21.11.2024
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Dokument-Nr. 13184

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Bundesgerichtshof Urteil14.03.2012

BGH zu den Folgen unwirksamer Preis­an­pas­sungs­klauseln in Erdgas-Sonder­kun­den­ver­trägenRegelungslücke durch unwirksamer Preis­an­pas­sungs­klausel durch § 133, 157 BGB geschlossen

Zur Frage, welchen Preis der Kunde in einem Sonder­kun­den­ver­hältnis für das entnommene Gas zu entrichten hat, wenn die im Vertrag enthaltene Preis­an­pas­sungs­klausel unwirksam ist und der Kunde den Preiserhöhungen über einen längeren Zeitraum nicht widersprochen hat, hat der Bundes­ge­richtshof nunmehr zwei Entscheidungen getroffen.

Im Verfahren VIII ZR 113/11 macht der Kläger gegen die Beklagte, ein regionales Gasversorgungsunternehmen, Rückzah­lungs­ansprüche geltend. Der Kläger bezog aufgrund eines im Jahr 1981 geschlossenen Sonder­kun­den­ver­trages Gas von der Beklagten.

VIII ZR 113/11 Kläger begehrt Rückzahlung der Erhöhungs­beträge wegen unwirksamer Preis­an­pas­sungs­klausel

Die Beklagte erhöhte in der Vergangenheit wiederholt die Arbeitspreise, mit welchen der Gasverbrauch abgerechnet wird, auf der Grundlage einer unwirksamen Preisanpassungsklausel. Der Kläger zahlte die geforderten erhöhten Entgelte, ohne den Preiserhöhungen zu widersprechen. Im Oktober 2008 wechselte er zu einem anderen Gasanbieter. Erstmals im Februar 2009 wandte er sich gegen die von der Beklagten während der Vertrags­laufzeit vorgenommenen Preiserhöhungen und begehrte die Rückzahlung der von Januar 2006 bis September 2008 gezahlten Erhöhungs­beträge auf der Basis des bei Vertragsschluss im Jahre 1981 geltenden Arbeitspreises. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungs­gericht ihr überwiegend stattgegeben.

VIII ZR 93/11 Gasver­sor­gungs­un­ter­nehmen klagt auf Zahlung restlichen Entgelts

In dem Verfahren VIII ZR 93/11 verlangt die Klägerin, ein Gasver­sor­gungs­un­ter­nehmen, von dem Beklagten, einem ehemaligen Sonderkunden, die Zahlung restlichen Entgelts für Gaslieferungen im Zeitraum Januar 2004 bis Februar 2008. Die Klägerin erhöhte seit Vertragsbeginn im Jahre 1998 mehrfach den Arbeitspreis auf der Grundlage einer ebenfalls unwirksamen Preis­an­pas­sungs­klausel. Der Beklagte leistete bis Mitte 2005 die geforderten Abschlags­zah­lungen und wandte sich bis dahin auch nicht gegen die Jahres­a­b­rech­nungen. Im Juli 2005 erhob er erstmalig Widerspruch und berief sich auf die Unwirksamkeit von Preiserhöhungen. Danach behielt er erhebliche Rechnungs­beträge ein. Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben, das Berufungs­gericht hat sie auf die Berufung des Beklagten hin abgewiesen und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Energie­ver­sorger trotz unwirksamer Preis­an­pas­sungs­klausel erfolgreich

Die Revisionen der Energie­ver­sorger hatten in beiden Fällen Erfolg. Der VIII. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat entschieden, dass in beiden Verfahren den jeweiligen Ansprüchen nicht, wie von den Berufungs­ge­richten angenommen, die bei dem jeweils viele Jahre zurückliegenden Vertragsschluss vereinbarten Arbeitspreise zugrunde gelegt werden können. Vielmehr ist die durch die Unwirksamkeit der Preis­an­pas­sungs­klausel in den Verträgen entstandene Regelungslücke im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung gem. § 133, 157 BGB* in der Weise zu schließen, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhung, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der Jahres­a­b­rechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat. Denn eine derartige Regelung hätten die Parteien bei einer Abwägung ihrer Interessen redlicherweise vereinbart, wenn sie bei Vertragsschluss bedacht hätten, dass die Wirksamkeit der verwendeten Preis­än­de­rungs­klausel jedenfalls unsicher war.

Der Senat hat die Verfahren an die Berufungs­ge­richte zurückverwiesen, damit die erforderlichen Feststellungen dazu getroffen werden können, wann den Kunden die einzelnen Jahres­a­b­rech­nungen zugegangen sind und gegen welche Preiserhöhungen die jeweiligen Widersprüche daher noch rechtzeitig vor Ablauf von drei Jahren erhoben worden sind.

Erläuterungen

* 133 BGB: Auslegung einer Willen­s­er­klärung

Bei der Auslegung einer Willen­s­er­klärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

* 157 BGB: Auslegung von Verträgen

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Quelle: Bundesgerichtshof/ ra-online

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