23.11.2024
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Oberlandesgericht Brandenburg Urteil09.11.2010

Urheberrecht schützt nicht vor Kunstfreiheit: Zeitung muss ungenehmigten Abdruck von Artikeln in einem Buch duldenKünstlerische Technik der literarischen Collage

Die Märkische Oderzeitung (MOZ) muss den Abdruck der von ihr veröffentlichen Zeitungs­ar­tikeln, trotz Urheber­rechts­ver­letzung, in dem Buch "Blühende Landschaften" dulden. Dies hat das Branden­bur­gische Oberlan­des­gericht entschieden.

Im vorliegenden Rechtsstreit verfasste der Beklagte, ehemaliger Direktor des Amtsgerichts Eisen­hüt­tenstadt, nach seiner Pensionierung vier Bücher. In den ersten drei Büchern stellte er seine Famili­en­ge­schichte, seine persönliche Geschichte und die Geschichte des Aufbaus der Gerichtsbarkeit nach der Wende und ihrer "Aufbauhelfer" aus dem Westen dar. Im Jahre 2009 erschien das vorerst letzte Buch, das sich mit politischen und sozialen Erscheinungen in seinem Gerichtss­prengel und in diesem Zusammenhang auch kritisch mit der Rolle der Presse ausein­an­dersetzt, bezog der Beklagte Zeitungsartikel und Lichtbilder ein, die in den Jahren seiner richterlichen Tätigkeit in der Märkischen Oderzeitung (MOZ) erschienen waren.

MOZ sieht Verletzung der Urheberrechte

Die MOZ sah in dem Abdruck ihrer Artikel, für den sie eine Einwilligung nicht erteilt hatte, eine Verletzung ihr zustehender Urheberrechte. Sie klagte deshalb vor dem Landgericht Potsdam auf Unterlassung des ihrer Auffassung nach verbotenen Abdrucks; darüber hinaus stellte sie weitere Anträge, mit denen die Geltendmachung eines ihr durch die unerlaubte Veröffentlichung entstandenen Schadens vorbereitet werden sollte.

LG gibt Unter­las­sungsklage statt

Das Landgericht Potsdam hat u. a. der Unter­las­sungsklage stattgegeben. Dagegen hat der Beklagte Berufung eingelegt. Das Branden­bur­gische Oberlan­des­gericht hat mit Urteil das landge­richtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.

Grundsatz der Kunstfreiheit erlaubt Urheber­rechts­ver­letzung

Zur Begründung hat das Oberlan­des­gericht ausgeführt, zwar habe der Beklagte in die urheber­rechtlich geschützte Position der MOZ eingegriffen. Dieser Eingriff sei jedoch durch die in Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes verankerte Kunstfreiheit geschützt. Der Beklagte habe mit seinem Buch "Blühende Landschaften" ein literarisches Werk, damit ein Werk der Kunst, geschaffen. Er habe sich bei der Darstellung einer künstlerischen Technik, nämlich der literarischen Collage bzw. der Montage inhaltlich und stilistisch unter­schied­licher Texte und Anschau­ungs­objekte bedient. Die Artikel und Lichtbilder habe er verwandt, um die politische und soziale Atmosphäre im Rahmen der dargestellten Ereignisse erfahrbar zu machen. In einem solchen Fall müsse das Urheberrecht kunstspezifisch ausgelegt und angewendet werden, wie das Bundes­ver­fas­sungs­gericht bereits entschieden habe. Unter Berück­sich­tigung der verfas­sungs­ge­richt­lichen Rechtsprechung habe der Beklagte die in Streit stehenden Zeitungsartikel und Lichtbilder in seinem Buch verwenden dürfen. Dem Eingriff in das Urheberrecht der MOZ komme nur geringeres Gewicht zu. Die Artikel und Lichtbilder beträfen Tagesereignisse aus weit zurückliegenden Jahren. Ihr wirtschaft­licher Wert sei zum überwiegenden Teil durch die damalige Veröf­fent­lichung erschöpft.

Beklagter nicht auf Einwilligung der MOZ angewiesen

Der Beklagte habe auch nicht die Erlaubnis der MOZ zur Einbeziehung der Artikel und Lichtbilder in sein Buch einholen müssen. Die künstlerische Freiheit des Beklagten dürfe nicht dadurch eingeschränkt werden, dass er in der Wahl der von ihm zur Gewinnung des beabsichtigten Ausdrucks als erforderlich angesehenen Mittel dadurch eingeschränkt werde, dass er auf die Einwilligung der Klägerin angewiesen sei.

Quelle: Brandenburgisches Oberlandesgericht/ ra-online

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