03.12.2024
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Bundesgerichtshof Urteil14.07.2010

BGH: Gasver­sor­gungs­un­ter­nehmen hat kein gesetzliches Preis­än­de­rungsrecht bei Belieferung von SonderkundenGaspreis­er­höhung nur bei Tarifkunden zulässig

Versor­gungs­un­ter­nehmen dürfen nicht unmittelbar aufgrund des gesetzlichen Preis­än­de­rungs­rechts Gaspreis­er­hö­hungen vornehmen, wenn es sich bei den Kunden nicht um Tarifkunden, sondern um Sonderkunden handelt. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Die Kläger der beiden zugrunde liegenden Verfahren mit weitgehend gleich gelagertem Sachverhalt wurden als Endverbraucher von der Beklagten, einem nordwest­deutschen Energie­ver­sor­gungs­un­ter­nehmen, zum "Sondertarif S I" leitungs­ge­bunden mit Erdgas beliefert. In diesem Tarif erhöhte das Versor­gungs­un­ter­nehmen den Arbeitspreis zum 1. September 2004 von 3,00 Cent/kWh auf 3,40 Cent/kWh, zum 1. August 2005 auf 3,88 Cent/kWh und zum 1. Februar 2006 auf 4,26 Cent/kWh (jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer). Die Kunden haben beantragt festzustellen, dass die genannten Tariferhöhungen ihnen gegenüber unwirksam sind. Das Amtsgericht hat die Klagen abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufungen der Kunden zurückgewiesen.

Preisänderung nur bei Tarifkunden, nicht aber bei Sonderkunden zulässig

Die dagegen gerichteten Revisionen der Kunden hatten Erfolg. Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass das Versor­gungs­un­ter­nehmen - entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung - nicht unmittelbar aufgrund des gesetzlichen Preis­än­de­rungs­rechts gemäß § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV* zur Preisänderung befugt war, weil es sich bei den Kunden nicht um Tarifkunden (§ 1 Abs. 2 AVBGasV*), sondern um Sonderkunden handelt. Dies hat auch das Versor­gungs­un­ter­nehmen inzwischen klar gestellt, nachdem es zunächst angenommen hatte, es handele sich um Tarifkunden. Für die Wirksamkeit der Preiserhöhungen kommt es deshalb darauf an, ob das Unternehmen sich wirksam vertraglich ein Preis­än­de­rungsrecht vorbehalten hat. Dazu hat das Landgericht keine rechts­feh­ler­freien Feststellungen getroffen.

Bei vertraglich vorbehaltenem einseitigen Preis­be­stim­mungsrecht muss ggf. Billig­keits­kon­trolle der beanstandeten Preiserhöhungen erfolgen

Die Verfahren sind an das Landgericht zurückverwiesen worden, damit die erforderlichen Feststellungen zum wirksamen Vorbehalt eines vertraglichen Preis­än­de­rungs­rechts nachgeholt werden können. Sollte ein vertraglich vorbehaltenes einseitiges Preis­be­stim­mungsrecht des Versor­gungs­un­ter­nehmens bestehen, muss eine Billigkeitskontrolle (§ 315 Abs. 3 BGB) der beanstandeten Preiserhöhungen erfolgen.

*Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV; gültig bis 7. November 2006)

§ 1 Gegenstand der Verordnung

(1) Die allgemeinen Bedingungen, zu denen Gasver­sor­gungs­un­ter­nehmen nach § 6 Abs. 1 des Energie­wirt­schafts­ge­setzes jedermann an ihr Versorgungsnetz anzuschließen und zu allgemeinen Tarifpreisen zu versorgen haben, sind in den §§ 2 bis 34 dieser Verordnung geregelt. Sie sind Bestandteil des Versor­gungs­ver­trages.

(2) Kunde im Sinne dieser Verordnung ist der Tarifkunde.

§ 4 Art der Versorgung

(1) Das Gasver­sor­gungs­un­ter­nehmen stellt zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung. Der Brennwert mit der sich aus den Erzeugungs- oder Bezugs­ver­hält­nissen des Unternehmens ergebenden Schwan­kungs­breite sowie der für die Versorgung des Kunden maßgebende Ruhedruck des Gases bestimmen sich nach den allgemeinen Tarifen.

(2) Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen werden erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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