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- NJW 2018, 861Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2018, Seite: 861
- Landgericht Düsseldorf, Urteil27.06.2014, 22 O 21/14
- Fluggesellschaft haftet nicht für Sturz eines Fluggastes auf GangwayOberlandesgericht Düsseldorf, Urteil25.02.2015, I-18 U 124/14
Bundesgerichtshof Urteil20.11.2017
Luftverkehrsunternehmen haftet für Sturz eines Fluggastest auf nasser FluggastbrückeSchutz des Reisenden vor spezifischen Gefahren einer Verletzung während einer Luftbeförderung umfasst auch Ein- und Aussteigen
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Luftverkehrsunternehmen für den Schaden haftet, den sich ein Reisender beim Ein- und Aussteigen auf einer nassen Fluggastbrücke zuzieht. Dies gilt zumindest dann, wenn dem Reisenden nicht gegebenenfalls ein Mitverschulden anzulasten ist.
Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens buchte für den 9. Februar 2013 für sich und seine Ehefrau einen von der Beklagten durchgeführten Flug von Düsseldorf nach Hamburg. Nach seinem Vortrag kam er beim Einsteigen auf der Fluggastbrücke aufgrund einer durch Kondenswasser ausgebildeten feuchten Stelle zu Fall und erlitt infolge des Sturzes eine Patellafraktur. Der Kläger machte gegen das beklagte Luftfahrtunternehmen Schadensersatz für aufgewendete Heilungskosten, für erlittene Erwerbsunfähigkeit und aus abgetretenem Recht auf Entgeltfortzahlung und ein Schmerzensgeld geltend.
Landgericht verneint Schadensersatzpflicht des Luftverkehrsunternehmens
Das Landgericht Düsseldorf wies die Klage ab. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Das Oberlandesgericht hat angenommen, dass die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zum Schadensersatz verpflichtet sei. Sie treffe insbesondere keine Haftung nach Art. 1 Satz 2, Art. 3 VO (EG) Nr. 2027/97 (in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 889/2002) i.V.m. Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens vom 28. Mai 1999 zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (Montrealer Übereinkommens - MÜ). Der Haftungstatbestand erfasse nur solche Ereignisse, deren Ursache in typischen Risiken des Luftverkehrs liege, nicht aber Ereignisse, die in ähnlicher Weise in anderen Lebensbereichen vorkämen und nur bei Gelegenheit einer Luftbeförderung einträten. Eine luftverkehrstypische Gefahr habe sich beim behaupteten Sturz des Klägers aber nicht realisiert. Eine durch Feuchtigkeit auf dem Boden einer Fluggastbrücke bedingte Rutschgefahr stehe in keinem inneren Zusammenhang mit den speziellen Gefahren des Luftverkehrs, sondern sei auch in anderen Lebensbereichen möglich.
BGH schließt Haftung des Luftverkehrsunternehmens nicht aus
Der Bundesgerichtshof hob die Revision des Klägers das Berufungsurteil auf und wies die Sache an das Berufungsgericht zurück. Der Bundesgerichtshof hält anders als das Berufungsgericht eine Haftung des Luftverkehrsunternehmens nach Art. 17 Abs. 1 MÜ für gegeben, wenn die Behauptungen des Klägers zum Unfallhergang, zu dem das Berufungsgericht noch keine Feststellungen getroffen hat, richtig sind. Er musste nicht abschließend entscheiden, ob die Haftung für Personenschäden nach dieser Bestimmung durch das Erfordernis der Verwirklichung eines luftverkehrstypischen Risikos eingeschränkt wird. Die in Rede stehende Haftungsvorschrift bezweckt den Schutz des Reisenden vor spezifischen Gefahren einer Verletzung seines Körpers während einer Luftbeförderung und erfasst auch die Vorgänge des Einsteigens in das Flugzeug und des Aussteigens aus dem Flugzeug. Zum Einsteigevorgang gehört jedenfalls das Besteigen einer Flugzeugtreppe oder das Begehen einer Fluggastbrücke. Die Fluggastbrücke birgt wegen des konstruktionsbedingt fehlenden Handlaufs, des von Höhe und Lage der Flugzeugtür abhängigen Gefälles und der durch die Verbindung unterschiedlich temperierter Bereich bedingten Gefahr von Kondenswasserbildung spezifische Risiken, vor denen die gesetzlich angeordnete Gefährdungshaftung den Reisenden schützen soll. Kommt der Reisende zu Schaden, weil sich eine dieser Gefahren realisiert hat, muss das Luftverkehrsunternehmen - soweit dem nicht gegebenenfalls ein Mitverschulden des Reisenden entgegensteht - hierfür einstehen.
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
Art. 17 Abs. 1 MÜ
Erläuterungen
Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der dadurch entsteht, dass ein Reisender getötet oder körperlich verletzt wird, jedoch nur, wenn sich der Unfall, durch den der Tod oder die Körperverletzung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder beim Ein- oder Aussteigen ereignet hat.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.11.2017
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
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