18.10.2024
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Sie sehen den Auspuff eines Autos.

Dokument-Nr. 13779

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Urteil17.03.1992BundesgerichtshofVI ZR 62/91
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BGHZ 117, 337Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 117, Seite: 337
  • DAR 1992, 257Zeitschrift: Deutsches Autorecht (DAR), Jahrgang: 1992, Seite: 257
  • MDR 1992, 647Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 1992, Seite: 647
  • NJW 1992, 1684Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1992, Seite: 1684
  • NZV 1992, 229Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 1992, Seite: 229
  • r+s 1992, 228Zeitschrift: recht und schaden (r+s), Jahrgang: 1992, Seite: 228
  • VersR 1992, 714Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 1992, Seite: 714
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil17.03.1992

Bei Überschreiten der Autobahn-Richt­ge­schwin­digkeit von 130 km/h kann sich ein Autofahrer bei einem Unfall nicht ohne weiteres auf ein unabwendbares Ereignis berufenNach der Autobahn-Richt­ge­schwin­dig­keits­ver­ordnung soll auch bei günstigen Verkehrs­ver­hält­nissen nicht schneller als 130 km/h gefahren werden

Bei Überschreiten der Richt­ge­schwin­digkeit erhöht sich die Gefahr für folgenschwere Unfälle, so dass der Fahrer, der in einen Verkehrsunfall verwickelt wird, in diesem Falle eine Mitschuld am Unfall trägt. Ein unabwendbares Ereignis stellt ein Unfall nur dar, wenn sich der Fahrer ideal verhalten hat und es trotzdem zum Unfall kam. Dies geht aus einem Urteil des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Im vorliegenden Fall machte der Kläger den Ersatz von materiellem Schaden in Höhe von 78.536 DM und die Zahlung von Schmerzensgeld geltend, nachdem er durch einen Verkehrsunfall ohne Selbst­ver­schulden geschädigt worden war.

Verletzung des Klägers durch ins Schleudern geratenen Porsche herbeigeführt

Der Beklagte war Fahrer eines Porsche 911, der mit hoher Geschwindigkeit auf dem linken Fahrstreifen einer dreispurigen Bundesautobahn gefahren und mit seinem Fahrzeug ins Schleudern geraten war, nachdem der Fahrer eines weiteren Pkw von der mittleren auf die linke Fahrspur direkt vor den Sportwagen wechselte. Das außer Kontrolle geratene Fahrzeug hatte daraufhin die mittlere Fahrspur überquert und war anschließend gegen ein Wohnwa­gen­gespann gestoßen. Dadurch wurde der Anhänger abgerissen und prallte auf einen auf dem Seitenstreifen abgestellten Opel-Kadett. Hierdurch wurde der Kläger, der unter dem Fahrzeug gelegen hatte, um die Lichtmaschine des Wagens zu reparieren, schwer verletzt.

Wer Unabwendbarkeit des Unfalls geltend machen will, muss sich wie ein Idealfahrer verhalten haben

Der Bundes­ge­richtshof urteilte, dass der Unfall für den Beklagten kein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG dargestellt habe. Der Begriff meine nicht die absolute Unver­meid­barkeit des Unfalls, sondern ein schadens­stif­tendes Ereignis, das auch bei der äußersten möglichen Sorgfalt nicht abgewendet werden könne. Hierzu gehöre jedoch ein sachgemäßes, geistes­ge­gen­wärtiges Handeln erheblich über dem Maßstab der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt im Sinne von § 276 BGB hinaus. Der Fahrer, der mit Erfolg die Unabwendbarkeit des Unfalls geltend machen wolle, müsse sich wie ein Idealfahrer verhalten haben. Dabei dürfe man sich jedoch nicht auf die Frage beschränken, ob der Fahrer in der konkreten Gefah­ren­si­tuation wie ein Idealfahrer reagiert habe, vielmehr ob er bei idealem Verhalten überhaupt in eine solche Gefahrenlage geraten wäre.

Wer schneller als 130 km/h fährt, vergrößert in haftungs­re­le­vanter Weise die Unfallgefahr

Die Autobahn-Richt­ge­schwin­dig­keits­ver­ordnung gebe die Empfehlung heraus, auch bei günstigen Verkehrs­ver­hält­nissen nicht schneller als 130 km/h zu fahren. Sie sei damit anders als § 3 StVO keine Vorschrift für das im Straßenverkehr erforderliche Fahrverhalten, an deren Verletzung sich unmittelbare Sanktionen knüpfen würden. So begründe allein eine Geschwin­dig­keits­über­schreitung keinen Schuldvorwurf. Das Fehlen unmittelbarer Sanktionen bedeute jedoch nicht die absolute rechtliche Irrelevanz für das Haftungsrecht. Die Empfehlung stelle sich als Vernunftaufruf und Appell an die Verantwortung des Verkehrs­teil­nehmers dar. Wer schneller als 130 km/h fahre, vergrößere in haftungs­re­le­vanter Weise die Gefahr, dass sich ein anderer Verkehrs­teil­nehmer auf diese Fahrweise nicht einstellen könne und vor allem die Geschwindigkeit unterschätze. In einem Unfall, in den er auf diese Weise auf der Autobahn verwickelt werde, aktualisiere sich in aller Regel die Betriebsgefahr, an die der § 7 StVG anknüpfe. Selbst unter günstigen Verkehrs­be­din­gungen und bei Beachtung aller übrigen Verkehrs­vor­schriften treffe den Fahrer im Falle eines Unfalls bei Überschreitung der empfohlenen Geschwindigkeit eine Mitschuld, es sei denn, dass es auch bei Einhaltung dieser Richtgeschwindigkeit zu einem Unfall gekommen wäre.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (vt/st)

der Leitsatz

Wird ein Kraftfahrer, der die Richt­ge­schwin­digkeit von 130 km/h überschritten hat, in einen Unfall verwickelt, so kann er sich, wenn er auf Ersatz des Unfallschadens in Anspruch genommen wird, nicht auf die Unabwendbarkeit des Unfalls i.S. von § 7 Abs. 2 StVG berufen, es sei denn, er weist nach, daß es auch bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h zu dem Unfall mit vergleichbar schweren Folgen gekommen wäre.

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