14.11.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.

Dokument-Nr. 20821

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Urteil25.03.2015BundesgerichtshofVIII ZR 243/13, VIII ZR 360/13 und VIII ZR 109/14
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GE 2015, 660Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2015, Seite: 660
  • MDR 2015, 575Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2015, Seite: 575
  • WuM 2015, 373Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2015, Seite: 373
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Vorinsatzen zu VIII ZR 243/13:
  • Landgericht Hamburg, Urteil22.02.2013, 318 O 35/12
  • Oberlandesgericht Hamburg, Urteil17.04.2013, 4 U 38/13
Vorinstanzen zu VIII ZR 360/13:
  • Landgericht Hamburg, Urteil01.04.2010, 309 O 99/09
  • Oberlandesgericht Hamburg, Urteil12.11.2013, 7 U 59/10
Vorinstanzen zu VIII ZR 109/14:
  • Landgericht Hamburg, Urteil31.03.2011, 316 O 89/09
  • Oberlandesgericht Hamburg, Urteil06.03.2014, 5 U 108/11
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil25.03.2015

Wohnungs­eigen­tümer­gemeinschaft ist als Verbraucher gemäß § 13 BGB anzusehenBGH zur Verbraucher­eigen­schaft einer Wohnungs­eigen­tümer­gemeinschaft

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass eine Wohnungs­eigen­tümer­gemeinschaft als Verbraucher gemäß § 13 BGB anzusehen ist. Die Wohnungs­eigen­tümer­gemeinschaft ist im Interesse des Verbrau­cher­schutzes der in ihr zusammen­geschlossenen, nicht gewerblich handelnden natürlichen Personen regelmäßig einem Verbraucher gleichzustellen, nämlich immer dann, wenn ihr wenigstens ein Verbraucher angehört und sie ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder einer gewerblichen noch einer selbständigen beruflichen Tätigkeit dient.

Der Bundes­ge­richtshof hatte sich in den zugrunde liegenden Verfahren mit der Frage zu befassen, ob eine in einem Gaslie­fe­rungs­vertrag enthaltene formularmäßige Preisanpassungsklausel (Spannungs­klausel), nach der sich der Arbeitspreis für die Lieferung von Gas zu bestimmten Zeitpunkten ausschließlich in Abhängigkeit von der Preis­ent­wicklung für Heizöl ändert, bei ihrer Verwendung gegenüber einer Wohnungseigentümergemeinschaft der Inhalts­kon­trolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhält. Ähnliche formularmäßig vereinbarte Preis­an­pas­sungs­klauseln wie die hier verwendete hatte der Senat bereits in früheren Urteilen bei einer Verwendung gegenüber Unternehmern als wirksam erachtet (vgl. Bundes­ge­richtshof, Urteil v. 14.05.2014 - VIII ZR 114/13 und VIII ZR 116/13 -), bei einer Verwendung gegenüber Verbrauchern jedoch entschieden, dass sie der Inhalts­kon­trolle nicht standhalten, soweit sie künftige Preisänderungen betreffen (vgl. Bundes­ge­richtshof, Urteil v. 24.03.2010 - VIII ZR 178/08 und VIII ZR 304/08 -).

Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaften sehen sich selbst als Verbraucher an und halten Preis­an­pas­sungs­klausel daher für unwirksam

In den verhandelten Verfahren machten die Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaften geltend, dass sie als Verbraucher anzusehen seien. Deswegen sei die Preis­an­pas­sungs­klausel unwirksam, so dass sie die vom Versor­gungs­un­ter­nehmen verlangten erhöhten Beträge nicht schuldeten beziehungsweise ihnen ein Rückfor­de­rungs­an­spruch zustehe, soweit sie die verlangten Beträge gezahlt hätten. Im Verfahren VIII ZR 243/13 geht es dabei um einen Betrag von 184.736,56 Euro für einen Lieferzeitraum von 2 ½ Jahren. Das Berufungs­gericht hatte in allen Verfahren ein wirksames Preis­an­pas­sungsrecht bejaht und deshalb zugunsten des Versor­gungs­un­ter­nehmens entschieden.

BGH: Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft ist Verbraucher gleichzustellen

Der Bundes­ge­richtshof hat die in Literatur und Rechtsprechung umstrittene Frage, ob die Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft als Verbraucher gemäß § 13 BGB anzusehen ist, nunmehr bejaht. Die Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft ist im Interesse des Verbrau­cher­schutzes der in ihr zusam­men­ge­schlossenen, nicht gewerblich handelnden natürlichen Personen regelmäßig einem Verbraucher gleichzustellen, nämlich immer dann, wenn ihr wenigstens ein Verbraucher angehört und sie ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder einer gewerblichen noch einer selbständigen beruflichen Tätigkeit dient.

Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft handelt in der Regel nicht zu gewerblichen Zwecken

Als entscheidend sah der Bundes­ge­richtshof an, dass eine natürliche Person ihre Schutz­wür­digkeit als Verbraucher nicht dadurch verliert, dass sie - durch den Erwerb von Wohnungseigentum kraft Gesetzes (zwingend) - Mitglied einer Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft wird. Hinzu kommt, dass die Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft beim Abschluss von Rechts­ge­schäften mit Dritten in der Regel - und damit auch bei Energie­lie­fe­rungs­ver­trägen, die (wie hier) der Deckung des eigenen Bedarfs dienen - zum Zwecke der privaten Vermö­gens­ver­waltung ihrer Mitglieder und damit nicht zu gewerblichen Zwecken handelt. Dies gilt auch dann, wenn die Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft bei Vertragsschluss durch eine gewerbliche Hausverwaltung vertreten wird. Denn für die Abgrenzung von unter­neh­me­rischem und privatem Handeln im Sinne der §§ 13, 14 BGB kommt es im Falle einer Stellvertretung grundsätzlich auf die Person des Vertretenen an.

BGH geht von Unwirksamkeit der streit­ge­gen­ständ­lichen Preiserhöhungen aus

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist in den Verfahren VIII ZR 360/13 und VIII ZR 109/14 nach den vom Berufungs­gericht bereits getroffenen Feststellungen und im Verfahren VIII ZR 243/13 nach dem revisi­ons­rechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt von einer Verbrau­che­rei­gen­schaft der Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaften und damit von einer Unwirksamkeit der den streit­ge­gen­ständ­lichen Preiserhöhungen zugrunde liegenden Vertrags­be­stim­mungen auszugehen.

Der Bundes­ge­richtshof hat die Berufungs­urteile deshalb aufgehoben und die Verfahren zurückverwiesen, damit die erforderlichen Feststellungen zu dem jeweils geschuldeten Arbeitspreis - sowie im Verfahren VIII ZR 243/13 zur personellen Zusammensetzung der Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft - nachgeholt werden können.

§ 13 BGB Verbraucher

Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.

§ 14 BGB Unternehmer

(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Perso­nen­ge­sell­schaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) [...]

§ 307 Inhalts­kon­trolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. [...]

(3) Die Absätze 1 und 2 [...] gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen, durch die von Rechts­vor­schriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. [...] Urteile vom 24. März 2015 VIII ZR 243/13 LG Hamburg - Urteil vom 22. Februar 2013 - 318 O 35/12 OLG Hamburg - Urteil vom 17. Juli 2013 - 4 U 38/13 VIII ZR 360/13 LG Hamburg - Urteil vom 1. April 2010 - 309 O 99/09 OLG Hamburg - Urteil vom 12. November 2013 - 7 U 59/10 VIII ZR 109/14 LG Hamburg - Urteil vom 31. März 2011 - 316 O 89/09 OLG Hamburg Urteil vom 6. März 2014 - 5 U 108/11

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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