21.11.2024
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Sie sehen Geld, auf dem das Wort „Insolvenz“ arrangiert wurde.

Dokument-Nr. 25135

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Urteil16.11.2017BundesgerichtshofIX ZR 21/17
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2018, 1166Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2018, Seite: 1166
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Stuttgart, Urteil17.02.2016, 7 C 2306/15
  • Landgericht Stuttgart, Urteil21.12.2016, 4 S 82/16
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil16.11.2017

Alters­vorsorge­vermögen aus Riester-Renten mit tatsächlich geförderten Zulagen ist unpfändbarBGH zu den Voraussetzungen der Pfändbarkeit eines in einem Riester-Vertrag angesparten Vermögens

Der Bundes­ge­richtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen das in einem Riester-Vertrag angesparte Vermögen pfändbar ist und daher in der Insolvenz zugunsten der Gläubiger verwertet werden kann.

Die Schuldnerin des zugrunde liegenden Rechtstreits schloss im Jahr 2010 bei der Beklagten einen Renten­ver­si­che­rungs­vertrag (Riester-Rente) ab. Der Renten­ver­si­che­rungs­vertrag sieht ein Kündigungsrecht für die Schuldnerin vor. Nachdem die Schuldnerin Beiträge in Höhe von insgesamt 333 Euro gezahlt hatte, stellte die Beklagte den Versi­che­rungs­vertrag auf Antrag der Schuldnerin beitragsfrei. Am 15. April 2014 eröffnete das Amtsgericht das Insol­venz­ver­fahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Der Kläger kündigte den Renten­ver­si­che­rungs­vertrag und verlangt von der Beklagten die Auszahlung des Rückkaufswertes.

Beklagte hält in Riester-Verträgen angespartes Vermögen für unpfändbar

Der Kläger war der Auffassung, die Riester-Rente gehöre zur Insolvenzmasse. Da die Schuldnerin das Recht habe, den Vertrag zu kündigen, erfülle der Vertrag nicht die Voraussetzungen des § 851 c Abs. 1 ZPO. Daher könne der Vertrag in der Insolvenz zugunsten der Gläubiger verwertet werden. Außerdem habe die Schuldnerin weder einen Zulageantrag gestellt noch eine staatliche Zulage erhalten. Die Beklagte verteidigt sich damit, dass das in Riester-Verträgen angesparte Vermögen gemäß § 851 Abs. 1 ZPO** unpfändbar sei, weil das Alters­vor­sor­ge­vermögen einschließlich der Erträge in Riester-Renten gemäß § 97 Satz 1 EStG nicht übertragbar sei. Der Kläger verlangt mit seiner Klage die Auszahlung des von ihm errechneten Rückkaufswertes.

Entscheidungen der Vorinstanzen

Das Amtsgericht Stuttgart wies die Klage ab. Das Landgericht Stuttgart verurteilte die Beklagte auf die Berufung des Klägers zur Zahlung eines Teilbetrags. Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die vollständige Klageabweisung.

In Riester-Vertrag angespartes Guthaben in der Regel nicht pfändbar

Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass das in einem Riester-Vertrag angesparte Guthaben nicht pfändbar ist, soweit die vom Schuldner erbrachten Alters­vor­sor­ge­beiträge tatsächlich gefördert werden und den Höchstbetrag nicht übersteigen.

Nicht der Zwangs­voll­streckung unterliegende Gegenstände gehören nicht zur Insolvenzmasse

Dem Insol­venz­ver­walter steht ein Kündigungsrecht nur zu, wenn der Renten­ver­si­che­rungs­vertrag dem Insol­venz­be­schlag unterliegt. Gegenstände, die nicht der Zwangs­voll­streckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Ob das in einem Riester-Vertrag angesparte Guthaben pfändbar ist und damit der Zwangs­voll­streckung unterliegt, richtet sich nach § 851 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 97 Satz 1 EStG. Da diese Ansprüche kraft gesetzlicher Anordnung nicht übertragbar sind, sind sie auch nicht pfändbar.

Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge soll keine zusätzlichen Anforderungen an Unpfändbarkeit von Ansprüchen aus Riester-Renten schaffen

§ 851 c ZPO ist durch das Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge vom 26. März 2007 (BGBl I 2007, 368) eingeführt worden. Damit hat der Gesetzgeber jedoch keine zusätzlichen Anforderungen an die Unpfändbarkeit von Ansprüchen aus Riester-Renten geschaffen. Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass der Riester-Vertrag unkündbar ist (§ 851 c Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Soweit danach § 851 c ZPO für die Unpfändbarkeit von Ansprüchen aus Verträgen Anforderungen an die Ausgestaltung der Vertrags­be­din­gungen stellt, die von Riester-Verträgen nicht eingehalten werden müssen, handelt es sich um eine unter­schiedliche gesetz­ge­be­rische Wertent­scheidung. Der Gesetzgeber wollte durch § 851 c ZPO den Schutz von Alters­vor­sor­ge­ansprüchen verbessern. Daher kann dem Gesetz nichts dafür entnommen werden, dass die Unpfändbarkeit von Ansprüchen aus Riester-Renten gegenüber der Rechtslage nach § 851 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 97 Satz 1 EStG zukünftig erschwert werden sollte.

Alters­vor­sor­ge­beiträge müssen tatsächlich durch Zulage gefördert worden sein

Allerdings hängt der Pfändungsschutz für das in einem Riester-Vertrag angesparte Kapital davon ab, ob die Alters­vor­sor­ge­beiträge tatsächlich durch eine Zulage gefördert worden sind. Ausreichend für die Unpfändbarkeit ist, wenn der Alters­vor­sor­ge­vertrag im Zeitpunkt der Pfändung förderfähig war, der Schuldner bereits einen Zulagenantrag für die entsprechenden Beitragsjahre gestellt hatte und die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zulage vorlagen. Nachdem zwischen den Parteien streitig ist, ob die Schuldnerin einen Zulageantrag gestellt und eine staatliche Zulage erhalten hat, hat der Bundes­ge­richtshof den Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung an das Landgericht zurückverwiesen.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

Pfändungsschutz

Pfändungsschutz bei Altersrenten: '>

(1) Ansprüche auf Leistungen, die auf Grund von Verträgen gewährt werden, dürfen nur wie Arbeits­ein­kommen gepfändet werden, wenn

1.die Leistung in regelmäßigen Zeitabständen lebenslang und nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres oder nur bei Eintritt der Berufs­un­fä­higkeit gewährt wird,

2.über die Ansprüche aus dem Vertrag nicht verfügt werden darf,

3.die Bestimmung von Dritten mit Ausnahme von Hinterbliebenen als Berechtigte ausgeschlossen ist und

4.die Zahlung einer Kapitalleistung, ausgenommen eine Zahlung für den Todesfall, nicht vereinbart wurde.

(2) 1 Um dem Schuldner den Aufbau einer angemessenen Alterssicherung zu ermöglichen, kann er unter Berück­sich­tigung der Entwicklung auf dem Kapitalmarkt, des Sterb­lich­keits­risikos und der Höhe der Pfändungs­frei­grenze, nach seinem Lebensalter gestaffelt, jährlich einen bestimmten Betrag unpfändbar auf der Grundlage eines in Absatz 1 bezeichneten Vertrags bis zu einer Gesamtsumme von 256.000 Euro ansammeln. 2 Der Schuldner darf vom 18. bis zum vollendeten 29. Lebensjahr 2.000 Euro, vom 30. bis zum vollendeten 39. Lebensjahr 4.000 Euro, vom 40. bis zum vollendeten 47. Lebensjahr 4.500 Euro, vom 48. bis zum vollendeten 53. Lebensjahr 6.000 Euro, vom 54. bis zum vollendeten 59. Lebensjahr 8.000 Euro und vom 60. bis zum vollendeten 67. Lebensjahr 9.000 Euro jährlich ansammeln. 3 Übersteigt der Rückkaufwert der Alterssicherung den unpfändbaren Betrag, sind drei Zehntel des überschießenden Betrags unpfändbar. 4 Satz 3 gilt nicht für den Teil des Rückkaufwerts, der den dreifachen Wert des in Satz 1 genannten Betrags übersteigt.

[...]

§ 851 ZPO Nicht übertragbare Forderungen

(1) Eine Forderung ist in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung nur insoweit unterworfen, als sie übertragbar ist. [...]

§ 97 EStG Übertragbarkeit

1 Das nach § 10 a oder Abschnitt XI geförderte Alters­vor­sor­ge­vermögen einschließlich seiner Erträge, die geförderten laufenden Alters­vor­sor­ge­beiträge und der Anspruch auf die Zulage sind nicht übertragbar. [...]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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