Im zugrunde liegenden Fall verkaufte die Klägerin unter Eigentumsvorbehalt eine Fräsmaschine an eine Firma. Nachfolgend nahm die Firma bei einer Bank ein Darlehen auf und übereignete dieser zur Sicherung des Darlehens die Fräsmaschine. Die Bank wiederum übereignete die Maschine unter Abtretung ihres Herausgabeanspruches gegen die Firma an die Beklagte. Mit der Behauptung, die Maschine stehe immer noch in ihrem Eigentum, verlangte die Klägerin die Herausgabe der Maschine.
Unstreitig erhielt die Firma und die Bank kein Eigentum an der Maschine. Der Bundesgerichtshof entschied dennoch gegen die Klägerin. Ein Herausgabeanspruch bestand nicht, da die Beklagte Eigentum an der Fräsmaschine gemäß §§ 929, 931, 934 BGB erhielt. Die Bank und die Beklagte waren sich über den Eigentumsübergang einig und dass die Bank ihre Rechte aus dem Besitzmittlungsverhältnis zwischen ihr und der Firma an die Beklagte abtrete. Somit lag eine Einigung im Sinne des § 929 BGB und eine Ersatzübergabe im Sinne der §§ 931, 934 Halbsatz 1 BGB vor. Die Beklagte war gutgläubig. Eine spätere Erlangung des unmittelbaren Besitzes war nicht erforderlich.
Die Ansicht, dass in den hier vorliegenden Fällen der gutgläubige Erwerber vom Nichteigentümer aufgrund von § 139 BGB keinen mittelbaren Besitz erlangen kann, ist nach Auffassung des BGH nicht richtig. Wäre sich richtig, würde dies den nach § 934 HS 1 BGB erforderlichen mittelbaren Besitz für einen gutgläubigen Eigentumserwerb ausschließen. Dies kann für die Fälle der hier vorliegenden Art nicht gelten. Wenn auch die Eigentumsverschaffung misslang, so lag es dennoch im Interesse und im Willen der Firma und der Bank, dass die Bank jedenfalls das Anwartschaftsrecht erlangen sollte. Denn nur dadurch konnte das schutzwürdige Interesse der Bank auf Sicherung des Darlehens gewährleistet werden. War aber die Übertragung des Anwartschaftsrechts wirksam, so besteht kein Grund dafür, dass das Besitzmittlungsverhältnis nichtig sein könnte.
Der BGH führte weiter aus, dass die Bestimmungen der §§ 933, 934 BGB von dem Prinzip beherrscht werden, dass der Gesetzgeber die Schaffung des mittelbaren Besitzes zum gutgläubigen Erwerb nicht ausreichen lässt, wohl aber seine Übertragung. Da die Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnis nicht den Besitz des Veräußerers auf den Erwerber überträgt, muss als Voraussetzung für einen gutgläubigen Eigentumserwerb vom Nichteigentümer nach § 933 BGB die Erlangung des unmittelbaren Besitzes hinzutreten. Demgegenüber überträgt die Abtretung des aus einem Besitzmittlerverhältnis fließenden Herausgabeanspruchs sofort den Besitz des Veräußerers, wenn auch einen mittelbaren. Das Gesetz geht dabei von der Gleichstellung des mittelbaren mit dem unmittelbaren Besitz aus. Es entspricht dem Willen des Gesetzgebers, dass das Vertrauen eines gutgläubigen Erwerbers, dass er dem durch ein Besitzmittlerverhältnis ausgewiesenen mittelbaren Besitz entgegenbringt, ebenso geschützt werden soll wie das Vertrauen auf den unmittelbaren Besitz der Sache selbst, wenn nur der Veräußerer sich seines Besitzes völlig entäußert.
Die in der Literatur vertretene Ansicht, dass der Vorbehaltskäufer dem Sicherungsnehmer nur einen "minderwertigen" Nebenbesitz verschaffen könne, da er wegen des Vorbehaltsverhältnisses nicht aufhöre, für den Eigentum zu besitzen, lehnte der BGH ab. Es kommt nur darauf an, ob der Vorbehaltskäufer dem Sicherungsgeber den Besitz vermitteln wollte.
Der BGH erachtete diese Lösung als durchaus bedenklich. Die Bindung an den strengen Wortlaut des § 934 BGB führe zu einer Rechtsunsicherheit und einer sozialen Ungerechtigkeit und Unbilligkeit. Rechtspolitische Erwägungen befreien den Richter aber nicht von seiner Verpflichtung, dass geltende Recht anzuwenden.
Erläuterungen
Die Entscheidung ist aus dem Jahr 1968 und erscheint im Rahmen der Reihe "Urteile, die Rechtsgeschichte geschrieben haben".
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 28.09.2012
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)