21.11.2024
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Bundesgerichtshof Urteil14.01.2020

Berwer­tungs­portale im Internet: Gewer­be­trei­bender muss Kritik an Leistungen und öffentliche Erörterung geäußerter Kritik grundsätzlich hinnehmenBGH zur Zulässigkeit der Bewertungs­darstellung von Unternehmen auf einem Internet-Bewer­tungs­portal (www.yelp.de)

Der Bundes­ge­richtshof hatte über die Zulässigkeit der Bewertungs­darstellung von Unternehmen auf dem Internet-Bewer­tungs­portal www.yelp.de zu entscheiden und verwies darauf, dass die Anzeige des Bewertungs­durch­schnitts und die Einstufung von Nutzer­be­wer­tungen als "empfohlen" oder "nicht empfohlen" durch die Berufs- sowie Meinungs­freiheit geschützt sind. Zudem verwies das Gericht darauf, dass ein Gewer­be­trei­bender Kritik an seinen Leistungen und die öffentliche Erörterung geäußerter Kritik grundsätzlich hinnehmen muss.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens nahm wegen ihrer Bewer­tungs­dar­stellung auf einem Internetportal dessen Betreiber auf Unterlassung, Feststellung und Schadensersatz in Anspruch.

Sachverhalt

Die Beklagte betreibt im Internet unter www.yelp.de ein Bewertungsportal, in dem angemeldete Nutzer Unternehmen durch die Vergabe von einem bis zu fünf Sternen und einen Text bewerten können. Das Internetportal zeigt alle Nutzerbeiträge an und stuft sie ohne manuelle Kontrolle durch eine Software automatisiert und tagesaktuell entweder als "empfohlen" oder als "(momentan) nicht empfohlen" ein. Bei Aufruf eines Unternehmens werden mit dessen Bezeichnung und Darstellung bis zu fünf Sterne angezeigt, die dem Durchschnitt der Vergabe in den "empfohlenen" Nutzerbeiträgen entsprechen (Bewer­tungs­durch­schnitt). Unmittelbar daneben steht "[Anzahl] Beiträge". Unter der Darstellung des Unternehmens ist eine entsprechende Anzahl von Bewertungen - überschrieben mit "Empfohlene Beiträge für [Unternehmen]" - jeweils mit den vergebenen Sternen und dem Text wiedergegeben. Am Ende dieser Wiedergabe steht "[Anzahl] andere Beiträge, die momentan nicht empfohlen werden". Nach Anklicken der daneben befindlichen Schaltfläche wird folgender Text angezeigt:

"Was sind empfohlene Beiträge?

Unsere User veröffentlichen auf Yelp Millionen von Beiträgen. Aus diesem Grund benutzen wir eine automatisierte Software um die hilfreichsten Beiträge hervorzuheben. Diese Software zieht mehrere Faktoren in Betracht, wie z.B. die Qualität, die Vertrau­ens­wür­digkeit und die bisherige Aktivität des Users auf Yelp. Dieser Vorgang ist gleich für alle Geschäfts­auf­lis­tungen und hat nichts damit zu tun ob ein Unternehmen ein Anzeigenkunde bei uns ist oder nicht. Die Beiträge die nicht direkt auf der Geschäftsseite hervorgehoben und auch nicht in die Gesamtbewertung einberechnet werden sind aber unten aufgeführt. Hier mehr darüber erfahren."

Darunter befindet sich die Überschrift "[Anzahl] Beiträge für [Unternehmen] werden momentan nicht empfohlen" mit dem nachfolgenden "Hinweis: Die Beiträge unten werden nicht in der gesamten Sternchen-Bewertung für das Geschäft berücksichtigt." Danach folgt die Wiedergabe der nicht empfohlenen Beiträge.

Unternehmen der Klägerin als "momentan nicht empfohlen" angezeigt

Die Klägerin betreibt ein Fitness-Studio, zu dem das Bewer­tungs­portal am 10. Februar 2014 aufgrund eines empfohlenen Beitrags vom 7. Februar 2014 drei Sterne und 24 ältere Beiträge mit überwiegend positiven Bewertungen als momentan nicht empfohlen anzeigte. Nach Auffassung der Klägerin hat die Beklagte den unzutreffenden Eindruck erweckt, dass der Bewer­tungs­durch­schnitt aller Beiträge angezeigt worden sei. Die Unterscheidung zwischen empfohlenen und momentan nicht empfohlenen Beiträgen sei willkürlich und nicht anhand nachvoll­ziehbarer Kriterien erfolgt, wodurch ein verzerrtes und unrichtiges Gesamtbild entstehe.

Verfahrensgang

Das Landgericht wies die Klage ab. Das Oberlan­des­gericht verurteilte die Beklagte, es zu unterlassen, auf ihrer Internetseite für das Fitness-Studio eine Gesamtbewertung oder eine Gesamtzahl der Bewertungen auszuweisen, in die Beiträge (Bewertungen), die von Nutzern der vorgenannten Internetseite abgegeben worden waren und welche die Beklagte als "momentan nicht empfohlen" wertet, nicht einbezogen werden. Außerdem stellte das Oberlan­des­gericht die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz entstandenen sowie noch entstehenden Schadens fest und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von Rechts­an­walts­kosten.

BGH verneint Verbreitung oder Behauptung unwahrer Tatsachen

Der Bundes­ge­richtshof hat auf die Revision der Beklagten das klageabweisende Urteil des Landgerichts wieder­her­ge­stellt. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche ergeben sich nicht aus § 824 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat nicht - wie in dieser Bestimmung vorausgesetzt - unwahre Tatsachen behauptet oder verbreitet. Entgegen der Auffassung des Berufungs­ge­richts äußerte die Beklagte mit der angegriffenen Bewer­tungs­dar­stellung nicht, dass es sich bei dem angezeigten Bewer­tungs­durch­schnitt um das Ergebnis der Auswertung aller für das Fitness-Studio abgegebenen Beiträge handele und dass der danebenstehende Text deren Anzahl wiedergebe. Denn der unvor­ein­ge­nommene und verständige Nutzer des Bewer­tungs­portals entnimmt der Bewer­tungs­dar­stellung zunächst, wie viele Beiträge die Grundlage für die Durch­schnitts­be­rechnung bildeten, und schließt daraus weiter, dass Grundlage für die Durch­schnitts­be­rechnung ausschließlich der "empfohlene" Beitrag ist sowie dass sich die Angabe der Anzahl nur darauf bezieht. Die Bewer­tungs­dar­stellung der Beklagten greift auch nicht rechtswidrig in das Unter­neh­mens­per­sön­lich­keitsrecht und in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin ein (§ 823 Abs. 1 BGB). Die rechtlich geschützten Interessen der Klägerin überwiegen nicht die schutzwürdigen Belange der Beklagten. Die Anzeige des Bewer­tungs­durch­schnitts und der Einstufung von Nutzer­be­wer­tungen als "empfohlen" oder "nicht empfohlen" sind durch die Berufs- sowie Meinungsfreiheit geschützt; ein Gewer­be­trei­bender muss Kritik an seinen Leistungen und die öffentliche Erörterung geäußerter Kritik grundsätzlich hinnehmen.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 823 BGB Schaden­s­er­satz­pflicht

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

§ 824 BGB Kredit­ge­fährdung

(1) Wer der Wahrheit zuwider eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, hat dem anderen den daraus entstehenden Schaden auch dann zu ersetzen, wenn er die Unwahrheit zwar nicht kennt, aber kennen muss.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online (pm/kg)

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