18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen ein Flugzeug am Himmel.
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss13.03.2012

Bundes­ge­richtshof setzt Verfahren zu Ausgleichs­ansprüchen nach der Flugga­st­rech­te­ver­ordnung bei verspätetem Zubringerflug ausGericht wartet Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union in ähnlich gelagerten Fällen ab

Der Bundes­ge­richtshof hat ein Verfahren über mögliche Ausgleichs­ansprüche von Reisenden, die aufgrund eines verspäteten Zubringerflugs einen Anschluss­flieger verpasst haben, ausgesetzt. Der Gerichtshof erklärte vor der Urteils­ver­kündung zunächst Urteile des Europäischen Gerichtshofs in ähnlich gelagerten Fällen abwarten zu wollen.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls verlangt von dem beklagten Luftfahrt­un­ter­nehmen aus eigenem und abgetretenem Recht eines Mitreisenden eine Ausgleichs­zahlung in Höhe von jeweils 600 Euro nach der EU-Flugga­st­rech­te­ver­ordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unter­stüt­zungs­leis­tungen für Fluggäste im Fall der Nicht­be­för­derung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen).

Reisende verpassen Anschluss­flieger aufgrund Verspätungen des Zubringerflugs

Die Reisenden buchten bei der Beklagten für den 20. Januar 2010 einen Flug von Berlin-Tegel über Madrid nach San José (Costa Rica). Sie erhielten bereits bei der Abfertigung in Berlin die Bordkarten für den Anschlussflug. Der Abflug von Berlin verzögerte sich um eineinhalb Stunden. Das Flugzeug landete in Madrid um 11.28 Uhr und erreichte die Standposition um 11.39 Uhr. Der Weiterflug nach San José sollte um 12.05 Uhr von einem anderen Flugsteig erfolgen. Als die Reisenden dort am Ausgang eintrafen, war der Einstei­ge­vorgang bereits beendet. Sie wurden daher nicht mit dem ursprünglich gebuchten Flug, sondern erst am folgenden Tag mit dem Flug um 12.05 Uhr nach San José befördert.

Berufungs­gericht verneint Anspruch auf Ausgleichs­zahlung bei Verspätung des Zubringerflugs

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungs­gericht hat die Auffassung vertreten, dass einem Fluggast, der einen Flug wegen eines verspäteten Zubringerflugs nicht erreiche, kein Anspruch auf eine Ausgleichs­zahlung nach Art. 4 Abs. 3*, Art. 7** der Flugga­st­rech­te­ver­ordnung zustehe; Zubringerflug und Anschlussflug seien nach gefestigter Rechtsprechung grundsätzlich isoliert zu betrachten. Es liege auch keine zur Ausgleichs­zahlung verpflichtende Beför­de­rungs­ver­wei­gerung vor, da sich die Reisenden in Madrid erst nach Abschluss des Einstei­ge­vorgangs und damit nicht mehr rechtzeitig am Flugsteig des Weiterflugs eingefunden hätten. Hiergegen richtet sich die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision der Klägerin.

Bundes­ge­richtshof setzt Verhandlung bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union aus

Der Bundes­ge­richtshof hat die Verhandlung bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in einem von drei bereits dort anhängigen Vorla­ge­ver­fahren ausgesetzt. Es kommt in Betracht, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch unter dem Gesichtspunkt einer ausgleichs­pflichtigen Verspätung zusteht. Ob die Voraussetzungen hierfür auch dann gegeben sind, wenn sich der Abflug wie hier um eine Zeitspanne verzögert hat, die unterhalb der von der Verordnung definierten Grenze von mindestens zwei Stunden liegt, die Ankunft am letzten Zielort aber mindestens drei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit erfolgt, ist Gegenstand der beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängigen Rechtssache C11/11 sowie der verbundenen Rechtssachen C-436/11 und C-437/11.

*Art. 4 Abs. 3 Flugga­st­rech­te­ver­ordnung

Erläuterungen
Wird Fluggästen gegen ihren Willen die Beförderung verweigert, so erbringt das ausführende Luftfahrt­un­ter­nehmen diesen unverzüglich die Ausgleichs­lei­tungen gemäß Artikel 7 und die Unter­stüt­zungs­leis­tungen gemäß den Artikeln 8 und 9.

**Art. 7 Flugga­st­rech­te­ver­ordnung

Ausgleichsanspruch

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichs­zah­lungen in folgender Höhe:

a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,

b) 400 EUR bei allen inner­ge­mein­schaft­lichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,

c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.

Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nicht­be­för­derung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss13183

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI