21.11.2024
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Dokument-Nr. 30540

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Bundesgerichtshof Urteil13.07.2021

Sammelklage-Inkasso nach Insolvenz von Air Berlin zulässigAbtretung von Ansprüchen auf Rückzahlung des Flugpreises an Inkas­so­ge­sell­schaft rechtswirksam

Der BGH hat entschieden, dass ein sogenanntes Sammelklage-Inkasso zulässig ist.

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist als Rechts­dienst­leisterin für Inkas­so­dienst­leis­tungen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG) registriert. Auf einer von ihr betriebenen Webseite warb sie dafür, Ansprüche gegen die zwischen­zeitlich insolvente Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG auf Rückzahlung des Flugpreises gesammelt über sie geltend zu machen. Den Kunden sollten keine Kosten entstehen, die Klägerin im Erfolgsfall 35 % der Nettoerlöse aus dem Forde­rungs­einzug erhalten. Aus abgetretenem Recht hat die Klägerin Schaden­s­er­satz­ansprüche von insgesamt sieben Kunden gegen den ehemaligen Geschäftsleiter der Air Berlin eingeklagt, da er verspätet Insolvenzantrag gestellt habe. Die Kunden haben zwischen Mai und Juli 2017 Flüge bei Air Berlin gebucht und bezahlt, die aufgrund der Insolvenz nicht mehr durchgeführt wurden. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungs­gericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter.

BGH: Geschäftsmodell keine unzulässige Rechts­dienst­leistung

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die hier zu beurteilende Tätigkeit der Klägerin von ihrer Befugnis gedeckt ist, Inkas­so­dienst­leis­tungen zu erbringen. Vom Inkassobegriff der § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG werden Geschäfts­modelle miterfasst, die ausschließlich oder vorrangig auf eine gerichtliche Einziehung der Forderung abzielen. Dies gilt auch für das sogenannte Sammelklage-Inkasso, bei dem mehrere Forderungen gesammelt und gebündelt gerichtlich geltend gemacht werden. Weder dem Wortlaut noch der Systematik der § 1 Abs. 1 Satz 1, § 3 RDG lässt sich entnehmen, dass solche Inkassoformen keine zulässigen Rechts­dienst­leis­tungen sind.

Kein Verstoß gegen das Rechts­dienst­leis­tungs­gesetz

Bei einer am Schutzzweck des Rechts­dienst­leis­tungs­ge­setzes, die Rechtssuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqua­li­fi­zierten Rechts­dienst­leis­tungen zu schützen, orientierten Würdigung erfasst der Begriff der Inkas­so­dienst­leistung unter Berück­sich­tigung der Berufs­aus­übungs­freiheit des Inkas­so­dienst­leisters (Art. 12 Abs. 1 GG) auch Inkassomodelle, die ausschließlich oder vorrangig auf die gerichtliche Einziehung von Forderungen abzielen, selbst wenn dazu eine Vielzahl von Einzel­for­de­rungen gebündelt werden. Der Klägerin ist ihre Tätigkeit auch nicht wegen der Unvereinbarkeit mit einer anderen Leistungs­pflicht nach § 4 RDG verboten. Ein Inter­es­sen­konflikt, der eine entsprechende Anwendung des § 4 RDG auf den vorliegenden Fall rechtfertigen könnte, liegt nicht vor. Da der Klägerin mit dem Sammelklage-Inkasso kein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz zur Last fiel, war die zwischen den Kunden von Air Berlin und der Klägerin vereinbarte Abtretung wirksam. Der Bundes­ge­richtshof hat deshalb das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, damit weitere Feststellungen zum Bestehen der mit der Klage geltend gemachten Ansprüche wegen Insol­venz­ver­schleppung nachgeholt werden können.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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