24.11.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 7751

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Urteil22.04.2009BundesgerichtshofVIII ZR 86/08
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GE 2009, 773Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2009, Seite: 773
  • MDR 2009, 860Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2009, Seite: 860
  • MietRB 2009, 221Zeitschrift: Der Miet-Rechts-Berater (MietRB), Jahrgang: 2009, Seite: 221
  • NJW 2009, 2295Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2009, Seite: 2295
  • NZM 2009, 477Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2009, Seite: 477
  • WuM 2009, 344Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2009, Seite: 344
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Köln, Urteil11.11.2005, 208 C 393/05
  • Landgericht Köln, Urteil05.03.2009, 10 S 327/05
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil22.04.2009

BGH zur Wohnflächen­berechnung unter anteiliger Einbeziehung von Dachterrassen­flächenBerechnung für Wohnfläche ist grundsätzlich anhand der für preisgebundenen Wohnraum geltenden Bestimmungen zu ermitteln

Terrassen, Loggien und Dachterrassen sind bei der Berechnung der Wohnfläche einer Wohnung "in der Regel" mit einem Viertel zu bewerten. Sie können aber auch bis zur Hälfte ihrer Fläche angerechnet werden. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden. Die Anrechnung von z.B. Dachterrassen­flächen auf die Gesamt­wohn­fläche der Mietwohnung sei allerdings dann auf ein Viertel begrenzt, wenn die Anrechnung zu einem Viertel der ortsüblichen Verkehrssitte entspreche, führten die Richter aus.

Der unter anderem für das Wohnraum­mietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hatte über die Frage zu entscheiden, mit welchem Anteil Dachterrassen bei der Berechnung der Wohnfläche einer Mietwohnung zu berücksichtigen sind.

Sachverhalt

Die Beklagte ist Mieterin einer Maiso­n­et­te­wohnung des Klägers in Köln. Die Miete ist mit 1.000 € monatlich zzgl. einer Betrie­bs­kos­ten­pau­schale von 180 € vereinbart. Die Wohnungsgröße ist im Mietvertrag mit "ca. 120 m²" angegeben. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Wohnfläche der Innenräume 90,11 m² beträgt. Zu der Wohnung gehören zwei Dachterrassen mit Grundfläche von 25,20 m² und von 20 m². Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Fläche der Dachterrassen nur zu jeweils ¼ anzurechnen sei, so dass die tatsächliche Wohnfläche um mehr als 10 % von der vereinbarten Wohnfläche abweiche und sie aus diesem Grund die Miete rückwirkend um 182,78 € monatlich mindern könne. Sie hat deshalb einen Betrag von 3.488,34 € einbehalten. Mit der Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen in Anspruch. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungs­gericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision des Klägers hatte Erfolg. Sie führte zur Aufhebung des Berufungs­urteils und Zurück­ver­weisung des Rechtsstreits an das Berufungs­gericht.

Abweichung der vertraglich vereinbarten Wohnfläche um mehr als 10 % berechtigt zur Mietminderung

Nach der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs stellt eine Abweichung der tatsächlich vorhandenen von der vereinbarten Wohnfläche um mehr als 10 % einen erheblichen Mangel der Mietsache dar, die den Mieter zu einer entsprechenden Mietminderung berechtigt (vgl. BGH, Urteil v. 24.03.2004 - VIII ZR 295/03 -). Dabei ist der Begriff "Wohnfläche" im Wohnraum­mietrecht auch bei frei finanziertem Wohnraum grundsätzlich anhand der für preisgebundenen Wohnraum geltenden Bestimmungen auszulegen. Dementsprechend ist die Wohnfläche für Mietver­hältnisse aus der Zeit vor dem 1. Januar 2004 aufgrund der bis zum 31. Dezember 2003 anwendbaren §§ 42 bis 44 der Zweiten Berech­nungs­ver­ordnung (II. BV), für Mietver­hältnisse jüngeren Datums nach der ab dem 1. Januar 2004 geltenden Wohnflächenverordnung (WoFlV) zu ermitteln. Das gilt nur dann nicht, wenn die Parteien dem Begriff der Wohnfläche im Einzelfall eine abweichende Bedeutung beigemessen haben oder wenn ein anderer Berech­nungsmodus vereinbart oder ortsüblich ist oder nach der Art der Wohnung näher liegt.

Nach der Auffassung des Berufungs­ge­richts sind mangels abweichender Vereinbarung der Parteien für die Berechnung der Wohnfläche der Mietwohnung der Beklagten die "allgemeinen Regeln" – des § 44 Abs. 2 II.BV, des § 4 Nr. 4 WoFlV und der DIN 283 – anzuwenden. Diese sehen für die Anrechnung von Außenflächen (Balkonen, Loggien und Dachterrassen) unter­schiedliche Anrech­nungs­quoten vor. Während die DIN 283 eine starre Anrechnung zu ¼ vorschreibt, lässt § 44 Abs. 2 II. BV eine Anrechnung bis zur Hälfte zu. Nach § 4 Nr. 4 WoFlV sind solche Flächen höchstens zur Hälfte, in der Regel aber mit ¼ anzurechnen.

Das Berufungs­gericht hat offen gelassen, ob die Anrechnung im vorliegenden Fall nach der DIN 283 oder nach § 44 Abs. 2 II. BV (§ 4 Abs. 4 WoFlV ist auf den Mietvertrag aus dem Jahr 2003 aus zeitlichen Gründen nicht anwendbar) zu erfolgen hat. Es hat dies damit begründet, dass auch nach § 44 Abs. 2 II. BV die Anrech­nungsquote nur ¼ betrage, wenn der Vermieter den Mieter nicht bei Vertrags­ab­schluss darauf hingewiesen habe, dass er Außenflächen mit einem "überdurch­schnittlich hohen" Prozentsatz von mehr als 25 % angesetzt habe.

Bei Wohnflä­chen­be­rechnung ist Grundfläche einer Dachterrasse bis zur Hälfte anzurechnen

Dieser Auffassung ist der Bundes­ge­richtshof nicht gefolgt. Einen Mittel- oder Regelwert der Anrechnung von ¼ nennt § 44 Abs. 2 II. BV – anders als § 4 Abs. 4 WoFlV – nicht. Die Bestimmung überlässt es vielmehr dem Bauherrn, die für ihn unter dem Gesichtspunkt der Wohnungs­bau­för­derung günstigste Anrech­nungsquote bis zur Hälfte zu wählen.

Dieser dem Bauherrn vom Gesetz bewusst eingeräumte Spielraum kann bei der Ermittlung der Wohnfläche nach dem Maßstab des § 44 Abs. 2 II. BV auch dann nicht unberück­sichtigt bleiben, wenn es wie im vorliegenden Fall um die Frage einer möglichen Wohnflä­che­n­ab­weichung als Mangel der Mietsache geht. Denn dies hätte zur Folge, dass Vermieter unter Umständen erhebliche Mietminderungen wegen Wohnflä­che­n­ab­weichung hinnehmen müssten, obwohl die im Mietvertrag angegebene Wohnfläche nach Maßgabe des § 44 Abs. 2 II. BV zulässigerweise unter Anrechnung von Balkon- und Terras­sen­flächen bis zur Hälfte errechnet worden ist. Ein solches Ergebnis erscheint nicht hinnehmbar. Es hat deshalb – vorbehaltlich abweichender Partei­ver­ein­barung oder örtlicher Verkehrssitte – dabei zu bewenden, dass bei Wohnflä­chen­be­rech­nungen nach Maßgabe des § 44 Abs. 2 II. BV die Grundfläche einer Dachterrasse bis zur Hälfte anzurechnen ist.

Anrechnung der Dachterrasse ist nur dann auf ein 1/4 zu begrenzen, wenn es der ortsüblichen Verkehrssitte entspricht

Die Anrechnung der Dachter­ras­sen­flächen auf die Gesamt­wohn­fläche der Mietwohnung der Beklagten ist allerdings dann auf ¼ begrenzt, wenn es zutrifft, dass die Anrechnung zu ¼ der in Köln ortsüblichen Verkehrssitte entspricht, wie die Beklagte in den Tatsa­chen­in­stanzen vorgetragen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs haben ortsübliche Berech­nungs­weisen mangels abweichender Partei­ver­ein­barung Vorrang. Das Berufungs­gericht, das eine Begrenzung der Anrechnung auf ¼ schon aus anderen Gründen für geboten erachtet hat, wird daher nunmehr festzustellen haben, ob eine dahingehende ortsübliche Verkehrssitte hinsichtlich der Anrechnung von Terras­sen­flächen besteht.

Bereits 2006 hatte der BGH einen ähnlichen Fall zu entscheiden, in dem es um die Größe einer Dachterrassen-Penthou­se­wohnung ging (vgl. BGH, Urteil v. 22.02.2006 - VIII ZR 219/04 -).

Quelle: ra-online (pt)

der Leitsatz

BGB § 536; II. BV § 44

a) Die Ermittlung einer im Mietvertrag vereinbarten Wohnfläche richtet sich - soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben oder eine andere Berech­nungsweise ortsüblich ist - nach den für den preisgebundenen Wohnraum im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags maßgeblichen Bestimmungen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 23. Mai 2007 - VIII ZR 231/06, NJW 2007, 2624, Tz. 13).

b) Sind hiernach für die Fläche­n­er­mitt­lungen die Bestimmungen der II. Berech­nungs­ver­ordnung maßgeblich, können Grundflächen von Balkonen, Loggien, Dachgärten und gedeckten Freisitzen unabhängig von ihrer Lage, Ausrichtung und Nutzbarkeit bis zur Hälfte angerechnet werden.

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