21.11.2024
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Dokument-Nr. 30790

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Urteil09.09.2021BundesgerichtshofI ZR 90/20
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Bundesgerichtshof Urteil09.09.2021

BGH-Urteil "Influencer I": Bilder von Sportübungen sowie Fitness- und Ernährungstipps bei Instagram können Werbung eines Perso­nal­trainers darstellenBundes­ge­richtshof zur Pflicht von Influencerinnen, ihre Instagram-Beiträge als Werbung zu kennzeichnen

Der Bundes­ge­richtshof hat in drei Verfahren über die Frage entschieden, ob Influencerinnen mit ihren Instagram-Beiträgen gegen die Pflicht zur Kennzeichnung von Werbung verstoßen haben. Hier im Verfahren I ZR 90/20 - Influencer I sah der BGH in den Postings von Sportübungen sowie Fitness- und Ernährungstipps eine geschäftliche Handlungen, soweit im Profil ein Hinweis auf eine Internetseite erfolgt, auf der Fitnesskurse und Perso­nal­trainings gegen Entgelt angeboten werden. Auch der Beitrag über ein Produkt (hier Himbeer Marmelade) stellt Werbung dar, wenn beim Anklicken des TapTas der Nutzer zum Instagram-Profil des Herstellers weitergeleitet wird und der Influencer dafür eine Gegenleistung erhalten hat.

Kläger ist in allen Verfahren (I ZR 90/20, I ZR 125/20, I ZR 126/20) ein Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder einschließlich der Verfolgung von Verstößen gegen das Lauter­keitsrecht gehört. Die Beklagten sind Influencerinnen, die auf der Social-Media-Plattform Instagram auf ihren Instagram-Profilen Bilder veröffentlichen, die sie oftmals mit kurzen Begleittexten versehen. In einige Bilder haben sie sogenannte "Tap Tags" eingefügt, die beim Anklicken von auf den Bildern zu sehenden Produkten wie etwa Bekleidung erscheinen und die Firmen oder Marken der Hersteller oder Anbieter dieser Produkte nennen. Beim Anklicken eines "Tap Tag" wird der Nutzer auf das Instagram-Profil des jeweiligen Unternehmens weitergeleitet.

Der Kläger sieht darin unzulässige Schleichwerbung und nimmt die Beklagten jeweils auf Unterlassung in Anspruch.

Sachverhalt

Die Beklagte veröffentlicht auf Instagram insbesondere Bilder von Sportübungen sowie Fitness- und Ernährungstipps. Darüber hinaus unterhält sie eine gewerbliche Internetseite, auf der sie Fitnesskurse und Perso­nal­trainings gegen Entgelt anbietet und einen Online-Shop betreibt. Wird das Profil der Beklagten bei Instagram aufgerufen, erscheint unter anderem ein Hinweis auf diese Internetadresse.

Einer der vom Kläger beanstandeten Instagram-Beiträge der Beklagten betrifft eine "Raspberry Jam" (Himbeer Marmelade). Beim Anklicken des abgebildeten Produkts erscheint ein "Tap Tag" mit dem Namen des Herstellers. Beim Anklicken des "Tap Tags" wird der Nutzer auf das Instagram-Profil des Herstellers weitergeleitet. Für diesen Beitrag hat die Beklagte von dem Hersteller eine Gegenleistung erhalten.

Bisheriger Prozessverlauf

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Oberlan­des­gericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat angenommen, dem Kläger stehe ein Unter­las­sungs­an­spruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 5 a Abs. 6 UWG zu.

Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs

Der Bundes­ge­richtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Die streit­ge­gen­ständ­lichen Instagram-Beiträge sind geschäftliche Handlungen der Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG zugunsten ihres eigenen Unternehmens sowie jedenfalls des fremden Unternehmens, von dem sie eine Gegenleistung für den Beitrag zur "Raspberry Jam" erhalten hat. Dieser Beitrag ist nicht hinreichend deutlich als Werbung gekennzeichnet. Dies rechtfertigt das beantragte Verbot.

Influencer, die mittels eines sozialen Mediums wie Instagram Waren vertreiben, Dienst­leis­tungen anbieten oder das eigene Image vermarkten, betreiben ein Unternehmen. Die Veröf­fent­lichung von Beiträgen dieser Influencer in dem sozialen Medium ist geeignet, ihre Bekanntheit und ihren Werbewert zu steigern und damit ihr eigenes Unternehmen zu fördern. Eine geschäftliche Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens stellt die Veröf­fent­lichung eines Beitrags - abgesehen von dem hier vorliegenden Fall, dass die Influencerin dafür eine Gegenleistung erhält - allerdings nur dar, wenn dieser Beitrag nach seinem Gesamteindruck übertrieben werblich ist, etwa weil er ohne jede kritische Distanz allein die Vorzüge eines Produkts dieses Unternehmens in einer Weise lobend hervorhebt, dass die Darstellung den Rahmen einer sachlich veranlassten Information verlässt. Allein der Umstand, dass Bilder, auf denen das Produkt abgebildet ist, mit "Tap Tags" versehen sind, reicht für die Annahme eines solchen werblichen Überschusses nicht aus. Bei einer Verlinkung auf eine Internetseite des Herstellers des abgebildeten Produkts liegt dagegen regelmäßig ein werblicher Überschuss vor. Die Prüfung, ob ein Beitrag übertrieben werblich ist, bedarf der umfassenden Würdigung durch das Tatgericht, an der es im Streitfall hinsichtlich der weiteren Beiträge, für deren Veröf­fent­lichung eine Gegenleistung nicht festgestellt ist, fehlt.

Der die "Raspberry Jam" betreffende Beitrag, für den die Beklagte eine Gegenleistung des Herstellers erhalten hat, verstößt gegen § 5 a Abs. 6 UWG, weil der kommerzielle Zweck dieses Beitrags, den Absatz von Produkten dieses Herstellers zu fördern, nach den rechts­feh­ler­freien Feststellungen des Oberlan­des­ge­richts nicht hinreichend kenntlich gemacht ist und sich auch nicht aus den Umständen ergibt. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Verbraucher erkennen, dass die Beklagte mit der Veröf­fent­lichung von Beiträgen auf ihrem Instagram-Profil zugunsten ihres eigenen Unternehmens handelt. Für die Verbraucher muss gerade der Zweck eines Beitrags, ein fremdes Unternehmen zu fördern, erkennbar sein. Das Nicht­kennt­lich­machen des kommerziellen Zwecks eines solchen mit "Tap Tags" und Verlinkungen versehenen Beitrags ist regelmäßig geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung - dem Anklicken des auf das Instagram-Profil des Herstellers führenden Links - zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Darüber hinaus verstößt der Beitrag zur "Raspberry Jam" gegen § 3 a UWG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG sowie § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV bzw. § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV, weil die darin liegende kommerzielle Kommunikation bzw. Werbung nicht klar als solche zu erkennen ist.

Das Fehlen von Feststellungen zum werblichen Überschuss der übrigen Beiträge wirkt sich auf den Bestand des Berufungs­urteils nicht aus, weil die unter Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform - das Instagram Profil der Beklagten - geltend gemachten Ansprüche schon im Blick auf die geschäftliche Handlung der Beklagten zugunsten des Unternehmens begründet sind, das für die Veröf­fent­lichung des Beitrags zur "Raspberry Jam" eine Gegenleistung erbracht hat.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/pt)

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