ,70 % und ,55 % ab. Nach dem am selben Tag zwischen den Parteien geschlossenen Rahmenvertrag für Finanz­ter­min­ge­schäfte wurde die Saldierung der wechselseitigen Zinszahlungen vereinbart, so dass nur die Partei, die zu den jeweiligen Fällig­keits­terminen den höheren Betrag schuldete, die Differenz zwischen den geschuldeten Beträgen zu zahlen hatte. Eine einseitige Vertrags­be­en­digung war ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes für beide Parteien erstmals nach dreijähriger Laufzeit und nur gegen Ausgleichs­zahlung in Höhe des aktuellen Marktwertes des Vertrages möglich. In den beim Beratungs­ge­spräch verwendeten Präsen­ta­ti­o­ns­un­terlagen hatte die Beklagte die Klägerin hinsichtlich der "Risiken" unter anderem darauf hingewiesen, dass die Klägerin dann, wenn die Zinsdifferenz stark absinkt, höhere Zinszahlungen zu leisten hat als sie empfängt. Das Verlustrisiko der Klägerin bezeichnete die Beklagte als "theoretisch unbegrenzt". Zum Zeitpunkt des Vertrags­schlusses hatte der CMS Spread Ladder Swap-Vertrag einen von der Beklagten bewusst einstruk­tu­rierten negativen Marktwert in Höhe von ca. 4 % der Bezugssumme (ca. 80.000 Euro), worauf die Beklagte die Klägerin nicht hinwies.

Auf Rückzahlung nebst Zinsen gerichtete Klage in den Vorinstanzen erfolglos

Ab Herbst 2005 nahm die für die Berechnung der Zinszah­lungs­pflicht der Klägerin relevante Zinsdifferenz - entgegen der Prognose der Beklagten - fortlaufend ab, so dass sich der Vertrag nach Ablauf des ersten Geschäftsjahres für die Klägerin als Verlustgeschäft erwies. Am 26. Januar 2007 wurde das Swapgeschäft gegen Zahlung eines Ausgleichs­be­trages durch die Klägerin in Höhe des aktuellen negativen Marktwertes von 566.850 Euro aufgelöst. Die - unter Anrechnung erhaltener Zinszahlungen - im Wesentlichen auf Rückzahlung von 541.074 Euro nebst Zinsen gerichtete Klage hatte in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg.

BGH gibt Zahlungsantrag statt

Der Bundes­ge­richtshof hat hiervon abweichend entschieden, dass die Beklagte ihre Beratungs­pflichten verletzt hat, und dem Zahlungsantrag stattgegeben.

Bank muss bei Anlageberatung Risiko­be­reit­schaft des Anlegers erfragen

Nach den bisherigen Feststellungen war nicht abschließend zu klären, ob die Beklagte ihrer Pflicht zu einer anleger­ge­rechten Beratung der Klägerin nachgekommen ist. Eine Bank muss bei der Anlageberatung vor Abgabe der Empfehlung die Risiko­be­reit­schaft des Anlegers erfragen, es sei denn, diese ist ihr aus einer langjährigen Geschäfts­be­ziehung oder dem bisherigen Anlageverhalten ihres Kunden bereits bekannt. Entgegen der Auffassung des Berufungs­ge­richts entfiel eine dahingehende Erkun­di­gungs­pflicht der Beklagten nicht allein deshalb, weil an der Beratung auf Seiten der Klägerin deren Prokuristin - eine Diplom-Volkswirtin - teilgenommen hat. Diese berufliche Qualifikation lässt für sich allein weder den Schluss zu, der Anleger habe Kenntnisse über die spezifischen Risiken eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages, noch kann aus etwaig vorhandenen Vorkenntnissen des Kunden allein auf dessen Risiko­be­reit­schaft geschlossen werden.

Aufklärung muss bei hochkomplexem Produkt gewährleisten, dass Kunde den gleichen Kenntnis- und Wissensstand hat wie die ihn beratende Bank

Einer Zurück­ver­weisung an das Berufungs­gericht zur Klärung der noch offenen Risiko­be­reit­schaft der Klägerin bedurfte es indessen nicht, weil aus anderen Gründen bereits feststand, dass die Beklagte ihre Beratungs­pflichten verletzt hat. Bei einem so hochkomplex strukturierten und riskanten Produkt wie dem CMS Spread Ladder Swap-Vertrag sind hinsichtlich der Risiko­dar­stellung des Anlageprodukts hohe Anforderungen an die beratende Bank zu stellen. Dem Kunden muss in verständlicher und nicht verharmlosender Art und Weise insbesondere klar vor Augen geführt werden, dass das für ihn nach oben nicht begrenzte Verlustrisiko nicht nur ein "theoretisches" ist, sondern abhängig von der Entwicklung des "Spreads" real und ruinös sein kann, wohingegen die ihn beratende Bank - abgesehen von den "Hedge-Geschäften" - ihr Verlustrisiko von vornherein eng begrenzt, weil sich durch die Kappung der variablen Zinsen bei  % keine "negative Zinszah­lungs­pflicht" des Kunden errechnen kann, die die auf 3 % p.a. festge­schriebene Zahlungspflicht der Bank erhöhen könnte. Die Aufklärung, die in ihrer Intensität von den Umständen des Einzelfalls abhängt, muss bei einem so hochkomplexen Produkt gewährleisten, dass der Kunde im Hinblick auf das Risiko des Geschäfts im Wesentlichen den gleichen Kenntnis- und Wissensstand hat wie die ihn beratende Bank, weil ihm nur so eine eigen­ver­ant­wortliche Entscheidung möglich ist, ob er die ihm angebotene Zinswette annehmen will.

Von Deutscher Bank bewusst strukturierter negativer Marktwert ist Ausdruck schwerwiegenden Inter­es­sen­kon­fliktes

Ob die Beklagte diesen hohen Anforderungen an die Darstellung der Risiken des CMS Spread Ladder Swap-Vertrages gerecht geworden ist, konnte offen bleiben, weil sie ihre Beratungs­pflicht bereits dadurch verletzt hat, dass sie nicht auf den zum Abschluss­zeitpunkt für die Klägerin negativen Marktwert des Vertrages in Höhe von ca. 4 % der Bezugssumme (ca. 80.000 Euro) hingewiesen hat. Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die Beklagte im Rahmen der von ihr durchgeführten Anlageberatung zu einer dahingehenden Aufklärung verpflichtet gewesen wäre, weil der von ihr bewusst strukturierte negative Marktwert Ausdruck eines schwerwiegenden Inter­es­sen­kon­fliktes ist. Bei der in Rede stehenden Zinswette ist der Gewinn der einen Seite der spiegel­bildliche Verlust der anderen Seite. Für die Beklagte als Partnerin der Zinswette erweist sich der "Tausch" (engl. swap) der Zinszahlungen nur dann als günstig, wenn ihre Prognose zur Entwicklung der Zinsdifferenz gerade nicht eintritt und die Klägerin Verlust erleidet. Als Beraterin ist die Beklagte hingegen verpflichtet, die Interessen der Klägerin zu wahren. Diesen Inter­es­sen­konflikt hat die Beklagte nicht dadurch gelöst, dass sie ihre Rolle als "Wettgegnerin" der Klägerin nicht für die vertraglich vereinbarte Laufzeit beibehalten hat, sondern ihre Risiken und Chancen des Geschäfts sofort durch "Hedge-Geschäfte" an andere Marktteilnehmer weitergegeben hat. Die weitere Entwicklung des "Spreads" über die Laufzeit des Vertrages konnte der Beklagten nur deshalb gleichgültig sein, weil sie durch diese Gegengeschäfte bereits ihre Kosten gedeckt und ihren Gewinn erzielt hat. Dies hat die Beklagte dadurch ermöglicht, dass sie die Konditionen des Swap-Vertrages bewusst so strukturiert hat, dass der Markt das Risiko, das die Klägerin übernimmt, in Höhe von ca. 4 % der Bezugssumme negativ und die Chancen der Beklagten in dieser Höhe positiv bewertete, so dass sie sich diesen Vorteil durch die "Hedge-Geschäfte" abkaufen lassen konnte. Der Pflicht zur Aufklärung über den negativen Anfangswert des Vertrages steht nicht entgegen, dass eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet ist, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. Der insofern bestehende Inter­es­sen­konflikt ist offenkundig. Er ist jedoch dann aufklä­rungs­pflichtig, wenn - wie hier - über das reine Gewinn­er­zie­lungs­in­teresse hinaus besondere Umstände hinzutreten. Diese besonderen Umstände bestehen bei der Empfehlung eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages darin, dass die beratende Bank die Risikostruktur des Anlagegeschäfts bewusst zu Lasten des Anlegers gestaltet hat, um unmittelbar im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vertrages das Risiko gewinnbringend verkaufen zu können, das der Kunde aufgrund ihrer Beratungs­leistung übernommen hat.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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