18.10.2024
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Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.

Dokument-Nr. 6696

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Urteil16.09.2008BundesgerichtshofVI ZR 244/07
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MMR 2009, 68Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2009, Seite: 68
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Landgericht Köln, Urteil14.02.2007, 28 O 292/06
  • Oberlandesgericht Köln, Urteil18.09.2007, 15 U 64/07
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil16.09.2008

Bundes­ge­richtshof: Theaterstück "Ehrensache" darf aufgeführt werdenKunstfreiheit steht über Allgemeinem Persönlichkeits­recht

Das Bühnenwerk "Ehrensache" kann aufgeführt werden. Es stehen keine Persönlichkeits­rechte einer Inszenierung, Aufführung und Veröf­fent­lichung des Werkes entgegen. Dies geht aus einem Urteil des Bundes­ge­richthofs hervor.

Die Klägerin, ein Theaterverlag, begehrt die Feststellung, dass sie berechtigt sei, Theatern und anderen Werknutzern urheber­rechtliche Nutzungsrechte an der Originalfassung des Theaterstücks "Ehrensache" von Lutz Hübner einzuräumen.

Hagener Mädchenmord-Fall diente als Vorlage

Als Vorlage dieses im Jahr 2005 verfassten Bühnenstücks dienten die Ereignisse um die Tötung der damals 14-jährigen Tochter der Beklagten (sog. "Hagener Mädchenmord-Fall"). In dem Stück werden episodenhaft der Ablauf des Tages bis zur Tat und Ereignisse aus dem Leben der getöteten Ellena erzählt, deren Figur an die Tochter der Beklagten angelehnt ist. Die Mutter des Mädchens sieht darin eine Verletzung des postmortalen Persön­lich­keits­rechts ihrer Tochter. Sie beanstandet, dass die wesentlichen Handlungs­stränge des Theaterstücks sich gewollt am realen Geschehen orientierten; ihre Tochter sei in der Figur der Ellena wieder zu erkennen. Durch die Darstellung werde ungeachtet der Veränderung des Namens und einiger Details das Lebensbild der Tochter entstellt und deren Wert und Achtungs­an­spruch verletzt. Die Darstellung beschränke sich darauf, die frühreife und starke sexuelle Ausrichtung der Verstorbenen sowie ihre charakterliche und moralische Haltlosigkeit zu betonen.

Persön­lich­keits­rechte der betroffenen Personen stehen einer Aufführung nicht entgegen

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und festgestellt, dass der Inszenierung, Aufführung und Veröf­fent­lichung des Bühnenwerks Persön­lich­keits­rechte der Beklagten und ihrer verstorbenen Tochter nicht entgegenstünden. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlan­des­gericht die Klage abgewiesen. Nach Erlass des Berufungs­urteils hat das Bundes­ver­fas­sungs­gericht die Verfas­sungs­be­schwerde der jetzigen Beklagten, die in einem Paral­lel­ver­fahren gegen ein Theater unterlegen war (Urteil des LG Essen vom 6. Oktober 2006 – 19 O 215/06, nachfolgend: Beschluss des OLG Hamm vom 16. Mai 2007 – 3 U 258/06), nicht zur Entscheidung angenommen und entschieden, dass das postmortale Persönlichkeitsrecht ihrer Tochter durch das Theaterstück "Ehrensache" nicht verletzt werde (Erfolglose Verfas­sungs­be­schwerden gegen Theater­auf­führung und Roman­ver­öf­fent­lichung).

"Ehrensache" ist ein literarisches Werk mit Wirklich­keitsbezug

Der u. a. für Fragen der Verletzung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts zuständige VI. Zivilsenat hat die Zulässigkeit der von dem Theaterverlag erhobenen Feststel­lungsklage im konkreten Fall bejaht und der Klage in der Sache im Wesentlichen aus den vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht dargelegten Erwägungen stattgegeben. Bei dem Theaterstück "Ehrensache" handelt sich um ein literarisches Werk mit Wirklich­keitsbezug unter Vermengung tatsächlicher und fiktiver Schilderungen, die das Persön­lich­keitsrecht der Beklagten nicht beeinträchtigen. Bei der gebotenen kunst­s­pe­zi­fischen Betrachtung ist auch eine Verletzung des postmortalen Persön­lich­keits­rechts der Tochter der Beklagten zu verneinen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 174/08 des BGH vom 16.09.2008

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