23.11.2024
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Dokument-Nr. 8108

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Beschluss16.06.2009BundesgerichtshofXI ZB 33/08
Vorinstanzen:
  • Oberlandesgericht München, Beschluss26.11.2008, 5 W 2678/08
  • Landgericht München I, Beschluss23.09.2008, 29 O 7189/08
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss16.06.2009

BGH: Rechtsstreit wegen fehlerhafter Beratung beim Vertrieb eines Filmfonds kann nicht ausgesetzt werdenMusterverfahren bei Rechtss­trei­tig­keiten aufgrund von Schaden­s­er­satz­ansprüchen wegen mangelhafter Anlageberatung nicht zulässig

Rechtss­trei­tig­keiten, in denen kein zulässiger Muster­fest­stel­lungs­antrag nach § 1 Kapitalanleger-Muster­ver­fah­rens­gesetz (KapMuG) gestellt werden kann, darf nach § 7 KapMuG nicht ausgesetzt werden. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an einem Filmfonds in Anspruch. Diesen Rechtsstreit hat das Landgericht München I im Hinblick auf ein beim Oberlan­des­gericht München anhängiges und öffentlich bekannt gemachtes Kapitalanleger-Musterverfahren, das einzelne Fragen zur Richtigkeit und Vollständigkeit des für den betreffenden Fonds herausgegebenen Prospekts zum Gegenstand hat, gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 KapMuG ausgesetzt. Die dagegen gerichteten sofortigen Beschwerden beider Parteien hat das Oberlan­des­gericht München als unzulässig verworfen, da der Ausset­zungs­be­schluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 KapMuG keinem Rechtsmittel unterliege. Auf die vom Beschwer­de­gericht zugelassenen Rechts­be­schwerden beider Parteien hat der XI. Zivilsenat den Verwer­fungs­be­schluss des Oberlan­des­ge­richts München und den Ausset­zungs­be­schluss des Landgerichts München aufgehoben.

Muster­fest­stel­lungs­antrag nur bei Schaden­s­er­satz­ansprüchen, die aufgrund von falschen Kapital­ma­rk­t­in­for­mation geltend gemacht werden

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass das Landgericht den Rechtsstreit nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 1 KapMuG hätte aussetzen dürfen und dass § 7 Abs. 1 Satz 4 KapMuG der Statthaftigkeit der Beschwerden nicht entgegensteht, da die gesamte Vorschrift des § 7 KapMuG von vornherein nur solche Rechtss­trei­tig­keiten erfasst, in denen zulässigerweise ein Muster­fest­stel­lungs­antrag gestellt werden kann. Dies ist bei Schaden­s­er­satz­ansprüchen nur dann der Fall, wenn diese auf eine falsche, irreführende oder unterlassene öffentliche Kapital­ma­rk­t­in­for­mation gestützt werden (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KapMuG). Wie der Bundes­ge­richtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist demgegenüber ein Musterverfahren bei Rechtss­trei­tig­keiten, in denen - wie hier - Schaden­s­er­satz­ansprüche wegen einer fehlerhaften individuellen Anlageberatung geltend gemacht werden, nicht zulässig, auch wenn zur Beratung ein fehlerhafter Prospekt herangezogen worden ist. Ein Rechtsstreit, in dem ein Muster­fest­stel­lungs­antrag nach diesen Grundsätzen als unzulässig zurückgewiesen werden müsste, kann nicht über die Aussetzung nach § 7 KapMuG in das Musterverfahren einbezogen werden. Eine erweiterte Auslegung des § 7 Abs. 1 KapMuG, wie sie die Instanzgerichte vorgenommen haben, widerspricht dem Sinn und Zweck der Regelung, ist mit der Systematik des Gesetzes nicht vereinbar und findet auch in der Entwurfs­be­gründung keine tragfähige Stütze. Soweit das Landgericht die Aussetzung auch auf § 148 ZPO gestützt hat, fehlt es an der insofern erforderlichen Vorgreif­lichkeit des Muster­ver­fahrens für den vorliegenden Rechtsstreit.

§ 7 KapMuG

(1) Nach der Bekanntmachung des Muster­ver­fahrens im Klageregister durch das Oberlan­des­gericht setzt das Prozessgericht von Amts wegen alle bereits anhängigen oder bis zum Erlass des Muste­rent­scheids noch anhängig werdenden Verfahren aus, deren Entscheidung von der im Musterverfahren zu treffenden Feststellung oder der im Musterverfahren zu klärenden Rechtsfrage abhängt. Das gilt unabhängig davon, ob in dem Verfahren ein Muster­fest­stel­lungs­antrag gestellt wurde. Die Parteien sind anzuhören, es sei denn, dass sie darauf verzichtet haben. Der Ausset­zungs­be­schluss ist nicht anfechtbar.

(…)

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 144/09 des BGH vom 07.07.2009

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