23.11.2024
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Dokument-Nr. 14198

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Urteil27.03.1968BundesgerichtshofVIII ZR 11/66
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BB 1968, 566Zeitschrift: Betriebs-Berater (BB), Jahrgang: 1968, Seite: 566
  • BGHZ 50, 45Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 50, Seite: 45
  • DB 1968, 933Zeitschrift: Der Betrieb (DB), Jahrgang: 1968, Seite: 933
  • MDR 1968, 663Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 1968, Seite: 663
  • NJW 1968, 1382Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1968, Seite: 1382
  • WM 1968, 604Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM), Jahrgang: 1968, Seite: 604
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil27.03.1968

"Fräsmaschinen-Fall": Eigen­tums­vor­behalt eines anderen verhindert nicht gutgläubigen Erwerb des EigentumsEntstehende Rechts­un­si­cherheit und soziale Ungerech­tig­keiten sind hinzunehmen

Veräußert der Vorbe­halts­käufer bei noch bestehendem Eigen­tums­vor­behalt des Lieferanten die Sache zur Sicherung an einem gutgläubigen Dritten, so wird dieser mittelbarer Besitzer. Veräußert der mittelbare Besitzer dann die Sache an einen gutgläubigen Vierten, so wird dieser Eigentümer schon mit dem Erwerb des mittelbaren Besitzes. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall verkaufte die Klägerin unter Eigentumsvorbehalt eine Fräsmaschine an eine Firma. Nachfolgend nahm die Firma bei einer Bank ein Darlehen auf und übereignete dieser zur Sicherung des Darlehens die Fräsmaschine. Die Bank wiederum übereignete die Maschine unter Abtretung ihres Heraus­ga­be­an­spruches gegen die Firma an die Beklagte. Mit der Behauptung, die Maschine stehe immer noch in ihrem Eigentum, verlangte die Klägerin die Herausgabe der Maschine.

Beklagte erhielt Eigentum

Unstreitig erhielt die Firma und die Bank kein Eigentum an der Maschine. Der Bundes­ge­richtshof entschied dennoch gegen die Klägerin. Ein Herausgabeanspruch bestand nicht, da die Beklagte Eigentum an der Fräsmaschine gemäß §§ 929, 931, 934 BGB erhielt. Die Bank und die Beklagte waren sich über den Eigen­tums­übergang einig und dass die Bank ihre Rechte aus dem Besitzmittlungsverhältnis zwischen ihr und der Firma an die Beklagte abtrete. Somit lag eine Einigung im Sinne des § 929 BGB und eine Ersatzübergabe im Sinne der §§ 931, 934 Halbsatz 1 BGB vor. Die Beklagte war gutgläubig. Eine spätere Erlangung des unmittelbaren Besitzes war nicht erforderlich.

Erlangung des mittelbaren Besitzes nicht ausgeschlossen

Die Ansicht, dass in den hier vorliegenden Fällen der gutgläubige Erwerber vom Nichteigentümer aufgrund von § 139 BGB keinen mittelbaren Besitz erlangen kann, ist nach Auffassung des BGH nicht richtig. Wäre sich richtig, würde dies den nach § 934 HS 1 BGB erforderlichen mittelbaren Besitz für einen gutgläubigen Eigentumserwerb ausschließen. Dies kann für die Fälle der hier vorliegenden Art nicht gelten. Wenn auch die Eigen­tums­ver­schaffung misslang, so lag es dennoch im Interesse und im Willen der Firma und der Bank, dass die Bank jedenfalls das Anwart­schaftsrecht erlangen sollte. Denn nur dadurch konnte das schutzwürdige Interesse der Bank auf Sicherung des Darlehens gewährleistet werden. War aber die Übertragung des Anwart­schafts­rechts wirksam, so besteht kein Grund dafür, dass das Besitz­mitt­lungs­ver­hältnis nichtig sein könnte.

Vertrauen auf den mittelbaren Besitz schutzwürdig

Der BGH führte weiter aus, dass die Bestimmungen der §§ 933, 934 BGB von dem Prinzip beherrscht werden, dass der Gesetzgeber die Schaffung des mittelbaren Besitzes zum gutgläubigen Erwerb nicht ausreichen lässt, wohl aber seine Übertragung. Da die Vereinbarung eines Besitz­mitt­lungs­ver­hältnis nicht den Besitz des Veräußerers auf den Erwerber überträgt, muss als Voraussetzung für einen gutgläubigen Eigentumserwerb vom Nichteigentümer nach § 933 BGB die Erlangung des unmittelbaren Besitzes hinzutreten. Demgegenüber überträgt die Abtretung des aus einem Besitz­mitt­ler­ver­hältnis fließenden Heraus­ga­be­an­spruchs sofort den Besitz des Veräußerers, wenn auch einen mittelbaren. Das Gesetz geht dabei von der Gleichstellung des mittelbaren mit dem unmittelbaren Besitz aus. Es entspricht dem Willen des Gesetzgebers, dass das Vertrauen eines gutgläubigen Erwerbers, dass er dem durch ein Besitz­mitt­ler­ver­hältnis ausgewiesenen mittelbaren Besitz entgegenbringt, ebenso geschützt werden soll wie das Vertrauen auf den unmittelbaren Besitz der Sache selbst, wenn nur der Veräußerer sich seines Besitzes völlig entäußert.

Institut des Nebensitzes wird abgelehnt

Die in der Literatur vertretene Ansicht, dass der Vorbe­halts­käufer dem Siche­rungs­nehmer nur einen "minderwertigen" Nebenbesitz verschaffen könne, da er wegen des Vorbe­halts­ver­hält­nisses nicht aufhöre, für den Eigentum zu besitzen, lehnte der BGH ab. Es kommt nur darauf an, ob der Vorbe­halts­käufer dem Sicherungsgeber den Besitz vermitteln wollte.

Rechts­po­li­tische Erwägungen unbeachtlich

Der BGH erachtete diese Lösung als durchaus bedenklich. Die Bindung an den strengen Wortlaut des § 934 BGB führe zu einer Rechts­un­si­cherheit und einer sozialen Ungerechtigkeit und Unbilligkeit. Rechts­po­li­tische Erwägungen befreien den Richter aber nicht von seiner Verpflichtung, dass geltende Recht anzuwenden.

Erläuterungen

Die Entscheidung ist aus dem Jahr 1968 und erscheint im Rahmen der Reihe "Urteile, die Rechts­ge­schichte geschrieben haben".

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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